Der Arbeitgeber als Marke: Fünf Grundregeln für erfolgreiches „Employer Branding“

Handschlag zwischen Frau und Mann
Sich motivierte Fachkräfte zu sichern wird immer schwieriger.
© pixabay.com/rawpixel

Alle reden von Fachkräftemangel, alle wollen die gleichen Talente - und intensivieren ihr Recruiting. Doch damit allein ist es nicht getan. Denn was Mitarbeiter anzieht und bindet, ist eine attraktive Arbeitgebermarke. Was nutzt es, wenn Sie ihre Stellen besetzen können, die Mitarbeiter aber nicht lange bleiben? Um hier die Nase vorn zu haben, setzen Arbeitgeber auf Employer Branding: Strategien des Marketings werden genutzt, um die eigenen Stärken herauszustellen. Die DOZ sprach mit Dr. jur Dr. phil Niels H. M. Albrecht, einem Experten für Kommunikations-, Change- und Krisenmanagement, speziell über das Anwerben von Auszubildenden.

Niels Albrecht
Dr. Dr. Niels H. M. Albrecht
©Albrecht &Thron – Management-,
Politik- & PR-Beratungsgesellschaft

Nach dem Studium der Rechtswissenschaft und des Medienmanagements war Albrecht als Unternehmensberater im In- und Ausland tätig. Als Politik- und PR-Berater der Bundesregierung setzte sich Niels Albrecht mit der Vernetzung von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik auseinander und kommunizierte diese Themen für die Regierung. Seit mehr als 15 Jahren berät er Mandanten aus Regierung, Wirtschaft und Wissenschaft in Kommunikationsfragen. Zudem ist Niels Albrecht Speaker, Autor und Leiter der Deutschen Akademie für Change & Kommunikation.

DOZ: Wie bewerten Sie die derzeitige Azubi-Anwerbung von Betrieben?

Niels Albrecht: Viele Betriebe gehen zu schnell ins Marketing, ohne im Vorfeld eine gründliche Analyse vorgenommen zu haben. Diese ist jedoch entscheidend, wenn man als Betrieb eine lang­fristige und erfolgreiche „Employer-Branding-Strategie“ umsetzen, sich also als Arbeitgeber positionieren möchte. Der erste Schritt ist eine grundlegende Umfeldanalyse: Wie entwickelt sich der Markt? Mit welchen Maßnahmen können die internatio­nal agierenden Augenoptik-Unternehmen, wie Apollo, die mit einer Meisterschule kooperieren, oder die Fielmann AG, die eine eigene Akademie aufgebaut hat, bei den Azubis punkten? Welche Werbung und Angebote machen die Online-Optiker den Azubis? Daher lautet die erste Regel: Lernen Sie die Maßnahmen Ihrer Mitbewerber kennen, um ein ganz individuelles Angebot für die Azubis zu entwickeln, die Sie gewinnen möchten!

Müssen sich Betriebe mehr Mühe geben, um geeignete Lehrlinge zu finden?

Früher mussten sich die Bewerber um einen Ausbildungsplatz bemühen. Die Zeiten haben sich durch den demografischen Wandel verändert. Heute müssen die Unternehmen um ihre Bewerber kämpfen. Längst ist ein Wettstreit um die Nachwuchskräfte von morgen entbrannt. Daher sind alle Betriebe aufgefordert, nicht nur Lehrlinge zu finden, sondern diese überhaupt zu erreichen. Denn viele Unternehmen sprechen an ihrer Zielgruppe vorbei. Die Frage lautet hier: Wo, wie und womit erreiche ich meine Zielgruppe? Eine zielgruppengenaue Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg. Gehen Sie mit den guten Geschichten Ihres Betriebs und konkreten Angeboten auf die Jugend­lichen zu. Die verschiedenen Social Media-Kanäle bieten Ihnen hierzu alle Möglichkeiten. Mit einer Content-Marketing-Strategie hat Ihr Unternehmen die Möglichkeit, über Kurznachrichten, Fotos und Filme mit den Jugendlichen in Kontakt zu treten und zu bleiben. Die zweite Regel lautet somit: Kommunizieren Sie dort, wo Ihre Zielgruppe anzutreffen ist.

Müssen die Betriebe den Azubis mehr Chancen geben beziehungsweise ihre Ansprüche herunterfahren?

Jedes Unternehmen sollte Schlüssel- und Engpassfunktionen definieren und klären, wie diese in der Zukunft besetzt werden müssen. Engpassfunktionen sind die, die bereits heute und in der nahen Zukunft nur noch sehr schwer am Arbeitsmarkt abzudecken sind. Der Ausbildungsmarkt zählt dazu, daher müssen die Betriebe hier flexibler werden. Das heißt, dass hier gezielte Förder- und Weiterbildungsmaßnahmen zu ergreifen sind. Ebenso gilt es, Menschen mit Handicap, Migrationshintergrund oder schwächeren Leistungen eine Chance zu geben. Hierzu gibt es zahlreiche Förderprogramme der Bundesregierung und der Bundesagentur für Arbeit, was eine zusätzliche Chance für die Azubis und den Betrieb bedeuten kann. Dritte Regel: Zufriedene Mitarbeiter sind die besten Botschafter für den Betrieb!

Die Bahn schafft zum Beispiel das Anschreiben ab: Die Bewerber sollen es so einfach wie möglich haben. Sollten Betriebe ihren Bewerberprozess überdenken?

Der Azubi-Mangel zeigt erhebliche Auswirkungen. Die Deutsche Bahn will ab Herbst diesen Jahres 3.600 neue Auszubildende für sich gewinnen und verzichtet dafür auf das Anschreiben. Eine kluge PR-Maßnahme, denn mit dieser Meldung war die Bahn in allen deutschen Medien. Das ist Werbung in eigener Sache! Diesem Beispiel können auch kleine und mittelständische Betriebe folgen, indem sie ihr Umfeld aktivieren: „Jeder Mitarbeiter, der einen Auszubildenden anwirbt, bekommt eine Sonderzahlung von 500 Euro.“ „Jeder Kunde, der einen Auszubildenden vorschlägt, bekommt eine Sonnenbrille.“ Das ist Marketing im eigenen Netzwerk: Sie bekommen Vorschläge zu passenden Azubis von Ihren Mitarbeitern und Kunden. Über die Gespräche erhalten Sie mehr Informationen als über jedes Anschreiben. Also seien Sie flexibel. Am Ende zählt nur die besetzte Stelle. Vierte Regel: PR ist, wenn andere über Sie sprechen. Lassen Sie die Netzwerke Ihrer Netzwerke für sich arbeiten!  

Was empfehlen Sie Betrieben, um Azubis für sich zu begeistern?

Hier schließt sich der Kreis. Wenn Sie bei der ersten Regel Ihr Alleinstellungsmerkmal herausgearbeitet haben, wird sich das unter den jungen Menschen herumsprechen. Doch Vorsicht: Ein Alleinstellungsmerkmal muss immer wieder neu verteidigt werden. Am besten ist es, wenn Ihre Azubis für die Innovationen im Unternehmen verantwortlich sind. So stellen Sie sicher, dass immer neue Ideen entstehen. Und mit diesen Azubi-Ideen können Sie wieder werben. Die fünfte Regel im Employer Branding lautet: Werden Sie kreativ. Denn wer nicht auffällt, fällt weg!