Jahreslanges Abstauben, Abreißen, Abwarten

Deutsches Optisches Museum wartet seit 2019 auf seine Neueröffnung

Das Deutsche Optische Museum in Jena soll „nationales Leitmuseum der Optik“ werden. Am 7. August erfolgte der Spatenstich für den spektakulären Neubau, der das Gesamtensemble zum „touristischen Leitprodukt Thüringens“ machen soll. Für 2027 ist – nach mehreren Verschiebungen – die Eröffnung des D.O.M. geplant, das mit einem innovativen Konzept Besucher allen Alters für Optik und Photonik begeistern soll. DOZ-Redakteur Tom Theilig hat in Jena nachgesehen, wie es Mensch und Material zwischenzeitlich ergeht.
Statue und Kisten in Zwischenlager

„Pass‘ ich rein oder nicht rein?“ scheint sich hier die Statue von Ernst Abbe am letzten Tag des Museumsumzugs ins Zwischenlager zu fragen. Im Sommer 2019 waren in den Rollcontainern zuvor tausende Ausstellungsstücke abtransportiert worden (auf den Bleiglasfenstern abgebildet links Ernst Abbe, rechts Carl Zeiss).

© Deutsches Optisches Museum

Erstveröffentlichung 09I24

Man hätte ja vor sechs Jahren einfach sagen können: „Lass uns die ganzen Ausstellungsstücke doch mal ordentlich abstauben. Wir überstreichen ein paar Altersflecken an den Wänden, wischen die Regale einmal gründlich durch und stellen dann alles wieder an seinen Platz.“ Hätte man diesen Vorschlag umgesetzt, wäre das Deutsche Optische Museum in Jena bereits seit einigen Jahren wieder eröffnet und die Sammlung optischer und ophthalmologischer Instrumente und Geräte, die seltenen Gemälde und Grafiken, die historischen Fundstücke längst wieder zugänglich für Besucherinnen und Besucher. Hat man aber nicht.

Stattdessen haben sich die Verantwortlichen der 2017 neu gegründeten „Stiftung Deutsches Optisches Museum“ entschieden, das ganz große Rad zu drehen. Sprich: eine Generalsanierung des historischen Gebäudes1 plus Erweiterung um einen spektakulären Neubau zu realisieren. Ein Gesamtensemble, das nicht weniger werden soll als „nationales Leitmuseum der Optik“ und „fünftes touristisches Leitprodukt Thüringens“ zugleich, verbunden mit einem modernen Konzept der Präsentation und Vermittlung. „Das neue Museum soll nach dem Willen der Stifter kulturhistorisch bewahrend, gegenwartsorientiert bildend und zukunftsgerichtet forschend wirken und damit Impulse für die Optik und optische Industrie setzen“, erklärt Museumsdirektor Professor Dr. Timo Mappes, von dem später noch die Rede sein wird. Bei diesem Anspruch verwundert es nicht, dass die Neueröffnung – auch aufgrund der üblichen Hindernisse und Probleme bei solch baulichen Großprojekten – schon mehrfach in die Zukunft verschoben werden musste. Inzwischen ist sie für das Jahr 2027 angekündigt.

Was letztlich zur Konsequenz hat, dass die rund 40.000 Ausstellungstücke2 ebenso wie die Mitarbeitenden des Museums beim Reset dann sehr lange acht Jahre keine Besucher mehr zu Gesicht bekommen haben werden.

Aufnahme nicht abgeschlossen

Beide – Objekte wie Subjekte – werden seit Mitte 2019 in einem am Stadtrand gelegenen Zweckbau mit Namen Abbe-Zentrum Beutenberg aufbewahrt. Das Zentrum war als Zwischenlager für die gewichtigen D.O.M-Schätze prädestiniert, weil beim Bau die erste und zweite Etage von der Statik her für die Aufnahme einer Zweigstelle der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek geplant worden waren. Geeignetes Mobiliar war ebenfalls vorhanden. Aufgerüstet wurden die beiden Etagen mit Klimaanlagen, Luftbe- und -entfeuchtern sowie Sonnenschutz an einigen Fenstern.

