Handwerk muss mehr fürs Image seiner Berufe tun

Augenoptiker mit Azubi
Schwindendes Interesse trotz steigender Umsätze: Das deutsche Handwerk bekommt Probleme, Auszubildende zu finden.
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Cool, cooler, Kühlschrankbauer? Ganz so einfach ist es mit dem Image von Handwerksberufen leider nicht. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) veröffentlichte eine Studie*, in der Jugendliche zur Attraktivität einer Ausbildung im Handwerk befragt wurden. Dabei trat ein gravierendes Imageproblem des Handwerks zutage: Für Jugendliche ist heutzutage neben dem Wunsch nach einer abwechslungsreichen Tätigkeit bei der Jobwahl entscheidend, ob der gewählte Beruf ihnen „zu einer anerkannten sozialen Identität verhelfen“ kann. Gesellschaftlicher Status, positives Image bei Freunden – ob Handwerksjobs ihnen das verschaffen können, daran haben Jugendliche laut der Studie „gravierende Zweifel“.

Handwerksaffiner sind übrigens Jugendliche, bei denen Vater und /  oder Mutter selbst eine Handwerksausbildung haben. Aber selbst diese Schüler schätzen Ansehen und zu-dem Aufstiegs- oder Gehaltschancen im Handwerk als eher mäßig ein. Allen Werbe-, Image- und sonstigen Kampagnen zum Trotz wissen Jugendliche offenbar immer noch wenig über die verschiedenen Ausbildungsberufe und ihre Möglichkeiten. Da schneidet die Augenoptik übrigens unterdurchschnittlich ab, nur 33 Prozent der Befragten gaben in der Studie an, den Beruf des Augenoptikers „einigermaßen zu kennen“, im Schnitt aller abgefragten Berufe waren es 41 Prozent. Vorsicht, warnen die Macher der Studie: „Je geringer die Kenntnis, desto geringer ist die Anziehungskraft, die vom Beruf ausgeht.“

Vor diesem Hintergrund erscheinen den Autoren der Studie berufsorientierende Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität von Handwerksberufen zwar dringend erforderlich, aber alleine nicht aus-reichend. Vielmehr müssten sie flankiert werden von „identitätspsychologischen Maßnahmen“, die das soziale Umfeld der Jugendlichen einbeziehen. Dieses Umfeld wirke nämlich wie ein Spiegel, in dem die Jungen und Mädchen die Richtigkeit ihrer beruflichen Entscheidung reflektieren. Die konkreten Vorschläge der Forscher hier alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Eine Idee sei jedoch beispielhaft vorgestellt – das Azubi- Ticket. Klingt banal, ist es aber nicht: Analog zum Semesterticket konzipiert, würde es in diesem Bereich das Ansehen von Azubis aufwerten und auf eine Stufe mit Studenten heben. Ganz zu schweigen davon, dass die Mobilität der Lehrlinge hin zum Arbeitsplatz erhöht würde.

Dass Handwerksmeister so viel wert sind wie Herzchirurgen, muss der zum Abi und zum Studium drängenden Gesellschaft also nach Ansicht des BiBBs mit griffigeren Methoden als den bisher angewendeten gelernt werden. Damit Augenoptiker wie Kühlschrankbauer (der natürlich in Wirklichkeit „Anlagenmechaniker Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik“ heißt) Berufe sind, die Jugendliche einfach „cool“ finden.

BiBB-StudieBibb-Studie

Jugendliche und Fachleute schätzen die Merkmale des Berufs „Augenoptiker“ teils sehr unterschiedlich ein - erstere meist negativer als die Experten (rote Differenzen). Aufgeführt sind die Mittelwerte auf einer Skala zwischen 0 („trifft überhaupt nicht zu“ bzw. „kommt nie vor“) und 100 („trifft voll und ganz zu“ bzw. „kommt sehr häufig vor“). Quellen: Schülerbefragung im Handwerkskammerbezirk der Pfalz; eigene Berechnungen des BiBB


* BiBB-Report 5|2018; kostenlos zum Download verfügbar 

Autor: Tom Theilig