Out of the box

Brillenlabel Herzblut kooperiert mit Studio Spengler Design

Ob ein simples Display oder die aufwendige Produkt inszenierung: Kreative Warenpräsentation im Fach handel ist gefragt. Das Brillenlabel Herzblut setzt auf kundenorientierte, durchdachte Lösungen und kooperiert mit dem Studio Spengler Design. Im Gespräch mit der DOZ stellt Jürgen Spengler, Möbel designer, Künstler und Experte für Raum und Objekt gestaltung, unkonventionelle Gestaltungsideen vor.
OUT OF THE BOX

Immer auf der Suche nach der individuellen Lösung für seine Kunden: Jürgen Spenglers Gestaltungscredo lautet „Kreativität lebt davon, die im Kopf entstandenen Gedanken umzusetzen“.

© Angela Mrositzki / DOZ

Erstveröffentlichung in der DOZ 08I24

Kunst trifft auf Design – für Jürgen Spengler ist das nichts Ungewöhnliches. Seine Vorstellung von Möbeln und Objekten reicht weit über die industrielle Serienfertigung hinaus: Er entwickelt individuelle Lösungen für den Point of Sale (PoS) mit einem hohen Anspruch an die Ästhetik der Form, bei der Wahl der Materialien und Farben, aber auch mit dem Verständnis für funktionale Zweckmäßigkeit. Nach der Schreinerlehre und dem Besuch der Meisterschule sowie einem Studium an der Münchner Akademie für Gestaltung erhielt Spengler 1996 den Bayerischen Staatspreis für Gestaltung und gründete sein Unternehmen für Design und Gestaltung. Für das im oberbayerischen Landkreis Rosenheim ansässige Brand Herzblut entwirft und produziert er Präsentationsdisplays für Brillen, die im augenoptischen Fachhandel aus dem üblichen Rahmen fallen – und die auffallen. Sein Gestaltungscredo: „Kreativität lebt davon, die im Kopf entstandenen Gedanken umzusetzen.“

Jürgen Spengler, wie setzen Sie diesen Gedanken für die Präsentation von Brillen um?

Jürgen Spengler: Dazu muss ich meine Ideen mit der Zustimmung meiner Kunden verwirklichen können, muss berücksichtigen, was für sie das Beste ist. An der Akademie für Gestaltung wurden wir als Handwerker mit Gesellenabschluss darauf vorbereitet. Neben dem Umgang mit Gestaltung, mit Materialien, Formensprache und Farben auf einem hohen Qualitätsniveau lernten wir kundenorientiertes Denken. Die Gestaltung stand bei mir immer im Mittelpunkt. Ich habe früh mit dem Zeichnen begonnen, hatte verrückte Ideen. Wir leben in einer Zeit, in der wir pausenlos Bilder vorgesetzt bekommen, genau das wollte ich nicht: Ich wollte Dinge nicht nachbauen oder kopieren.

Sie sagen: „Ich gestalte nach dem Prinzip Harmonie von Design und Zweckmäßigkeit.“ Das heißt was?

Üblicherweise bekommt man Vorgaben zu Stilrichtungen, der Kunde äußert Wünsche, die muss man berücksichtigen. Muss überlegen, was passt zum Kunden, was ist geeignet, was finanziell machbar. In den Ideen, der Kreativität liegt die größte Herausforderung im Interieur- und Objektdesign, Umsetzung und Ausführung hingegen sind leichter durchzuführen.

Visualisierung Verkaufssäule

Auffallende Produktpräsentation im einheitlichen Markenbild: Für das Brillenlabel Herzblut entwirft Spengler neue PoS-Lösungen.

© Spengler Design

Für Ihre Diplomarbeit erhielten Sie den Bayerischen Staatspreis für Gestaltung. Wie lautete Ihr Thema?