Nun warten hier in hunderten Regalmetern, tausenden Fächern einer Rollregalanlage sowie ungezählten Nischen, Spinden, Zwischen- und sonstigen Stauräumen historische Brillen, Spaltlampen, Ophthalmometer, Mikroskope und weitere optische Gerätschaften und Apparaturen auf ihre Wiedererweckung. Etliche davon noch in den Umzugskisten, in denen sie 2019 hierher transportiert wurden. „Für eine vollständige Erfassung der Objekte war während des Umzugs einfach zu wenig Zeit“, erklärt Sebastian Fischer, der Leiter des Teams Sammlung und Inventarisierung im DOM. Insofern besteht eine Kernaufgabe der Mitarbeiter aktuell darin, sich nicht nur auf dem verbliebenen Platz mit recht vielen Menschen recht kleine Büros zu teilen, sondern Lücken in der Erfassung zu schließen sowie den Gesamtbestand zu digitalisieren und die Datensätze in einen Online-Katalog zu überführen. Das bedeutet in vielen Fällen kleinteilige Recherche- und Detektivarbeit, zumal regelmäßig neue Sammlungen aus Privat- oder Firmenbesitz hinzukommen.

Spatenstich zur Renovierung

Freudige Gesichter beim Spatenstich Anfang August: (v.l.) Dr. Markus Weber (Mitglied des Vorstands der Zeiss Gruppe), Dr. Thoralf Held (Kanzler der Friedrich-Schiller-Universität Jena), Christoph Matschie (MdB SPD), Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee, Staatssekretärin für Kultur Tina Beer, D.O.M.-Gründungsdirektor Prof. Dr. Timo Mappes sowie Jenas Bürgermeister Christian Gerlitz. Minister Tiefensee hob in seiner Rede hervor: „Optik ist ohne Jena und Jena ohne Optik kaum vorstellbar. Mit der neuen optischen Erlebniswelt entsteht hier ein authentischer kulturtouristischer Anziehungspunkt, der Technikbegeisterte aus aller Welt nach Jena locken wird.“

© Katrein Brenner Fotografie

„Antiquiert, überfrachtet und für mich schwer zu verstehen“

Rund ein Drittel der Fachbücher – darunter Schätze wie die „Geschichten über Martin Luther“ aus dem Jahr 1588 oder „Vom wahren Christentum“, 1753 von Johann Arndt verfasst, bei denen in den dicken Buchrücken kunstvoll Brillen oder Eingläser als Lesehilfe eingelegt sind – harren ihrer Restaurierung. Etliche sind in säurefreien Schutzhüllen verpackt – sie sind sozusagen zerbröselt, weil sie in den alten Museumsräumen bei zu geringer Luftfeuchtigkeit verwahrt wurden. „Verstaubt“ würde der Volksmund wohl sagen, und das gilt in gewissem Sinne für die gesamte vorherige Ausstellung, über die Besucher kurz vor der Schließung im Juli 2019 zum Beispiel urteilten, sie sei „ziemlich antiquiert, überfrachtet und für mich schwer zu verstehen“ (User „Michiberli“ auf Trivago im März 2019) oder „in einem schönen Gebäude werden viele Ausstellungsstücke zum Thema Optik gezeigt, leider lieblos und uninspiriert“ (Eintrag von „Carstelot“ ebenfalls im März 2019). Beide Besucher legen den Finger in die Wunde: Vermutlich Anfang der 1990er Jahre noch mehr oder weniger zeitgemäß konzipiert, war die Ausstellung in den fast 30 Jahren ihres Bestehens nicht weiterentwickelt worden.

„Auch wenn es in den Reviews viele positive Stimmen gibt, wundern mich solche Bewertungen daher nicht“, sagt Franziska Skanda, die Leiterin Bildung und Vermittlung im D.O.M. Sie und Alexandra Seefeld – gemeinsam von 2014 bis 2019 für Museumspädagogik und Öffentlichkeitsarbeit im alten Optischen Museum und damit vor allem für die Führungen zuständig – sind die einzigen Mitarbeiterinnen, die von der damaligen Besetzung noch übrig sind. „Die Ausstellung war eher für ein Fachpublikum geeignet, dass durch berufliche Tätigkeit oder privates Engagement bereits Vorkenntnisse mitbrachte und sich oft auch gezielt auf bestimmte Themengebiete oder Ereignisse fokussierte.“

Mappes vor einer Wand und Woop im Archiv

Auf der Suche: Museumsdirektor Professor Mappes fahndet unter mehreren Lagen Tapete nach den historischen Originalfarben im Museumsgebäude, Kuratorin Lisa Woop nach geeigneten Objekten für den Fassungsbereich der neuen Ausstellung...

