Opti Box Award Gewinner: Wer sind Lars Brillen?
Stolz halten sie die Urkunde des „Opti Box Award” in die Höhe: Silvia Nadenbousch und Simon Krähenbühl, die frisch gekürten Co-Founder des Berner Start-ups. Ihre ganzheitliche Vision der Brille und ihres Unternehmens überzeugten die Fachjury.
Erstveröffentlicht in der DOZ 03|23
Sie seien zur Opti gereist, um die augenoptische Branche kennenzulernen. Von der Schweizer Hauptstadt, dem Standort des jungen Start-ups, nach München auf das „internationale Branchenparkett” sei es kein leichter, aber ein folgerichtiger Weg gewesen, fügt Nadenbousch an. Begonnen habe dieser mit ihrer eher zufälligen Begegnung, erzählt die studierte Betriebswirtschaftlerin: „Wir sind keine Sandkastenfreunde, sondern liefen uns vor drei Jahren an einer Start-up-Veranstaltung in Bern über den Weg. Simon hatte gerade sein Industriedesignstudium abgeschlossen und arbeitete an ersten Designentwürfen. Er suchte Unterstützung, um die Kollektion realisieren zu können.” Nadenbousch, die zuvor in der Marketingkommunikation sowohl auf Agentur- als auch auf Unternehmensseite tätig gewesen war, hatte zu der Zeit ihre Anstellung bei einem Konzern bereits gekündigt, „einfach so ins Blaue hinein! Obschon mir mein Job gefiel, war ich auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung.”
Jede Brillenfassung entsteht zu 100 Prozent in der Schweiz, designt wird in Bern, produziert im Appenzell in vier Produktionsschritten im 3D-Druck
Sie ist neugierig, begeisterungsfähig, eine, die einfach die Ärmel hochkrempelt, Dinge anpackt. Er, einst Leistungssportler, ausdauernd, akribisch, einer, der sich in Sachverhalte hineindenkt, sie verstehen möchte. In einem tickten sie ähnlich, sagen beide: „Wir sind Perfektionisten, was für eine junge Firma nicht immer förderlich ist. Oft ungeduldig, müssen wir uns dann eingestehen, dass ein Unternehmensaufbau ein Marathonlauf und kein 100-Meter-Sprint ist.” Auf den allerersten Metern mieteten sie sich in einem Start-up-Space in einer ehemaligen Kartonfabrik in Stettlen nahe Bern ein. „In unserem Büro mit nur rund 20 Quadratmetern haben wir eine Werkstatt, ein kleines Lager und zwei Arbeitsplätze eingerichtet.”
Eine Front, zwei Bügel, vier Stifte. Das Brillenkonzept von Lars Brillen ist einfach, klar und verständlich.
In ihren Kompetenzen ergänzten sie sich, teilten darüber hinaus dieselben Werte, Dinge im Leben, die beiden wichtig sind. „Darum haben wir uns vor gut anderthalb Jahren entschieden, unsere Firma Ileve Optics mit den beiden Marken Lars Brillen für Korrektur- und Sonnenbrillen sowie Ileve District für Sportbrillen zu gründen”, erzählt der gelernte Konstrukteur und Kunststofftechniker, der zuvor fünfzehn Jahre lang in der Produktentwicklung gearbeitet hatte. Für seine Masterarbeit zum Abschluss des Studiums in Industriedesign entwarf er seine ersten Fassungen, vor allem aber konstruierte er ein schraubenloses Clickin- Scharnier, dessen funktionale Einfachheit kaum zu überbieten sein dürfte. In seinen Brillendesigns, sagt Krähenbühl, steckten Jahre der Entwicklungsarbeit, unzählige Analysen anatomischer Daten und viel Leidenschaft. „Es liegt in der Natur eines Ingenieurs, Dinge zu ergründen und Probleme selbst zu lösen. Von der innovativen Scharnierlösung bis zur Datenanalyse für die Nasenauflage habe ich alles in meinem Studium erarbeitet. Anatomische Daten fand ich beispielsweise über die NASA. Von Partner-Optikern hören wir jedenfalls, dass sie selten eine so durchdachte und angenehme Nasenauflage gesehen haben, die ein Start-up erfunden hat.”
Klare Arbeitsaufteilung beim Duo
Inzwischen sind die Aufgaben klar verteilt: Er entwickelt und designt die Kollektionen, ist verantwortlich für die Produktion und die Qualitätskontrolle. Sie ist zuständig für das Branding und die Kommunikation. „Ich packe unsere Marke in Wort und Bild”, lächelt Nadenbousch. „Alle weiteren Tätigkeiten teilen wir untereinander auf, Verwaltung, Finanzen, IT usw. Unser neuer Mitarbeiter Christoph unterstützt uns im Vertrieb.”
Verbindet ihre Passion für die Brille: Silvia Nadenbousch und Simon Krähenbühl teilen ihr Verständnis von ehrlicher Wertschöpfung, von ganzheitlichem Unternehmertum, ihren Anspruch an nutzenstiftende Produkte.
Überzeugt von ihrem ganzheitlichen Ansatz, verstehen sie die Brille als Teil eines Kreislaufs – vom „Ursprung zum Ursprung”. In ihrer Marke steckte zu einhundert Prozent die Schweiz, die Brillenfassungen seien komplett in Bern designt und entwickelt. Hergestellt werden sie in Appenzell. „Ein detailliert festgelegter Fertigungsprozess sichert die Qualität.
Ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen ist ein entscheidender Grund, weshalb ich Produktentwickler und Industriedesigner geworden bin. So kann ich Produkte mitgestalten.
Jeder einzelne Schritt wird anhand definierter Kriterien überprüft. Finale Montage, Qualitätskontrolle und Versand erfolgen bei uns in Bern.” Die Bekenntnisse zum Produktionsstandort Schweiz, zu einem sorgsamen und zukunftsweisenden Umgang mit den Ressourcen durch die regionale und lokale Herstellung und Wertschöpfung, transparente Produktionsprozesse sowie langfristige Partnerschaften sind für die Berner keine leeren Versprechungen: „Sie sind Grundlage unseres Tuns.”
Nachhaltiges Engagement auch privat
Ihre Überzeugung reicht bis ins Privatleben hinein, betonen die Brillen-Newcomer. Sie fahre so oft wie möglich mit dem Rad zur Arbeit, konsumiere bewusst und versuche, Food Waste zu vermeiden. Ihn interessiere, was mit einem Produkt am Ende seines Lebenszyklus passiert. Wird es weggeworfen oder können die Materialien zurück in den Kreislauf geführt werden? „Privat habe ich kein Auto, nehme meist öffentliche Verkehrsmittel oder das Rennrad zum Büro und für Besuche der Kundinnen und Kunden. Ich versuche, nicht zu fliegen und unterstütze nachhaltig agierende Brands und lokale Unternehmen.”
Markant. Auffällig. Progressiv: Das Modell Walser gibt es in den Farben Graphitschwarz und Schiefer. Das schraubenlose, patentierte Click-in-Scharnier verbindet die Front mit den Bügeln und garantiert optimalen Tragekomfort.
„Winner 2023. Congratulations Lars Brillen!”. „Innovation“, „Design und Funktion“ sowie „Nachhaltigkeit“ gehörten zu den zentralen Kriterien, nach denen die internationale Fachjury die Labels bewertete. Silvia Nadenbousch: „Unsere Designs, der Materialeinsatz, sind bewusst auf das Wesentliche reduziert. Die Fassungen bestehen aus nur drei Teilen: einer Front, zwei Bügeln und vier Stiften. Ersatzteile können schnell ausgewechselt, die Brille einfach in ihre Bestandteile zerlegt und recycelt werden. Das macht sie langlebig und nachhaltig. Dank der ressourcensparenden und umweltschonenden Fertigungsverfahren wird nur so viel Material verwendet wie nötig.” Der 3D-Druck mache vieles möglich, denn er verbinde innovative Technologie mit präzisem Handwerk, ist das Start-up-Duo überzeugt. In der Gestaltung orientieren sie sich an den zehn Design-Thesen von Dieter Rams: Sie lassen alles Unnötige konsequent weg. Die Einfachheit mache ihre Brillen verständlich.
Die Frage nach neuen Rohmaterialien und Fertigungsverfahren begleitet uns ständig und ist Teil unserer Entwicklung.
Ob die Ästhetik, der Modeaspekt dabei zu kurz kommen? Simon Krähenbühl: „Funktion und Design sind kein Widerspruch, sie ergänzen einander. Dieter Rams hat es so ausgedrückt: ,Gutes Design ist ästhetisch‘. Es war sein Design-Prinzip Nr. 3! Eine Brille erfüllt einen wichtigen Zweck: Sie hilft uns, zu sehen und schützt unsere Augen. Dabei steht die Funktion, sprich Tragekomfort und sicherer Halt, im Vordergrund. Niemand will eine Brille im Gesicht tragen, die nicht angenehm sitzt, Abdrücke hinterlässt oder ständig von der Nase rutscht. Gleichzeitig ist eine Brille Ausdruck unserer Persönlichkeit, sie unterstreicht unseren Charakter. Unsere Modelle sind mal auffällig, mal schlicht. Dabei setzen wir auf zeitlose, minimalistische Designs und jagen keinen kurzlebigen Trends hinterher.”
Moderner Aviator-Look mit Doppelsteg: Das kreative Design der Brille Kaspar ist ein Musterbeispiel für extreme Leichtigkeit, Flexibilität bei geleichzeitiger Robustheit. Die Fassung ist in den Farben Graphitschwarz, Schiefer und Pecanbraun erhältlich.
In der Phase der Fassungsentwicklung sucht Simon Krähenbühl Ruhe und Abgeschiedenheit, zieht sich gerne ins Engadin zurück. „Die Entspannung in den Bergen hilft mir, die gesammelten Eindrücke kreativ umzusetzen. Im Winter habe ich die Langlaufski, im Sommer das Rennrad im Gepäck. Ich halte die Entwürfe in einem Skizzenbuch fest – die meisten Designs entstehen über eine längere Zeit im Kopf, andere in einer kreativen Phase mehr oder weniger spontan. Anschließend arbeite ich die Modelle im CAD aus. Für letzte Anpassungen stimme ich mich mit zwei Augenoptikern von der Brillerei in Bern ab, unserem Partneroptiker. Die beiden wissen genau, welche Modelle ankommen.” Der finale Entscheid falle jedoch erst, wenn sie die Prototypen in den Händen hielten. Erst dann gibt es das „Go!“ für eine neue, innovative Fassung Swiss Made in Bern.
Autorin: Angela Mrositzki