Berner Kinderstube setzt auf Kinderbrillen, weil andere es nicht tun
Erstveröffentlicht in der DOZ 12I24
Boday Bulloni, der Firmenname klingt zunächst ungewöhnlich für ein augenoptisches Fachgeschäft. Doch „Nomen est Omen“. Ein Zeichen für die Berner Kundschaft, weshalb die Inhaber Matthias und Natascha Haener bei der Übernahme vor drei Jahren entschieden, den seit der Gründung 1975 eingeführten Unternehmensnamen (und gleichzeitig Familiennamen) ihrer Vorgänger beizubehalten. Haener und seine Frau sind ausgebildete Optometristen, seit 2018 war Haener bereits Geschäftsführer des in Bern bekannten Optikbetriebs. „Eine gute Entscheidung, denn jetzt gerade erleben wir eine Zeit, die herausfordernd und spannend ist. Im kommenden Jahr hat das Geschäft 50-jähriges Jubiläum – wir sind guter Dinge mit unserem sehr jungen, gut aufgestellten Team.“ Für das die Kinderbrille ein Segment ist, dem sie besondere Aufmerksamkeit widmen.
Matthias Haener, Sie sagen, Ihr Geschäft sei für kleine und große Kundinnen und Kunden „das verlängerte Wohnzimmer mitten in Bern“. Auch im Kinderbrillenbereich?
Unsere Idee war es, einen Ort zu schaffen, an dem man sich wohl- und gut aufgehoben fühlt. Wo gelingt das besser als im heimeligen Wohnzimmer? Die großen Fensterscheiben und kindgerechten Interieurfarben sorgen für eine warme, freundliche Atmosphäre. Für unsere kleinen Kunden haben wir auf gut 25 Quadratmetern eine separate, geschützte Ecke geschaffen, wo sie sich mit Kinderbüchern, Puzzles oder einem Bauernhof beschäftigen oder selbst kreativ werden können. Sie haben die Möglichkeit, Wände, Stühle und Tisch zu bemalen, ihre Namen an die Wand zu schreiben oder sich mit einer Zeichnung für kurze Zeit zu verewigen. Das kommt beim jungen Publikum sehr gut an. Am Abend können ihre kleinen Kunstwerke abgewaschen werden, am nächsten Tag ist wieder Platz für neue Zeichnungen.
„Viele Augenoptiker stehen dem Kinderbrillensegment skeptisch gegenüber. Deshalb sehen wir eine gute Chance, das Geschäftsfeld für uns zu besetzen.“
Für Augenoptiker Matthias Haener gilt es, die Kinderbrillen-Ecke immer wieder neu zu entdecken. „Im kommenden Jahr ist ein Umbau geplant, der der Präsentation der Kinderbrillen sehr viel Aufmerksamkeit widmen wird.“
Arbeiten Sie länger mit Herstellern und Marken zusammen oder testen Sie des Öfteren neue Kollektionen und wechseln die Brands?
Derzeit führen wir rund zwanzig Brillenkollektionen und Marken im Kinder- und Jugendsegment. Mit zahlreichen Anbietern arbeiten wir seit Jahren eng zusammen. Natürlich halten wir stets die Augen offen, um neue Produkte zu entdecken. Es gibt jedoch eher selten neue Hersteller, die von Beginn an die Qualität der langjährig bewährten und auf Kinderbrillen spezialisierten Hersteller erreichen. Etablierte Hersteller, wie beispielsweise Götti einer ist, haben die Kinderbrille mehrfach weiterentwickelt, aus Fehlern gelernt und diese korrigiert.
Die kreative Spielecke: Weiße, beschreib- und bemalbare Wände laden die Kinder zum Zeichnen, Schreiben oder einfach nur Kritzeln & Krakeln ein.
Wie schätzen Sie die derzeitige Breite und Tiefe des Angebots für Kinderbrillen ein?