© DOZ / Tom Theilig

Praxisnahe Anleitung

Für Skanda und Seefeld bedeutete das im Umkehrschluss, dass sie Führungen für fachlich eher unbeleckte Gruppen mit besonders hohem Aufwand vorbereiten und mit besonderer didaktischer Finesse präsentieren mussten, um deren Interesse zu gewinnen. Mit Schulklassen etwa setzten sich die Pädagoginnen gerne in einem Ausstellungsraum auf den Boden, verteilten – analog zum mittelalterlichen Beryll – Halbkugelsegmente als Lesesteine und ließen die Schülerinnen damit Texte entziffern. Derart praxisnah angeleitet, kamen diese schnell zu der Erkenntnis, dass es an diesem Punkt der Evolution nützlich wäre, eine Brille zu erfinden: Sie müsste nicht, wie der Lesestein, ständig festgehalten werden und auch nicht ständig hin- und hergeschoben werden, um den ganzen Text lesen zu können. Für die Schüler war diese Art der Wissensvermittlung sicher attraktiv, für die Mitarbeitenden jedoch mit überdurchschnittlichem Engagement und zeitlichem Aufwand verbunden.

„Wir haben das sehr gerne gemacht und hätten sicher noch einige Zeit so weitermachen können“, glaubt Skanda, „aber eine wirkliche Zukunftsperspektive hatte das Museum in dieser Form nicht.“ Damit hat sie vermutlich Recht, denn außer keinem zeitgemäßen Konzept hatte das Museum auch keinen richtigen Direktor, der eines hätte entwickeln können. Vielmehr wurde das Optische Museum von der Ernst-Abbe-Stiftung, die sich parallel auch noch um den Betrieb des Zeiss-Planetariums und des Volkshauses in Jena, die Verwaltung von Wohn- und Gewerbeimmobilien, verschiedene Treuhandstiftungen sowie diverse wissenschaftliche Vortragsreihen kümmern musste, mehr oder weniger mitorganisiert. Wie kurios die Situation des alten Museums war, zeigt allein die Tatsache, dass es sich den ohnehin beengten Platz im Gebäude zuletzt mit einer Steuerberatungskanzlei (Dachgeschoss), einer Praxis für Homöopathie (1. Etage) sowie einem Geburtshaus (rechter Flügel) teilen musste.

Komplette Neuaufstellung geplant

Der große Befreiungsschlag kündigte sich Ende 2015 an, als man in Jena (und Oberkochen) begann, sich Gedanken um die Feierlichkeiten zum 200. Geburtstag von Carl Zeiss am 11. September 2016 zu machen. Vertreter der Carl Zeiss AG, der Stadt Jena, der Friedrich-Schiller-Universität sowie der Carl-Zeiss und der Ernst-Abbe-Stiftung vereinbarten damals bei einem Treffen, „eine bedeutende Initiative und ein wichtiges Vorhaben auf den Weg zu bringen, um die Leistungen von Carl Zeiss […] in geeigneter Form zu würdigen.“ 3 Als Außenstehender erfährt man im Nachhinein nichts über dieses Treffen und das Brainstorming zum passenden Geburtstagsgeschenk hinter verschlossenen Türen, hört aber mit etwas Fantasie vor seinem inneren Ohr geradezu den erlösenden Aufschrei: „Das mit dem Optik-Museum! Das kann doch so nicht weitergehen!“

Und es ging auch so nicht weiter. In einem ersten Schritt vereinbarten die Beteiligten, eine neue Stiftung zu gründen, die sich ausschließlich um die Belange des neuen Museums kümmern sollte: die Stiftung Deutsches Optisches Museum mit Sitz in Jena. Dessen Kuratorium, in dem je ein Vertreter der eben genannten Institutionen sitzt, musste nun mit höchster Priorität Punkt 2a des Satzungsparagraphen 11 (Aufgaben des Kuratoriums) abarbeiten: die Bestellung des Museumsdirektors. Dieser sollte als ordentlicher Professor für Wissenschaftskommunikation an die Uni Jena berufen werden, um als solcher „ab 2018 das zuvor in fast allen Aspekten ruhende Optische Museum in Jena als D.O.M. gänzlich neu aufzustellen“, wie ein internes Papier besagt.

Fischer, Skanda und Seefeld

....Sammlungsleiter Sebastian Fischer (r.) nach dem letzten noch freien Platz in der Rollregalanlage und die beiden Museumspädagoginnen Franziska Skanda (l.) und Alexandra Seefeld nach ihrem Aufgabenbereich nach der Wiedereröffnung des D.O.M.