Mein Projekt hatte zum Thema „Schuhe und Wohnen“. Jeder kennt das, irgendwo im Flur steht immer eine Armaa an Schuhen herum. Es ging um die Frage, wie der Raum funktional-ästhetisch gestaltet werden kann, indem im Haushalt Schuhe aufbewahrt werden. Ich entwarf ein Schuhbehältnis, das letztlich das einzige Objekt war, das von der Jury ausgezeichnet wurde, weil es in den wichtigen Elementen der Formgebung, der Materialwahl und der kompletten Produktionsfertigung mit einhundert Prozent bewertet wurde. Bei einem Präsentationsobjekt für Herzblut haben wir diesen Gedanken auf die Brille übertragen: In Familien besitzen zumeist mehrere Familienmitglieder eine Brille, schnell entsteht zuhause das Chaos, wenn jeder seine Brille herumliegen lässt. Deshalb die Idee, Ordnung zu schaffen und eine „Brillenzentrale“ zu entwickeln. Das Aufbewahrungsobjekt für Fassungen hat Herzblut dem Fachhandel auf der Opti 2024 vorgestellt, es kann bei Interesse produziert werden.

Verbindung aus Kunst, Design, Handwerk. Von der Idee bis zur Produktion entwickelt Jürgen Spengler kreative PoS-Materialien.

Der richtige Dreh

Der richtige Dreh! Das rotierende HerzblutDisplay zeigt Brillen auch von der Seite und setzt Front und Bügel als „Gesamtkunstwerk“ ins rechte Licht.

© Spengler Design

Wenn wir schon vergleichen: Schuhe sind Mode accessoires und werden auch so inszeniert. Wie stellt man Brillen attraktiv dar?

Möglichkeiten gibt es viele. Ich sehe es als meine Aufgabe an, Objekte zu entwerfen, die die Brille im augenoptischen Fachhandel bestmöglich darstellen und präsentieren. Brillenkunden kommen in den Laden und sollten die Vielfalt, die Schönheit der Fassungen wahrnehmen. Vom reinen Sehobjekt wird sie zum Designobjekt, denn sie schmückt ein Gesicht und prägt das Erscheinungsbild des Menschen, der sie trägt.

Wie gehen Sie ein Designobjekt an?

Das hängt davon ab, ob es ein freies Gestaltungsthema ist oder ob bestimmte funktionale Lösungen gefunden werden müssen. Wenn ich etwas im Kopf habe, skizziere ich gerne von Hand – die berühmten Bierdeckelskizzen erlauben mir, unkompliziert von einer Idee zur nächsten zu switchen. Je nachdem ob es sich um eine Wohnraumgestaltung, Geschäftskonzepte, Laden- oder Messebau handelt, richtet sich der Prozess nach der Aufgabenstellung. Ich muss das Thema erfassen, die Lösungen gedanklich fixieren und mit dem Kunden besprechen.

Schaufenster

Ob bei der Präsentation im Laden oder im Schaufenster: Bewegte Elemente werden eher gesehen, außergewöhnlich präsentierte Produkte samt der Marke eher wahrgenommen.

© Spengler Design

Mit welchen Materialien arbeiten Sie?

Wir können alle Materialien integrieren, die es auf dem Markt gibt: Glas, Metalle, Holz, Kunststoffe, Mineralstoffe, Lacke und Beizen. Natürlich beschäftigen wir uns mit nachhaltigen Materialien, ihnen gehört die Zukunft. Beispiel der Werkstoff Holz: Spanplatten galten früher als umwelt- und gesundheitsbelastend. Heute arbeiten wir mit einem österreichischen Lieferanten, der Spanplatten nachhaltig produziert, in denen weniger Formaldehyd steckt, als in einem Naturbaum. Bei den Farben gibt es unbedenkliche Lacke auf Wasserbasis. Wir haben vollstes Vertrauen in unsere Industriepartner, die alle ökologischen Normen einhalten und deren Rohstoffe über die entsprechenden Zertifizierungen verfügen.

