Interview mit CEO Zanardo

Thélios verfolgt ein klares Ziel: Exklusivität

Thélios ist Exklusivpartner für Konzeption, Herstellung und Distribution von Brillenkollektionen für Marken des Luxusgüterkonzerns LVMH. Darüber hinaus hat das Unternehmen mit Vuarnet und Barton Perreira bereits zwei Eyewear-Marken erworben. Thélios verfolgt klare Ziele. Das zeigt nicht zuletzt die jüngste Investition in Mykita. In einem exklusiven Interview erläutert Alessandro Zanardo, CEO von Thélios, die strategische Ausrichtung und die Herausforderungen im Eyewear-Segment.

Er leitet seit Januar 2022 die Geschicke bei Thélios : CEO Alessandro Zanardo. Davor war er rund zehn Jahre bei Luxottica beschäftigt. Er hat einen MBA in internationaler Wirtschaft von der SDA Bocconi University und einen Abschluss in Wirtschaft und Management.

© Thélios

Erstveröffentlicht in der DOZ 02I25

Eingebettet in die bergige Landschaft der italienischen Dolomiten liegt Longarone, die Heimat der „Manifattura“ von Thélios, das italienische Hauptquartier. Hier verschmelzen Handwerkskunst und moderne Technologie zu einer Welt von exklusiven Brillen. Die DOZ-Redaktion hatte im Spätsommer 2024 die Gelegenheit, diese außergewöhnliche Produktionsstätte zu besuchen und einen Blick hinter die Kulissen der Produktentwicklung und Produktion zu werfen, die als Teil des Luxus-Konzerns LVMH Maßstäbe in der Brillen industrie setzt. Wir konnten vor Ort unter anderem die modernsten Maschinentechnologien im Einsatz erleben, stießen auf ein Team aus Spezialisten, das allein für den Bereich Forschung und Entwicklung zuständig ist, konnten erfahren, wieviel Handarbeit vor Ort stattfindet und dass dort mit nahezu allen exklusiven Brillenmaterialien experimentiert wird.

In der 40.000 Quadratmeter großen Produktionsstätte arbeiten Designer, Ingenieure und Handwerksmeister Hand in Hand, um Fassungen zu erschaffen, die Ästhetik und Funktionalität vereinen. Jeder Schritt wird dabei von einem klaren Ziel geleitet: Brillen zu kreieren, die den unverwechselbaren Charakter jeder Marke widerspiegeln und unterstreichen. Mit elf renommierten LVMH-Brands, darunter Dior, Fendi, Celine und Loewe, sowie den Marken Barton Perreira und Vuarnet hat sich Thélios seit seiner Gründung im Jahr 2017 zu einem wichtigen internationalen Player im Premiumsegment entwickelt.

Interview mit CEO Alessandro Zanardo

DOZ: Thélios gehört als Brillenhersteller zum Luxusgüterkonzern LVMH. Welche Vorteile ergeben sich daraus für das Unternehmen insgesamt und für das Brillensegment der einzelnen Marken im Besonderen?
Zanardo: Ich sehe das weniger als Vorteil denn als Verantwortung. Unser Unternehmen wurde ursprünglich unter dem Namen Thélios gegründet und später um den Zusatz „LVMH Eyewear Excellence“ erweitert. Dies drückt unser Selbstverständnis aus, die Philosophie und die Werte von LVMH voll und ganz zu leben. Unser Portfolio besteht hauptsächlich aus Marken der Gruppe. Aber es gibt keine Verpflichtung: Die Modehäuser entscheiden unabhängig, ob sie mit uns zusammenarbeiten möchten – so wie wir unsere Partnerschaften selbst wählen. Diese Unabhängigkeit in den strategischen Entscheidungen ist ein zentraler Wert innerhalb der Gruppe. LVMH hat erkannt, dass Brillen ein wesentlicher Bestandteil der Markenstrategie sind. Wenn eine Kollektion vorgestellt wird, kommen Eyewear, Mode und Accessoires gleichzeitig in die Geschäfte. Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Brands auch in den Optikfachgeschäften gut repräsentiert werden und arbeiten eng mit unseren Partnern zusammen, um die Markenpräsenz zu stärken. Diese Zusammenarbeit macht unsere Rolle innerhalb von LVMH aus.

