Europa: Corona-Maßnahmen in Portugal
Die Corona-Pandemie betrifft längst Unternehmen aller Länder - nicht zuletzt auch portugiesische Firmen. Die DOZ hat bei den Kollegen aus Portugal nachgefragt, wie die Situation der Augenoptik-Betriebe vor Ort aussieht und welche Maßnahmen bereits ergriffen wurden. Patricia Vieites, CEO von LookVision Portugal, schildert die aktuelle Lage vor Ort.
DOZ: Welche Maßnahmen wurden für die Augenoptik-Branche in Portugal festgelegt? Gibt es eine einheitliche Vorschrift, ob und welche Augenoptik-Betriebe geöffnet bleiben dürfen?
Patricia Vieite: In Portugal gab es zwei Stufen von Maßnahmen. Zuerst wurde am 13. März der Alarmzustand eingeführt, welcher die Menschen dazu aufrief, zu Hause zu bleiben und sich sozial voneinander zu distanzieren. Der Großteil der Augenoptik-Betriebe begann sofort mit der Einführung von Notfallmaßnahmen, wie kürzere Öffnungszeiten, weniger Personen in den Geschäften und manche schlossen freiwillig.
Am 19. März wurde dann der nationale Notstand ausgerufen, sodass der gesamten Bevölkerung befohlen wurde, zu Hause zu bleiben. Die einzigen Geschäfte, welchen es erlaubt war zu öffnen, waren jene mit Produkten der Grundversorgung und solche, die liefern konnten.
Augenoptik-Betriebe dürfen vom Gesetz aus geöffnet bleiben, weil sie als essentiell eingestuft werden. Was wir beobachten können ist, dass die meisten geschlossen haben oder vor allem auf Terminvereinbarungen setzen, den Onlineverkauf von Produkten verstärken (in manchen Fällen auch jetzt erst starten) oder auf den Verkauf via Telefon oder E-Mail umsteigen. Es wurde ein interessantes System von Privatpersonen aus einer Stadt aus dem Norden Portugals, aus Guimarães, erfunden, das einen Terminplan für Dienstleister erstellt. Das bedeutet, dass sich die teilnehmenden Betriebe darauf geeinigt haben, wann ein Geschäft geöffnet hat, während alle anderen geschlossen haben und dass dieses Rotationssystem auch an Sonntagen abläuft. Sie waren die Einzigen, die dieses Konzept in Portugal erfunden haben.
Welche Maßnahmen kommen von Seiten des nationalen Augenoptikverbandes? Ist der “normale“ Verkauf von Brillen untersagt? Dürfen weiterhin Kontaktlinsenanpassungen durchgeführt werden?
Der einzige nationale Augenoptikverband in Portugal, Associacao Nacional dos opticos, hat folgende Richtlinien an seine Mitglieder weitergegeben: Die meisten Anliegen der Kunden sollen aus der Entfernung gelöst werden, Termine sollen nur in dringenden Fällen vergeben werden - wie zum Beispiel an medizinisches Personal, das an vorderster Front die COVID-19 Pandemie bekämpft, Lastwagenfahrer oder Menschen in wirklicher Not - und natürlich sollen die Vorschriften der Gesundheitsämter und der Regierung bezüglich Sicherheit, Hygiene und Distanzeinhaltung befolgt werden. Wenn möglich, soll man Produkte durch ein Fenster verkaufen oder darauf achten, dass sich in einer Niederlassung nur eine Person pro 25 Quadratmeter ("0,04 Personen pro Quadratmeter") aufhält.
Welche besonderen Schutzmaßnahmen müssen von augenoptischen Fachgeschäften eingehalten werden?
Sie müssen Schutzkleidung wie Handschuhe und Atemschutzmasken tragen, alle Materialien vor und nach dem Kontakt mit Kunden desinfizieren und Abstand halten - das alles zusätzlich zu den bereits genannten Vorkehrungen. Natürlich fehlt es auch hier vor allem an Schutzkleidung, deshalb können die meisten Augenoptiker keine Kunden in ihren Räumlichkeiten empfangen, also müssen sie schließen und können die Kunden nur per Telefon oder E-Mail betreuen.
Sind die Betriebe von Brillen- oder Kontaktlinsenherstellern in Portugal geschlossen?
Alle Betriebe setzen ihre Produktion fort. Es wird mit weniger Personal und nach den Sicherheitsvorschriften des Staates und den Gesundheitsbehörden gearbeitet.
Was kommunizieren nationale Verbände, Institutionen und Unternehmen der Augenoptik-Branche zurzeit?
Die meisten von ihnen kommunizieren Maßnahmen, die den Kunden helfen sollen, mit der aktuellen Situation umzugehen.
Wie schätzen Sie die kurz- bis mittelfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie ein?
Es kommen schwere, sehr schwere Zeiten auf uns zu. Portugal hat sich immer noch nicht von der Wirtschaftskrise erholt, 2019 war das erste Jahr mit einer stabileren Wirtschaftslage. Und jetzt, mit geschlossenen Betrieben, Menschen die ihre Arbeitsplätze verlieren und einer wer weiß wie lang stillstehenden Wirtschaft, denke ich, wird es unglaublich schwer werden sich zu erholen. 2020 wird ein sehr hartes Jahr in wirtschaftlicher Hinsicht. Wir haben Dienstleister mit aktuell 70 Prozent Verlust. Und was die Unternehmer mit geschlossenen Betrieben und 100 Prozent Verlust angeht, wie sollen diese sich in kurzer Zeit von monatelang geschlossenen Standorten erholen?
Das Interview führte Angela Mrositzki.