Kurz vor dem Start der Opti 2018
Weihnachten ist vorbei, das letzte Türchen am Adventskalender längst geöffnet – doch für die Mitarbeiter der Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM) in München gehen die wichtigsten Pforten jetzt erst auf: Das Team um Opti-Projektleiterin Bettina Reiter, bestehend aus Lidia Ricco, Stephanie Erl und Gwen Eva Janda, organisiert die Optikmesse – und die DOZ war während der heißen Endphase kurz vor Schluss live dabei. Ein Besuch bei „Herz und Hirn“ der Opti.
Ein überdimensionierter Plan hängt im Büro des Orga-Teams sind darauf zu sehen, er wirkt ein wenig wie ein Kompass, er strukturiert und sortiert, gewährt einen Einblick in die erhabene Vogelperspektive: Es ist ein Überblick des Münchener Messegeländes mit allen Hallen, Eingängen, Zufahrten und Parkplätzen, auch die Räumlichkeiten des Orga-Teams sind darauf zu sehen, sie befinden sich direkt daneben. In den Hallen C1 bis C4 und B4 wird in wenigen Tagen die Opti 2018 stattfinden, C5 und C6 sind im Bau. „Die können dann zur nächsten Opti genutzt werden“, erklärt Projektleiterin Bettina Reiter. Der DOZ-Autor lernt schnell: Vor der Opti ist nach der Opti – und umgekehrt. Auch wenn die geballte Aufmerksamkeit des Teams den kommenden Tagen und der diesjährigen Messe gilt – an der Wand hängen bereits Plakatentwürfe für 2019. „Kaum einer kann sich vorstellen, wie lange es dauert, eine dreitägige Messe vorzubereiten“, so Lidia Ricco. „Was macht ihr sonst das ganze Jahr über?“ sei eine Frage, die sie oft zu hören bekämen.
Die Opti 2017 in Zahlen: 27.277 Besucher aus 89 Ländern, dazu 557 Aussteller, alles verteilt auf drei kurze, intensive Tage – ach, so eine Messe, die organisiert sich doch bestimmt im Handumdrehen! Mitnichten. Das Opti-Team der GHM ist heiß begehrt und Ansprechpartner für – nun, grundsätzlich alles. Rund 40 Mal klingelt das Telefon pro Tag und Person – das Team spricht mit (rund 800) Ausstellern und Interessenten aus 39 Ländern in 19 verschiedenen Zeitzonen, wechselt fließend von Deutsch zu Englisch, manchmal auch zu Spanisch oder Italienisch – und vom einen Thema zum anderen. Die Zeitverschiebung gibt den Rhythmus vor: Morgens wird gen Osten telefoniert, etwa nach Japan, abends gen Westen, zum Beispiel in die USA, dazwischen mit den übrigen Himmels-richtungen. Aber, immerhin: Das Telefon, es bleibt während unseres Besuches für einen kurzen Moment auch mal still – und es sind kostbare Minuten wie diese, in denen der Gast die eine oder andere Frage loswerden kann.
Jeder Wunsch soll erfüllt werden
Große Messe, kompaktes Team: 75 Angestellte arbeiten bei der GHM, vier davon kümmern sich ausschließlich um die Organisation der Opti 2018, darunter Lidia Ricco und Stephanie Erl. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem Akquise, Erfassung der Anmeldungen, Aufplanung der Messe, Unterstützung der Aussteller bei allen organisatorischen Fragen, beispielsweise zu Standbau, Auf-bau, Technik – und was es sonst zu berücksichtigen gilt. Grob lassen sich die Aufgaben in zwei Kategorien aufteilen: jene, die über das gesamte Jahr anfallen und Dinge, die kurz vor Beginn dringlich werden. „Es kommt unglaublich viel auf uns zu. Neben interner Organisation und der Hallengestaltung stimmen wir uns auch mit den Mitarbeitern der Messe München ab, mit dem Technischen Ausstellerservice, mit Verkehr und Sicherheit, insgesamt spielt die Koordination der verschiedenen Dienstleister eine große Rolle.“ Ein Hauptbestandteil der Messevorbereitung ist die Aufplanung: Dabei wird präzise festgelegt, wer in welcher Halle welche Platzierung hat. Wie breit sind die Gänge, wer steht wo? Lidia Ricco zeigt eine ellenlange Liste: hunderte Namen, etliche Notizen: „Jeder Aussteller hat individuelle Wünsche, möchte zum Beispiel in einem bestimmten Umfeld platziert werden, etwa bei speziellen Produkten. Wir sammeln diese Wünsche, versuchen jeden einzelnen umzusetzen und dabei gleichzeitig Struktur in die Halle zu bringen.“ Auch die Gestaltung verschiedener Bereiche gehört zum Aufgabengebiet des Teams: Wie kann man die Flächen für Besucher möglichst attraktiv machen? Das gilt für Loungebereiche ebenso wie fürs Catering und reicht vom verlegten Teppich bis zur Abhängung an der Hallendecke.
