Die DOZ auf der Messe für schöne Brillen in Zürich
Am 15. und 16. September lud die Hall of Frames Augenoptiker aus der DACH-Region in den Papiersaal Folium in die Zürcher Sihlcity ein. In der ehemaligen Papierfabrik stellten über 40 Brands Neuheiten aus ihren Kollektionen vor. Zu sehen war filigranes, minimalistisches Brillendesign neben Retro-Chic, Materialklassiker wie Acetat und Titan, neuesten Materialkombinationen und zeitgemäßen Designs in 3D, einschließlich maßgefertigter Fassungen auf der Basis von 3D-Scans. Am Ende des Artikels präsentieren wir Eindrücke der Messe sowie Brillen-Neuheiten in einer Bildergalerie.
Inmitten moderner Stadtarchitektur hat das alte Backsteingebäude, das an ein ganzes Jahrhundert erfolgreicher, mechanischer Papierproduktion in der Schweiz erinnert, seinen ureigenen Charme. Im ersten Stock mit typischem Loftcharakter, ohne jeglichen dekorativen Schnickschnack, stehen ordentlich aufgereiht die Ausstellungstische vor rauen Betonputzwänden. Durch die großen Fensterflächen leuchtet an diesem Sonntag Mitte September das Sonnenlicht herein. Ein Stockwerk höher wird es heimeliger, sind Betonpfeiler und Stoffvorhänge im selben Farbton gehalten, einem tiefen Burgunderrot. Die Wandmalereien und Fensterbilder stammen noch aus der Zeit, als das Gebäude von den Dadaisten besetzt wurde.
Am langen Bartresen gönnen sich Besucher einen Prosecco. Der Raum versprüht das Flair eines Living Rooms, hat Atmosphäre. Die ist auf der Hall of Frames, diesem Mikrokosmos der Eyewear zwischen etablierten Brands und Newcomern, entspannt und lässig. Viele Aussteller und Augenoptiker kennen sich persönlich. Nathanaël Wenger, Mitbegründer und Organisator der Züricher Hall of Frames hebt mehrfach seine Hand zum Gruß, während wir unser Interview führen.
DOZ: Nathanaël Wenger, dies ist die elfte Hall of Frames in Zürich. Was hat Sie damals bewogen, neben den schon bestehenden Messen eine weitere ins Leben zu rufen?
Wenger: Anfangs haben wir die Messe zu dritt organisiert, damals in angemieteten Hotelräumen. Mit dem Umzug in eine ansprechendere Location wollten wir die Messe auch professioneller gestalten. Schon bald kam der Wunsch von Außendienstlern aus Deutschland, dasselbe Format auch in Stuttgart zu organisieren. Dies taten wir fünf Jahre lang ziemlich erfolgreich, die süddeutschen Augenoptiker nahmen das Angebot einer regionalen Messe recht gut an. Nach fünf Jahren im Meilenwerk haben wir dann die Location gewechselt, aber den Umzug in das Stadtzentrum haben unsere Besucher leider nicht mitgemacht. Wir haben auch drei Jahre lang versucht die Brillenmesse in Köln aufzubauen, leider hat sich das Konzept dort nicht durchgesetzt. Gründe hierfür könnten der Standort sein. Aber auch, dass der Kölner Raum sehr gut über den Außendienst der Hersteller abgedeckt ist und kein wirklicher Bedarf bestand.
DOZ: Fokussieren Sie sich jetzt ganz auf die Messe in Zürich, oder bleibt eine Brillenmesse in Deutschland eine Option?
Wenger: Sollte der Wunsch von Augenoptikern und Außendienstlern aus Deutschland nach einer regionalen Brillenmesse wieder geäußert werden, können wir uns das gut vorstellen. Um aber eine Messe im Herbst 2020 auf die Beine zu stellen, bräuchten wir etwas Vorlaufzeit – alle Interessierten sollten sich also bis Ende dieses Jahr bei uns melden.
Zürich ist, natürlich, ein Heimspiel, zumal es keine andere Messe in der Schweiz gibt. Von Schweizer Augenoptikern, die vom Geschäftskonzept her ohnehin stärker auf unabhängige Brands setzen, wird sie in jedem Fall sehr gut aufgenommen. Sie schätzen das unkomplizierte Format, es gibt keine Berührungsängste. Alle Stände haben den gleichen Auftritt. Das gefällt Schweizern, die Präsentation nach dem Prinzip der “Egalität”, der Gleichheit – im Zentrum steht die Brille! Bei den großen Messen entscheidet über die Art der Präsentation oft mehr das Werbebudget, das den Aufwand bestimmt, der betrieben wird.
DOZ: Hat eine kleine, „schlanke“ Messe noch andere Vorteile?