© DOZ / Tom Theilig

Wer Mappes bestellt, bekommt auch Mappes

Und wie bestellt erschien dann tatsächlich Timo Mappes als einer von fünf Kandidaten der engeren Auswahl zum Vorstellungsgespräch. „Am Ende dieses Vorsingens war klar, dass nur er das gesamte Spektrum von Historie, Gegenwart und Zukunft würde abdecken können“, erinnert sich ein Beisitzer der Bewerbungsgespräche.

Mappes, heute 48, war zu dem Zeitpunkt als Senior Vice President Innovation der Carl Zeiss Vision International GmbH eine Art Daniel Düsentrieb des Konzerns, hatte mit seinem internationalen Team auf vier Kontinenten die Zahl der Patentanmeldungen im Ressort „Technology & Innovation“ innerhalb von drei Jahren verdoppelt, die Zahl der erteilten Patente um 50 Prozent gesteigert. Und dabei unter anderem neuartige Brillengläser auf den Markt gebracht und eine hochautomatisierte Brillenglasfertigung etabliert. Kein Mann also, der gerne stillsteht. Passgenau für den Job qualifiziert hatte ihn erstens der Umstand, bei Zeiss das Edutainment, also die spielerische Wissensvermittlung, sowohl auf dem Messestand als auch am POS eingeführt zu haben. Und zweitens sein privates Interesse an historischen Mikroskopen als Sammler ebenso wie als Vortragsredner.

„Das D.O.M. bot das Potenzial, beides zu verbinden“, erinnert sich Mappes. „Realisierbar schien dies, indem man das Beste aus beiden Welten neu kombiniert.“ Elemente aus Museen und Science Centern zu verbinden, um Menschen allen Alters für Optik und Photonik zu begeistern, das habe ihn an der Stellenbeschreibung sehr gereizt. Und fügt an: „Immer wieder hatte ich gelernt, wie besonders wertvolles Neues entsteht, wenn man tradierte Schranken bei der Ideenfindung vollkommen ignoriert.“

Kein "Weiter so"

Stichwort „tradiert“: Bei Menschen, die nach dem Motto „Das hat doch alles ganz ordentlich funktioniert, wie wir es bisher gemacht haben“ lebend am Auswahlprozess teilgenommen haben sollten, müssen damals spätestens bei diesem Satz alle Alarmanlagen signalrot geleuchtet haben. Lautete doch die Vorgabe des Kuratoriums bis dahin, siehe oben: Renovierung des denkmalgeschützten Hauses, neue Ausstellung, rasche Wiedereröffnung. Zack, zack, zack. „Das Ganze war mit einem sehr knappen Budget hinterlegt“, berichtet Kandidat Mappes. Der sich davon nicht beirren ließ: „Schon in meiner Bewerbung zeigte ich die Idee einer neuen Form des Museums auf – Kern war und ist die Interaktion mit historischen Objekten.“ Wer Mappes bestellt, bekommt eben auch Mappes.

Was erfreut die Besucher und wie lernen sie dabei spielerisch und trotzdem nachhaltig, das heißt dauerhaft? Was kann man mit und durch reale, gegebenenfalls emotional aufgeladene Objekte vermitteln, das sich nicht in den digitalen Raum übertragen lässt? Weshalb möchte man lieber in einem Museum sein, statt sich zuhause ein Youtube-Video zu ähnlichen Inhalten anzusehen? Auf diese – von ihm selbst formulierten – Leitfragen wird der designierte Gründungsdirektor beim Bewerbungsgespräch so überzeugende Antworten und Visionen präsentiert haben, dass Begeisterung und Vorfreude Bedenken und Kleinmut aus dem Feld schlugen. Wer sich die vier bisherigen touristischen Leitprodukte des Bundeslands vergegenwärtigt – die fast 1.000 Jahre alte Wartburg, das klassische Weimar (Goethe-Schiller-Denkmal), Erfurt mit seiner mittelalterlich geprägten Altstadt sowie den Rennsteig als historischer Grenz(wander)weg – ahnt vielleicht, dass Mappes‘ Vortrag bei den Entscheidern die Sehnsucht nach etwas Glitzerndem, Leuchtendem, Vorwärtsgerichtetem geweckt haben wird.