Nicht von der Stange

Nicht von der Stange: Individuelle Präsentationsformen zeigen die Wertschätzung für das Produkt Brille.

© Spengler Design

Wie kam es zur Kooperation mit Herzblut?

Über den Auftrag einer Privatkundin für ein Wohnzimmermöbel. Diese Kundin war Claudia Hol -lergeschwandtner, CEO von Herzblut. Durch unsere Gespräche entstand der Gedanke, für eine außerordentliche Brillenpräsentation zusammenzuarbeiten. Der Messestand zur Opti 2024 war das erste gemeinsame Projekt. Über Skizzen und 3D-Visualisierungen entstand ein das Marken- und Erscheinungsbild repräsentierender Stand, der viel Aufmerksamkeit von Augenoptikerinnen und Augenoptikern erhielt.

Gibt es Folgeprojekte für die PoS-Präsentation der Herzblut Kollektionen?

Wer sich im Mainstream nicht einreihen, sondern sich vom Wettbewerb abheben will, muss neue Wege beschreiten. Deshalb beschäftige ich mich mit dem Thema Brille nicht nur gestalterisch. Auch für mich war das Produkt erst einmal Neuland, deshalb ging ich selbst auf die Messe, um Augenoptiker kennenzulernen, mit ihnen zu sprechen. Tatsächlich denken wir mit unseren Objekten die Brille über das augenoptische Geschäft hinaus bis in den privaten Alltag der Kundinnen und Kunden. Das ist unsere Wertschätzung der Brille. Stimmt, sie wird zum Sehen benötigt, sie hat jedoch ebenso einen ästhetischen Wert. Deshalb sind wir überzeugt, dass beispielsweise unser schönes und zweckmäßiges Aufbewahrungsobjekt für mode- und trendbewusste Brillenträgerinnen und Brillenträger von großer Wichtigkeit ist. Denn eine Brille, die um die tausend Euro kostet, sollte nicht lieblos behandelt werden.

Design für mode

Modernes, zweckbestimmtes Design für mode- und trendbewusste Brillenliebhaber: Spengler entwarf für Herzblut ein Objekt als idealen Aufbewahrungsort für Fassungen.

© Spengler Design

Wie schafft man Sicht barkeit für die Brille im Fachgeschäft?

Unser Ansatz ist, Fassungen außergewöhnlich in Szene zu setzen – und mit interessierten augenoptischen Fachgeschäften auch individuelle Lösungen zu entwickeln, wie die Anpassung von Objekten in Dimensionen und der Farbsprache. Mit der Auswahl an Kollektionen möchte ein Augenoptiker Vielfalt darstellen, nur hat jede Marke zumeist recht wenig Platz für die Darstellung. Was wiederum bedeutet, dass wir sehr reduziert arbeiten müssen, um PoS-Elemente platzieren zu können. Eine Erkenntnis ist: Im Laden oder im Schaufenster werden bewegte Elemente eher gesehen und außergewöhnlich präsentierte Produkte samt der Marke eher wahrgenommen. Die Displays stellt Herzblut für einen gewissen Zeitraum kostenlos zur Verfügung, die Fassungen können in dieser Zeit natürlich rotieren. Ziel ist eine eigenständige Markenund Brillenpräsentation von Herzblut, die nicht zweckentfremdet werden kann. Apropos: Zum Thema kann ich ein tolles Buch empfehlen: „Kunden kaufen nur von Siegern“. Darin zeigen konkrete Beispiele, wie wichtig es ist, PoS-Displays so zu gestalten, dass sie nur in Übereinstimmung mit der Markenidentität eingesetzt werden können.

Herzblut Prototyp

Gestaltung steht im Mittelpunkt: Jürgen Spengler zeichnet Objektideen zuerst auf Papier. Er sucht das originäre Design, das einer Marke eine Alleinstellung sichert.

© Spengler Design

Das Gespräch führte Angela Mrositzki