Die Organisation umfasst allerdings mehr als „nur“ das Messegelände – sie fängt beispielsweise bereits am Flughafen an: Die Shuttlebusse müssen bereitstehen, die Beschilderungen gegeben sein. Wo kommen Auswärtige an, wie gelangen sie am schnellsten zur Messe? Ob Dubai, Südafrika oder China – die Opti ist inter-national, rund 30 Prozent der Besucher kommen aus dem Ausland, und wohlfühlen soll sich nun mal jeder: „Amerikaner müssen sich genauso schnell zurechtfinden wie Chinesen. Wir sagen uns: Besucher haben drei Tage Zeit und sollen diese bestmöglich nutzen können“, sagt Lidia Ricco. Eine Serviceleistung des Teams ist deshalb auch: Hallenpläne erstellen in Zusammenarbeit mit dem Katalogverlag und sowohl im Internet als auch innerhalb der Messe selbst verfügbar machen. Spannend wird es zudem immer, wenn Aussteller Stars oder Sternchen mitbringen. Lidia Ricco: „Wir sind dann im Vorfeld eingeweiht und überlegen uns zusammen mit der Messe München: Wie kommt der Promi auf das Messegelände?“ Der geneigte VIP soll nicht schon am Eingang ein ungeplantes Bad in der Menge nehmen. Das Ziel: Schnurstracks auf dem schnellsten Weg zum Stand – und an-schließend wieder zurück. „Wir schauen dann eben: Wie ist das zu bewerkstelligen? Wie organisieren wir die Fotografen? Wer darf wo stehen?“, erklärt Lidia Ricco.
Monatelange Planung für den „Futureshop“
Ein Höhepunkt der Messe: der „Futureshop“ in Halle B4. Stephanie Erl über ihr „Baby“: „Wir wollen dem Besucher damit ermöglichen, einen Blick in die Zukunft der Augenoptik zu werfen. Wie muss das augenoptische Geschäft aussehen, um die Kundschaft von morgen zu begeistern?“ Und tatsächlich: Bereits die Gestaltung der Fläche mutet futuristisch an, das Wabendesign und die gelb-schwarz-graue Farbgebung. Auf 120 Quadratmetern geht’s dann hauptsächlich um eines: technologische Neuheiten und die Chancen der Digitalisierung. VR-Brillen, interaktive Systeme und Displays für Schaufenster und Innenräume, Mess- und Screeninggeräte und „Refraktion 2.0“. Auch der Futureshop – ein organisatorischer Kraftakt: Besucher bekommen eine komplette Führung auf Deutsch und Englisch, inklusive Erklärung der Geräte. Übernommen wird dies von 16 Studentinnen und Studenten der Hochschule Aalen. „Am Futureshop haben wir monatelang geplant“, so Stephanie Erl.
