Wirtschaftszahlen und sonst auch nur wenig Neues
Die braucht es allerdings gar nicht zwangsläufig, denn erstens liegen manche Themen auf der Hand und zweitens hat der ZVA einige Zahlen und Ergebnisse schon bei der Mitgliederversammlung im März verraten. Natürlich spielte bei der ZVA-Pressekonferenz das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) eine Hauptrolle, das am 11. April in Kraft getreten ist und erwachsene Fehlsichtige mit einer Kurz- oder Weitsichtigkeit von mehr als sechs Dioptrien beziehungsweise einer Hornhautverkrümmung von mehr als vier Dioptrien wieder Brillengläser zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten lässt. Die gesetzliche Neuregelung zur Sehhilfenversorgung, die laut ZVA nach ihrem Inkrafttreten für massive Unklarheiten sorgt, bewegt dabei nicht nur die Innungsmitglieder. Der ZVA arbeitet mit Hochdruck und meistens im Verborgenen daran, praktikable Lösungen zu finden. Im Verborgenen, weil unter anderem in der Öffentlichkeit natürlich nicht der Eindruck entstehen sollte, die Augenoptiker wehrten sich in irgendeiner Weise gegen eine Ausweitung der Krankenkassenleistungen.
HHVG mit Unklarheiten zur konkreten Umsetzung
Das tun sie nicht, aber das neue Gesetz bringe dennoch nach Verbandsmeinung einige Unklarheiten zur konkreten Umsetzung mit sich. In der Pressemitteilung zur Konferenz heißt es: „So bedarf die veraltete Produktgruppe des Hilfsmittelverzeichnisses, in der die Festbeträge für Sehhilfen festgelegt sind, einer dringenden Überarbeitung.“ Und auch die „irreführende Formulierung einer notwendigen (ärztlichen) Verordnung“ nimmt der ZVA auf und zum Anlass, die Ineffizienz des Gesetztes zu bemängeln. ZVA-Präsident Thomas Truckenbrod erklärt, warum: „Hiermit würden Berufspraktiken beschnitten, die längst etabliert sind und auch von den Verbrauchern überaus geschätzt werden. Wenn zudem jeder gesetzlich Versicherte, der die Voraussetzungen erfüllt, erst zum Augenarzt muss, um ein Brillenrezept zu erhalten, so führt das zu noch längeren Wartezeiten in den Praxen und höheren Kosten für die Krankenkassen.“
Günther Fielmann ist auch durch seinen Nulltarif zu dem geworden, was er heute ist. Während bei der ZVA-Veranstaltung traditionell die Fachpresse zu Gast ist und jeder fachfremde Journalist nur mit einer kaum vorstellbaren Anstrengung des ZVA-Presseteams irgendwie nach Düsseldorf zum Tagungsort gelockt werden muss, braucht aus dem Hause Fielmann nur die förmliche Einladung heraus zu gehen, damit sich die Wirtschaftsredaktionen diesen Termin verbindlich in ihren Redaktionskalender eintragen. Der Verband arbeitet im Hintergrund, er veröffentlicht Zahlen und Statistiken – zum Tragen kommen diese aber erst dann, wenn Fielmann sie ins Bild setzt, in sein Bild! Auch die Meinung Günther Fielmanns zum HHVG wird jene sein, die in den nicht augenoptischen Zeitungen und Onlinekanälen wiedergegeben wird.
Wenn der Firmenchef denn überhaupt danach gefragt wurde, meist interessiert die Medienleute neben den Zahlen nur noch, wie lange der 77-Jährige denn noch am Ruder stehen bleiben und wann der Onlineshop Fielmanns endlich live geschaltet wird. Beide Antworten sind bekannt: Mindestens noch drei Jahre soll der Gründer an heutiger Stelle seinen Sohn Marc weiter für die Nachfolge anlernen, und einen Shop wird es solange nicht geben, so lange es technisch nicht möglich ist, die oben genannte Optiker-Qualität zu garantieren.
Fielmann und Filialisten gelten als Gewinner
Die vom ZVA genannten aktuellen Wirtschaftszahlen lassen Fielmann und die anderen Filialisten davon abgesehen weiter als Gewinner der Branche gelten: Das vergangene Jahr ließe indes für die gesamte augenoptische Branche wieder eine positive Entwicklung erkennen, wie der ZVA es anhand seines Branchenberichtes 2016/17 erklärt. Die wesentlichen Zahlen daraus lesen sich wie folgt: Der Gesamtumsatz inklusive Online-Handel ist um 2,1 Prozent gestiegen und lag 2016 bei 5,94 Milliarden Euro inklusive Mehrwertsteuer. Ohne Online-Handel haben die stationären Fachgeschäfte 5,7 Milliarden Euro umgesetzt. An der Zusammensetzung der Branche hat sich in den vergangenen Jahren kaum etwas geändert: Auch 2016 wuchsen die großen Filialisten nicht nur in punkto Anzahl der Niederlassungen. Ihr Umsatz stieg zudem um durchschnittlich 3,6 Prozent, während die mittelständischen Betriebe ein Umsatzwachstum von nur durchschnittlich 0,2 Prozent verzeichneten. Folglich wiesen die zehn größten Filialbetriebe einen Anteil von 45,1 Prozent am Branchenumsatz auf.
