EU-Präsidentin von der Leyen kündigt an

PFAS-Verbot: EU will Ausnahmen zulassen

Diese Meldung dürfte gerade in der Industrie bei vielen für Beruhigung gesorgt haben: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Ausnahmen bezüglich des anvisierten generellen PFAS-Verbots angekündigt, sofern keine tragfähigen Alternativen zur Verfügung stehen.
KL Herstellung

Die Kontaktlinsen-Industrie darf wohl weiterhin Ewigkeits-Chemikalien zur Herstellung der Sehhilfen verwenden - das hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit ihren angekündigten Ausnahmen zumindest in Aussicht gestellt.

© Wöhlk Contactlinsen GmbH

5.600 Änderungsvorschläge mit einem Datenumfang von 1,6 Gigabyte – das war das Ergebnis der von März bis September 2023 durchgeführten Konsultationsphase nach dem angekündigten PFAS-Verbot (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen) durch die EU-Kommission. Unzählige Anträge also, die bei der europäischen Chemikalienagentur eingegangen waren. Darunter auch zahlreiche Schreiben aus der augenoptischen Industrie, vom Industrieverband Spectaris oder vom europäischen Kontaktlinsen-Herstellerverband EuromContact. Das Anliegen: Eine Ausnahmeregelung für die Produkte der augenoptischen Industrie zu erreichen. Nun machte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) allen Industriezweigen Hoffnung, bei denen der Einsatz der sogenannten Ewigkeits-Chemikalien derzeit alternativlos ist. In einem Brief an die EVP-Fraktion im EU-Parlament versicherte die Präsidentin, dass die Kommission Ausnahmeregelungen vorschlagen will, „die für den digitalen und ökologischen Wandel und die strategische Autonomie der EU erforderlich sind, solange keine tragfähigen Alternativen zur Verfügung stehen“.

Keine Bedenken für die menschliche Gesundheit

Das bedeutet, dass wohl auch in Zukunft bei Kontaktlinsen entsprechende Substanzen verwendet werden dürfen. Schon im August des letzten Jahres hatte die DOZ sich dem Thema angenommen. EuromContact hatte damals im Rahmen einer Datenerhebung bereits festgestellt, dass bei der Linsenherstellung nur drei PFAS zum Einsatz kommen – die allerdings essenziell und alternativlos sind. Diese würden eingesetzt, um die Oberfläche der Linsen wasser- und schmutzabweisend zu machen. Weiterhin können PFAS auch in Pflegemitteln enthalten sein, um die Reinigung und Desinfektion zu verbessern. Darüber hinaus machte der Industrieverband Spectaris bereits damals klar, dass Kontaktlinsen aufgrund der besonderen Prüfverfahren, denen sie als Medizinprodukte unterliegen, keine schädigende Wirkung auf den menschlichen Körper haben. Alle relevanten Sicherheits- und Leistungsanforderungen der EU-Gesetzgebung würden erfüllt. „Kontaktlinsen würden gar nicht erst auf den Markt kommen, wenn es Bedenken für die menschliche Gesundheit gegeben hätte“, hieß es von Seiten Spectaris. Zwar forschen Unternehmen wie Wöhlk Contactlinsen bereits seit längerem an einer möglichen fluorfreien Alternative für formstabile Kontaktlinsen – die ist derzeit aber noch nicht in Sicht. Bei Brillengläsern kommen PFAS insbesondere bei Beschichtungen zum Einsatz.
 

Horroszenario bleibt wohl aus

Froh über die Aussagen von der Leyens zeigte sich auch Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion. „Als Arzt weiß ich, dass Substanzen der PFAS-Gruppe gefährlich sind. Wir sollten sie Schritt für Schritt überall dort ersetzen, wo es Alternativen gibt. Aber in bestimmten Bereichen sind sie eben nicht ersetzbar und in vielen Fällen ist die Gefahr auch zu vernachlässigen. Deswegen freue ich mich sehr über die klare Aussage von Frau von der Leyen“, betont Liese (CDU).

Es scheint also, dass das befürchtete Horrorszenario – nicht nur in der Augenoptik – vorerst ausbleibt.