Wenger: Ja, auch der ökologische Gedanke spielt eine Rolle. Das ist mir sehr wichtig. Abgesehen von etwas Papier produzieren wir hier praktisch keinen Abfall. Es gibt nicht einmal Tischdecken, die gewaschen werden müssten. Unsere Boxen, die Produktpräsenter, werden immer wieder verwendet. Und die Besucher können bequem mit der Bahn anreisen. Wir überlegen derzeit, die Messe im kommenden Jahr zertifizieren zu lassen. Ohne missionarischen Eifer, aber unsere Botschaft an die Augenoptiker ist, dass man Brillen auf einer Messe anschauen kann, ohne einen großen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen.
DOZ: Sie sehen also neben Opti, Silmo und Mido weiterhin eine Chance für Ihr Messekonzept?
Wenger: Natürlich! Gerade jetzt, mit den momentanen Marktveränderungen, wo die Großen immer größer werden, braucht es die kleinen aber feinen Formate. Nach meinem Gefühl werden diese sogar zunehmen und an Bedeutung gewinnen. Der unabhängige Augenoptiker wird sich neue Geschäftsoptionen erschließen müssen und sich vermehrt auf unabhängige Brillenbrands fokussieren. Die kleinen unabhängigen Brillenmessen in Norddeutschland, Holland, Italien, Frankreich, Dänemark und Belgien haben sich zumeist etabliert. Kleine Brillenmessen gibt es inzwischen sogar in den USA. Wir verstehen die Hall of Frames als Messe für unabhängiges Brillendesign, für Brillendesigner, die eine Kollektion, ein Brand noch wirklich prägen und die eine eigene Handschrift haben. Lizensierte Modelabel wird man hier in Zürich nicht finden.
DOZ: Was sind die wichtigsten Voraussetzungen für die Dauerhaftigkeit einer solchen Messe?
Wenger: Wie im stationären Handel ist die Frequenz entscheidend. Du brauchst eine gewisse Anzahl an guten Augenoptikern, die ein solches Angebot schätzen und nutzen, um sich inspirieren lassen. Die Qualität und Mischung der Aussteller ist ein wichtiges Kriterium. Wir sind in der glücklichen Lage, dass einige der besten und innovativsten Brillendesigner uns schon seit Jahren begleiten. Sie mobilisieren das Publikum und prägen den unabhängigen Brillenmarkt. Auch die Newcomer spielen eine wichtige Rolle. Sie dürfen überraschen und neue Impulse geben. Ich bin auch etwas stolz darauf, dass fast alle Schweizer Brillenmacher an der Hall of Frames ausstellen.
DOZ: Die Hall of Frames fand das erste Mal vor der Silmo statt. Ist denn der Zeitpunkt günstig?
Wenger: Ja, ich kann bereits sagen, dass sich dieser Schritt bewährt hat. Praktisch alle Aussteller haben die Herbstneuheiten bereits im Koffer. Dazu kommt, dass viele Augenoptiker nicht mehr nach Paris fahren. Vielleicht wegen der gefühlten Unsicherheit und nicht zuletzt aufgrund der häufigen Streiks während der Messetage, vor allem der Pariser Metro. Auch Mailand hat mit dem Zeitpunkt im Februar deutlich an Attraktivität für Schweizer Augenoptiker eingebüßt. Die Opti in München bleibt die wichtigste Messe für die Schweizer, wobei der Wechsel alle zwei Jahre nach Stuttgart in meinen Augen sehr riskant ist.
DOZ: Was ist aus dem Rahmenprogramm geworden, das die Hall of Frames sonst angeboten hat?
Wenger: Da sind wir eher ernüchtert. Augenoptiker kommen hierher, um Brillen zu sehen. Messen sind nicht unbedingt der geeignete Ort für eine fachliche Weiterbildung. Obwohl wir von den Referenten und den Inhalten her eigentlich Interesse erwarteten, denn es waren gute und relevante Themen. Grundsätzlich hätten wir der Messe gerne noch eine andere Dimension gegeben – aber vielleicht holen sich Augenoptiker/innen einfach woanders neue Impulse.
DOZ: Zum Abschluss, welche Trends sehen Sie derzeit im Vormarsch?
Wenger: Wir haben kürzlich einen eigenen Report erstellt und versucht für uns Trends anhand unserer Aussteller auszuloten und zu definieren. Das Fazit ist, es gibt keine vorherrschenden Trends mehr. Die Bandbreite in der Brillenindustrie ist extrem groß. Was wir feststellen können: Feinrandige Metallbrillen haben sich durchgesetzt. Die Trendsetter werden derzeit wieder etwas breitrandiger. Naturmaterialien haben es gerade schwerer, weil sie diese Feinrandigkeit nicht zulassen. 3D-Brillen sind nach wie vor sehr angesagt, gerade in Verbindung mit anderen Materialkombinationen und in der individualisierten Form über den 3D-Scan. Da wird noch viel geforscht. Aber ein wirklich eindeutiger Trend lässt sich nicht ausmachen.
Autorin: Angela Mrositzki