Insgesamt wurden 12,6 Millionen Korrektionsbrillen verkauft, was einem Wachstum von 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Allein der stationäre Handel verkaufte davon 11,9 Millionen Brillen. Der Online-Handel wuchs zwar weiter, jedoch nur noch um zehn Prozent bei Umsatz und Stückzahl verkaufter Brillen und damit deutlich langsamer als in den Vorjahren. Die Brillenoptik bildete nach wie vor den Hauptumsatzträger der stationären Betriebe mit 82,4 Prozent. Gut zehn Prozent entfielen auf Vergrößernde Sehhilfen, Sonnenbrillen ohne Korrektion und sonstige Handelswaren, darunter auch Hörgeräte.
Kontaktlinsenumsatz sinkt weiter
Bemerkenswert ist die Entwicklung beim Verkauf von Kontaktlinsen und Pflegemitteln, denn hier macht sich offensichtlich weiter zunehmend der Onlinehandel, aber laut ZVA auch die Konkurrenz durch fachfremde Verkaufskanäle wie Drogeriemärkte bemerkbar. Nur noch 7,4 Prozent des Umsatzes der stationären Branche generierte der Verkauf von Kontaktlinsen und Pflegemitteln, insgesamt bedeutet dies erneut einen Rückgang von 3,2 Prozent. Dass außerhalb der augenoptischen Betriebe dabei vor allem Pflegemittel oder auch weiche Kontaktlinsen mit kurzen Trage-Intervallen und in niedrigen Stärken verkauft würden, mag eine für den ZVA und dessen Mitglieder zwar logische Erklärung sein, ein Trost ist das aber mitnichten. Vielmehr eine Herausforderung und für den Verband eine Entwicklung, die er kritisch sieht, da Kontaktlinsen erklärungsbedürftige Produkte seien, deren Anpassung und Beratung zur Handhabung in fachlich kompetente Hände gehöre.
Es mag übertrieben wirken, trifft aber vermutlich des Pudels Kern: Wenn Fielmann sich zum Thema Kontaktlinse einmal genauso klar äußern würde wie zum Thema
Onlinehandel, dann könnten die richtigen kritischen Anmerkungen des Verbandes auch das Interesse beziehungsweise erst einmal das Gehör der Verbraucher finden. Allerdings werden in Hamburg zur Kontaktlinse nicht alleine wegen der Fielmann eigenen Online-Applikation zum Nachkauf der Linsen moderatere Töne angeschlagen, diesbezüglich gelten in Hinsicht der aufrecht zu erhaltenden Optiker-Qualität möglicherweise andere Maßstäbe.
ZVA rät: Profilieren durch Weiterbildung und Spezialisierung
Da aber auch das nichts wirklich Neues ist, muss der ZVA auch in diesem Jahr wieder bei seiner Pressekonferenz hoffen, zumindest die Fachjournalisten dazu zu
bewegen, die Augenoptiker zum Handeln aufzurufen; besser gesagt, den Aufruf des ZVA weiter zu reichen. Denn, gegenüber fachfremden Vertriebskanälen wie Drogeriemärkten und dem Online-Handel habe der stationäre Augenoptiker einen klaren Vorteil, meint Truckenbrod: „Als Fachleute für gutes Sehen können Augenoptiker mit ihren Kernkompetenzen und zahlreichen Services punkten. Nicht umsonst verfügen sie über eine fundierte Ausbildung und hohe Beratungskompetenz. Viele Augenoptiker nutzen Spezialisierungsangebote, um sich zu profilieren – zum Beispiel mit Sportoptik, Vergrößernden Sehhilfen oder Kontaktlinsen. Augenoptiker mit der Zusatzqualifikation als Optometrist können darüber hinaus spezielle Screenings durchführen und weitere Services anbieten.“
So ähnelten sich die Themen der ZVA-Pressekonferenz jenen aus der Vergangenheit, mit Ausnahme der ZVA-Stellungnahme zum HHVG. Auch die präsentierten Zahlen und noch mehr die angesprochenen Entwicklungen kamen den aufmerksamen Zuhörern bekannt vor. Jeder Augenoptiker und Optometrist muss für sich entscheiden, ob das eine gute oder doch wohl eher eine schlechte Nachricht ist. Fielmann machte schon in der Einladung deutlich, was er vermitteln werde, es spricht für den Marktführer, dass auch darin keine Neuigkeit zu erkennen war. „Fielmann steigerte im Geschäftsjahr 2016 Absatz, Umsatz und Gewinn. Für 2017 erwartet Fielmann eine Ausweitung seiner Marktanteile.“
Der Text von Ingo Rütten stammt aus der DOZ-Ausgabe 05|2017