DOM Modell

Im Rahmen des Spatenstichs konnten die Besucher anhand eines Modells bereits das Licht- und Farbspiel der zukünftigen Fassade den neuen Eingangsgebäudes im Maßstab 1:10 erleben. Sie wird aus einer hochtransparenten Verglasung und einem kreisförmigen Mosaik aus mundgeblasenem Farbglas mit elf Metern Durchmesser bestehen. Vertikale, tragende Aluminiumrippen halten das Glas und sollen wichtiger Bestandteil des optischen Experiments sein, weil sie je nach Blickwinkel einzelne Farben aus dem Farbkreis spiegeln, hervorheben oder verdecken sollen.

© DOZ / Tom Theilig

International anerkannte Künstler wirken am Dombau zu Jena mit

Umso mehr, als inzwischen klar ist, dass der Dombau zu Jena auch architektonisch ein Highlight werden wird. Beim Spatenstich am 7. August konnte sich eine breitere Öffentlichkeit – erst einmal natürlich nur auf großformatigen Visualisierungen davon überzeugen, dass die höheren Baukosten (aktuell geschätzt auf 57 Millionen Euro) gut angelegt sind. Für den Neubau, dessen Fassadengestaltung, die Architektur des Gesamtensembles sowie die Lichtinstallation konnten die Macher ein Team international anerkannter Architekten und Künstler gewinnen. Der Däne Ólafur Eliásson, Mitglied der Berliner Akademie der Künste und bekannt unter anderem für eine riesige künstliche Sonne in der Turbinenhalle der Londoner Tate Gallery of Modern Art, sagte bei der Präsentation: „Sehen ist für mich ein Akt, der die Welt, in der wir leben, formt und zu ihrer Gestaltung beiträgt. Es ist mir eine große Ehre, diese Wechselwirkung im öffentlichen Kontext eines Museums zu erkunden, das sich der Wissenschaft optischer Phänomene verschrieben hat.“ Eliásson wird die künstlerische Gestaltung der Neubau-Fassade übernehmen.

Für die Mitarbeitenden des D.O.M. bedeutet der Spatenstich einen Wendepunkt. Die Realisierung des Vorhabens wird nach Jahren des Abstaubens, Abreißens und häufig Abwartens nun sichtbar – für Externe wie Interne. Spöttische Nachfragen à la „Was macht ihr eigentlich die ganze Zeit da oben auf dem Beutenberg?“ könnten bald passé sein. „Als Team zünden wir die nächste Stufe der Umsetzung“, kündigt Mappes an, „das heißt, wir werden mit unserer Schwarmintelligenz sorgfältig darauf achten, dass die Auftragnehmer zum Bau der Exponate jedes unserer Konzepte für das bestmögliche Besuchererlebnis umsetzen.“ Besucher? Genau, die sollen ja in drei Jahren auch wieder mitmachen dürfen. Und tatsächlich „vermissen wir unsere tägliche Dosis Museumsführung noch immer“, gesteht Franziska Skanda, die sich wie Alexandra Seefeld andererseits freut, in den vergangenen Jahren so viel an neuen Aufgaben und Kompetenzen für sich erobert zu haben: „IT, Administration, Datenschutz, Kuration oder Sammlungsarbeit – wir sind in vieles hineingewachsen, was in unserem kleinen Team erledigt werden musste“, erklärt sie. „Was unsere beruflichen Skills angeht, haben wir uns in den vergangenen Jahren extrem weiterentwickelt.“

Ob die beiden im D.O.M. wieder als Museumspädagoginnen arbeiten oder neue Aufgabenbereiche übernehmen werden, können Skanda und Seefeld entsprechend heute noch nicht sagen. Eines werden sie aber ganz sicher nicht machen: abstauben, durchwischen und alles wieder an seinen Platz stellen.


1 Es handelt sich um das 1924 errichtete Gebäude am Carl-Zeiss-Platz 12 im Zentrum Jenas. In dem Neubau wurde die sechs Jahre zuvor gegründete „Staatliche Optiker-Schule“ untergebracht. 1976 bezog das Optische Museum die untere Etage. 1996 siedelte die Schule, inzwischen unter dem Namen „Fachschule für Augenoptik Hermann Pistor“ ins Schulzentrum Jena-Göschwitz um, das Museum hatte das Gebäude bis 2019 (fast) für sich alleine.
2 In der musealen Fachsprache als „Objekte“ bezeichnet, die durchaus aus zwei oder mehr Einzelteilen bestehen können; ein Mikroskop zum Beispiel aus dem eigentlichen Gerät, dem Zubehör und der Box, in der es aufbewahrt wird, oder eine historische Scherenbrille aus Fassung und zugehöriger Halskette.
3 Zitiert aus einer Pressemitteilung der Zeiss-Gruppe vom 16. August 2016