

SPEZIAL
DOZ
09 | 2017
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Durchblick bei Gleitsichtgläsern
Gleitsichtgläser – komplexe Meisterwerke der Technik: Refraktion, Herstellung
und Anpassung erfordern ein Höchstmaß an Sorgfalt, bereits kleinste Fehler kön
nen zu Abweichungen und Verschlechterungen der optischen Wirkung führen.
Hinzu kommen Berührungsängste des Kunden – und eine mitunter falsche, oft zu
hohe Erwartungshaltung. Doch woran liegt es im Detail, wenn ein Brillenträger
mit seiner Gleitsichtbrille unzufrieden ist – und was kann der stationäre Augen
optiker vorbeugend tun? Ein Überblick.
Trotz seiner Popularität herrscht beim
Thema Gleitsicht immer noch eine ge-
wisse Unsicherheit im Kopf des Verbrau-
chers: Dauert es lange, bis ich mich an
die Gleitsichtbrille gewöhnt habe? Wird
es Probleme beim Treppensteigen geben?
Was gilt in puncto Autofahren? Woran
liegt es, wenn ich mit dem Glas nicht zu-
rechtkomme – an der Brille oder an mir?
Auf diese Fragen sollte der Augenoptiker
gleich zu Beginn der Beratung eingehen.
Hierzu Johannes Hoffmann, Experte für
Gleitsichtgläser der Deutschen Augen-
optik AG: „Bei Bedarf, Interesse und Ver-
ständnis kann die aufwändige Technologie
anschaulich erwähnt bis konkret erklärt
werden, oder auch die Grenzen, die sich
dabei ergeben und wie sie sich auswir-
ken.“ Der Kunde sollte vorab informiert
werden, was seine neue Gleitsichtbrille im
Idealfall leistet – aber auch, dass es sein
kann, dass er sie nicht umgehend gut ver-
trägt. Ansonsten vermutet er womöglich
einen Defekt oder minderwertige Qualität.
Und das zu Unrecht. Problematisch wird
es, wenn im Verkauf und bei der Beratung
zu hohe Erwartungen geweckt und diese
eventuell noch mit einem sehr hohen Preis
untermauert werden. „Der Augenoptiker
muss dem Verbraucher vermitteln: Für
den wichtigsten deiner Sinne, das Sehen,
bin ich deine Vertrauensperson. Alles,
was ich dir empfehle, wird dich glücklich
machen, und alles, was ich verspreche,
das halte ich“, so Hoffmann. Für den
Brillenträger relevant ist das
zentrale Nutzungsver-
sprechen der Gleit-
sichtbrille, das in der Beratung gegeben
wird und ihn zum Kauf bewegt hat. Es gilt:
Der Brillenträger muss weder die Optik
noch die Technologie einer Gleitsicht-
brille verstehen, sondern nur deren Nut-
zen für sich selbst schätzen und den Preis
dafür als gerechtfertigt ansehen. Bestes
Argument hierfür: „Das große Plus an Le-
bensqualität, das eine gute Gleitsichtbrille
bringt. Das muss sehr anschaulich und
authentisch vermittelt werden. Es soll klar
sein, dass dieser Nutzen nur mit den um-
fassenden Leistungen des Augenoptikers
als Fachmann zu erreichen ist – und dass
das seinen Preis hat“, erklärt Hoffmann.
Technische Ursachen
für Reklamation
Reklamationen kosten den Augenoptiker
nicht nur Zeit und Geld, sie ziehen unter
Umständen auch das Kundenvertrauen in
Mitleidenschaft. Die häufigsten Ursachen
für eine Reklamation bei Gleitsichtglä-
sern finden sich in der Beratung,
der Refraktion oder der anato-
„Der Augenoptiker
muss dem Verbrau
cher vermitteln: Für den
wichtigsten deiner Sinne,
das Sehen, bin ich deine
Vertrauensperson.“
Gesunde Erwartungshaltung:
Wer weiß, welche Informationen
er dem Kunden in puncto Gleit-
sicht vermitteln muss, vermeidet
Frust und Unzufriedenheit.
(Foto:
istockphoto.com/w-ings)