Es gibt nach wie vor eine gute Auswahl an Kinderbrillen, man muss lediglich etwas mehr auf die Suche nach kleineren und oftmals (noch) unbekannten Herstellern gehen. Früher kamen oft zahlreiche Kinderbrillenmarken von ein und demselben Anbieter. Wir schauen uns kontinuierlich nach Unternehmen um, die gute Kinderbrillen machen. Wir gehen davon aus, dass dieses Segment zukünftig in etwa gleich bleiben oder nur minimal schrumpfen wird. Für das augenoptische Fachgeschäft sind Kinder- im Vergleich mit Erwachsenenbrillen zunächst weniger lukrativ. Einerseits wird erwartet, dass Kinderbrillen günstiger sind, gleichzeitig aber lange Haltbarkeit garantieren. Andererseits wird bei gleicher oder zumeist sogar längerer Beratungszeit durch das Fachpersonal ein viel geringerer Gewinn erzielt als beispielsweise beim Verkauf einer Gleitsichtbrille. Wir wissen aber, dass viele Eltern „alles“ für ihre Kinder tun und nur das Beste für sie möchten. Wenn sich die Kinder wohlfühlen, wird der zukünftige Gang zum Brillengeschäft zur Selbstverständlichkeit. So sind auch die Eltern, die ihre Kinder zum Optiker ihres Vertrauens begleiten, potenzielle Kunden.
Lichte Räume und kindgerechte Interieurfarben sorgen für eine warme, freundliche Atmosphäre auf gut 25 Quadratmetern in einer separaten, geschützten Ecke
Was lässt sich optimieren, um Kinder und Jugendliche gut mit einer Sehhilfe versorgen zu können?
Die finanzielle Belastung kann für Eltern, die für ein oder mehrere Kinder regelmäßig neue Brillen bezahlen müssen, sehr hoch sein. Zwar übernimmt die Krankenkasse einen Teil der Kosten, oft deckt das aber nicht den gesamten finanziellen Aufwand. Insbesondere nicht, wenn anspruchsvollere Korrekturen und Brillengläser notwendig sind. Ich kann mir deshalb vorstellen, dass viele Augenoptiker keinen Bedarf am Verkauf von Kinderbrillen sehen. Unsere Erfahrung ist, dass viel dazu gehört, es richtig zu machen. Viel Know-how, ausgewählte Kinderbrillenfassungen, angepasste Glaspreise, eine kindgerechte Spielecke, um die Kids bei Laune zu halten und sehr viel Einfühlungsvermögen bei der Beratung. Eine Kinderbrillenfassung am Lager bringt noch keine Kinderbrillenverkäufe, das wissen viele Augenoptiker.
Infobroschüren und Kinderbücher erklären spielerisch, worauf es ankommt, wenn die erste Brille erforderlich wird.
Und wie führen Sie Kinder und Eltern an die Brille heran?
In der Beratung nehmen wir uns viel Zeit, um Fragen und mögliche Ängste mit den Elern und den Kindern zu besprechen. Zusätzlich helfen Infobroschüren und Kinderbücher, die spielerisch erklären, worauf es ankommt, wenn die erste Brille erforderlich wird. Wir versuchen, auf jedes Kind und dessen individuelle Bedürfnisse einzugehen, fragen direkt, welche Vorstellung es von seiner neuen Brille hat. Generell lässt sich sagen, dass die Akzeptanz der Kinder für eine Brille heute größer ist als früher, da ist definitiv sehr viel passiert. Es gibt ästhetischere Lösungen und passendere Fassungen als noch vor einigen Jahren.
„Durch die blaue Türe in den Brillenhimmel an der Schwanengasse 6“, heißt Boday Bulloni Kundinnen und Kunden willkommen im „augenoptischen Wohnzimmer mitten im Zentrum in Bern.“
Sind Kinder an Marken interessiert?
Die meisten Kinder interessieren sich nicht für eine bestimmte Marke, für sie zählt Form, Farbe und Art der Brille. Bei der Frage nach einer Marke geht der Blick sofort zu den Eltern, die sich oft mit einer Marke identifizieren. Hier entsteht immer ein schmaler Grat zwischen der fachlichen Empfehlung was dem Kind passt, was das Kind selbst möchte und was sich die Eltern vorstellen. Im besten Fall stimmen alle drei Meinungen überein. Nicht selten wollen die Eltern aber etwas ganz anderes als das Kind. Hier gilt es, mit viel Fingerspitzengefühl und gezielten Argumenten die Vor- oder Nachteile zu begründen.