Früh kommen, spät gehen – typisch in der heißen Phase. Parallel zur telefonischen Organisation läuft auch der elektronische Postkasten auf Hochtouren. 150 Mails bekommt Stephanie Erl zu Spitzen-zeiten jeden Tag – bei ihren Kolleginnen und Kollegen sieht es ähnlich aus –, parallel versammelt sich das Team immer wieder zu Meetings, um wichtige Infos weiterzugeben und zu besprechen. Darunter etwa: Wie ist der Stand in den Hallen, wie beim Opti-Forum? Was macht der Futureshop? Dann, plötzlich: Aufbruch in andere Räumlichkeiten – abteilungsüber-greifende Besprechung. Überall an den Türen im Gang: große Plakate der Opti 2018, dazu die Worte „!HOT“ und „YES!“. Was wird hier derart mit Nachdruck bejaht? Lidia Ricco erklärt: „Das sind die Designbereiche für die Independent-Labels – !HOT in der C1, YES! in Halle C2.“
Sie hat den Satz kaum beendet, da sind wir auch schon im avisierten Konferenzraum angekommen: Ein Mal pro Woche konferiert die Opti-Abteilung mit den Mitarbeitern aus den Bereichen Online, Marketing, Werbung und Presse. Die Teams tauschen sich dann über verschiedene Aspekte der Opti-Organisation aus, etwa: Welche Infos erscheinen neu auf der Website? Wann gehen die Hallenpläne online? Welche Presse- und Besucher-Infos sind geplant? Welche Interviews stehen an? Wie läuft das Blogger Spectacle? Zum Zeitpunkt unserer Visite akut: die Fertigstellung des Print- und Online-Katalogs sowie des Visitor Guides, der Besuchern eine umfassende Orientierung auf dem Gelände bietet. Sechzig Minuten später ist die Großkonferenz beendet. Zurück im Büro von Stephanie Erl klingelt bereits das Telefon: Ein Aussteller bittet um eine Catering-Empfehlung, gutes Münchener Sushi soll es sein, ihm wird geholfen, ebenso dem Chefredakteur dieser Fach-zeitung, der noch einen Bildschirm für seinen Stand sucht. Ob Gaffatape, Mehrfachsteckdose oder Kaffeemaschine – das Team ist bemüht, jeden Wunsch zu erfüllen.
Über die Jahre zu Freunden geworden
Was viele nicht wissen: Eine Woche vor Beginn ist von den Opti-Messeständen noch nichts zu sehen. Dann rollen die ersten Lkw zum Aufbau an – und sprichwörtlich aus dem Nichts schießen die Stände in die Höhe. Bis zuletzt steigert sich die Spannung. Sind die Kataloge und die Visitor Guides optimal ausgelegt? Sind Kassen und Ticketing bereit? Selbst die Teppiche werden erst in der Nacht vor der Eröffnung verlegt, dann früh morgens noch gesaugt. Das ist der Countdown zur Eröffnung, dem organisatorischen Höhepunkt, oder, wie Lidia Ricco es nennt: „Ein großes Freudenfest. Wenn sich die Türen öffnen und die Messe beginnt – ich kann es gar nicht beschreiben, da fehlen mir die Worte.“
Es ist bereits die elfte Opti, die Lidia Ricco betreut – doch von Abnutzungserscheinungen keine Spur. „Wir haben ein ganzes Jahr lang darauf hingearbeitet – und plötzlich entstehen aus diesen eindimensionalen Flächen wunderschöne Welten, und wir freuen uns auf ein persönliches Wiedersehen mit all den Menschen und Firmen, die die Opti besuchen, und von denen einige über die Jahre zu Freunden geworden sind.“ Es ist dieser Moment, in dem die Spannung abfällt und in Freude übergeht: Freitags kurz nach offiziellem Messebeginn, um 9:30 Uhr, stellt sich das Team in eine Halle und spielt stiller Beobachter. Lidia Ricco: „Wir schauen uns einfach nur das Treiben und Wuseln in den Gängen an, sehen lauter fröhliche Menschen – das ist für uns alle ein großartiger Moment. Wenn dann alles klappt, dann sind die drei Tage Messe der schönste Lohn, den man sich vorstellen kann.“ In diesem Sinne: Wir sehen uns auf der Opti – vielleicht am Stand der DOZ?
Autor: Benjamin Weber