Erfahrungsbericht

Wann bin ich bereit für Spezialfälle?

Wann bin ich bereit für neue Themen? Erst wenn alle Fortbildungen zum Thema besucht wurden? Oder lohnt es sich in bestimmten Fällen einfach loszulegen? Pauschal lassen sich all diese Fragen nicht beantworten. Und auch Fachautorin Lena Hoffmann maßt es sich nicht an, diese Fragen vollends zu klären. Und doch versucht sie in diesem Artikel Druck zu nehmen und Mut zu machen, bei gewissen Themen wie dem Myopie-Management zumindest einmal den ersten Schritt zu wagen.
Mädchen rote Brille

Mit der roten Brille nahm das improvisierte Myopie-Management seinen Anfang. Mittlerweile trägt das Mädchen erfolgreich seine Ortho-K-Linsen.

© Adobe Stock / Syda Productions

Erstveröffentlichung in der DOZ 06|2024.

Bin ich schon gut genug? Mit dieser Frage beschäftigt sich wohl jeder Mensch, der sich in irgendeine Richtung spezialisieren möchte. Egal ob Kontaktlinse, Funktionaloptometrie oder Screening, es erscheint oft schwierig, den richtigen Zeitpunkt zu wählen, wann man bereit ist, die ersten Kundinnen und Kunden zu versorgen. Ich selbst stand in den vergangenen zehn Jahren immer wieder vor genau dieser Herausforderung. Nicht selten zweifelte ich im Nachgang an meinen Fähig­keiten und fragte mich bei neuen Themen: „Habe ich jetzt auch alles richtig gemacht?“. Mein Zwischenfazit für Sie vorweg: Nein, ich habe so einige Fehler gemacht, und trotzdem war das Endergebnis nie ein Fehlschlag. Und genau das macht mir Mut, mir immer wieder Neues zuzutrauen.

In diesem Zusammenhang ist mir besonders ein Fall im Gedächtnis geblieben, der bereits neun Jahre zurückliegt. Damals kam ich frisch von der Meisterschule − viel Wissen im Kopf aber noch wenig von der Wirklichkeit gesehen. Eine überaus spannende Zeit. Genau zu diesem Zeitpunkt betrat eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter (fünf Jahre) das Fachgeschäft. Etwas unsicher offenbarte mir die Mutter die Verordnung der Augenärztin. Trotz des jungen Alters des Kindes lag bereits eine signifikante Kurzsichtigkeit vor (Tabelle 1, Zeile 1). Wie als Augenoptikerin üblich, ging ich in das Beratungsgespräch über und wollte die beiden gerade in unsere Etage mit Kinderbrillen führen, als die Mutter plötzlich in Tränen ausbrach. Sie entschuldigte sich, sie habe wirklich nicht gemerkt, dass ihre Tochter schlecht gesehen haben muss. Ich war verdutzt und versicherte ihr sofort, dass ich ihr das in keinerlei Weise unterstellen würde. Daraufhin setzten wir uns erst einmal mit einer Tasse Tee hin und sie berichtete mir von ihren Erfahrungen der letzten Tage.

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