In den Dolomiten zu Hause: die „Manifattura“ von Thélios in Longarone

© Thélios

Welche Synergien kann Thélios nutzen? Und welche Freiheiten haben Sie im Brillengeschäft, vor allem beim Design?
Das Design einer Kollektion beginnt, sobald ein Modehaus entscheidet, dass Brillen eine strategische Rolle spielen und in das Gesamtkonzept der Marke integriert werden sollen. Dabei geht es nicht nur um das bloße Anbringen eines Logos, sondern um die Kreation als zentrales Element. Die Designteams der Modemarken arbeiten grundsätzlich eigenständig. Unsere Aufgabe ist es, sie zu beraten, technisches Wissen einzubringen und kreative Ideen in umsetzbare Modelle zu verwandeln. Jede Kollektion entsteht in Teamarbeit und muss die DNA der Marke widerspiegeln und zur Gesamtstrategie des Modehauses passen. Es geht weniger um „Freiheit“ als darum, flexibel auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Brands einzugehen.

Es liegt es auf der Hand, dass Thélios eine klare Positionierung in diesem sich schnell und ständig verändernden Markt anstrebt. Wie sehen Sie Ihre Positionierung im Wettbewerb speziell im Premium segment?
Wir konzentrieren uns insbesondere auf das Luxussegment. Das beeinflusst unsere Positionierung, unseren Vertrieb und unseren Referenzmarkt. Wenn Sie mich danach fragen, ob wir schnell eine bestimmte Größe erreichen wollen, lautet meine Antwort: Nein. Unser Wachstum basiert auf Qualität und der Übereinstimmung mit unseren Werten. Unser Ziel ist es nicht, einfach nur groß zu werden, sondern eine treibende Kraft in der Branche zu sein – für Veränderung und für die Wahrnehmung von Luxus. Wachstum ist für uns ein Ergebnis, nicht ein Ziel. Ein zu starkes Wachstum könnte dazu führen, dass wir Augenoptikerinnen und Augenoptikern keine Exklusivität mehr bieten können. Deshalb arbeiten wir mit dem Vertrieb selektiv und verfolgen kein Massenmarktmodell.

Die Marken der LVMH-Gruppe entscheiden selbst, welchen Raum sie dem Thema Brille geben. Die Kollektionen entstehen in Teamarbeit. Alles fängt beim Design an.

© Thélios

Sie haben es schon erwähnt: das Wort Luxus. Wenn man mit Menschen über Luxus spricht, wird er oft über den Preis definiert. Wie definieren Sie den Begriff?
Nicht jeder hat die gleiche Vorstellung von Luxus, das ist völlig klar. Wir definieren Luxus nicht nur über den Preis, sondern auch über den kreativen Gestaltungsprozess, die Liebe zum Detail bei einer Fassung, die Materialien sowie die Forschung und Entwicklung neuer Technologien und des Designs. Ein echtes Luxusprodukt kann nicht billig sein, wenn es nachhaltig sein soll, aber es ist nicht zwangsläufig unerschwinglich. Es bedeutet, etwas zu schaffen, das aufgrund seiner hochwertigen Materialien, seiner Herstellungsqualität, des Know-hows und der Erfahrung der Menschen, durch deren Hände jede Fassung geht, begehrenswert ist. Für Verbraucher kann es schwierig sein, Marken zu unterscheiden. Daher ist es wichtig, dass Augenoptiker ihren Kunden die Geschichte und vor allem den besonderen Markenwert und den wahren Wert des Produkts unabhängig vom Preis erklären und vermitteln können. Unsere Aufgabe ist es, den Partnern durch Schulungen, Materialien und visuelles Merchandising dafür die richtigen Werkzeuge an die Hand zu geben. Luxus fängt bei uns bei der Sonnenbrille an, aber wir sehen großes Potenzial im optischen Bereich.

Investition in Brillenlabel Mykita, das unabhängig bleibt

Das ist ein gutes Stichwort. Lassen Sie uns konkret auf den deutschen Markt blicken und über die Investition in Mykita sprechen, die im Herbst vergangenen Jahres für Aufsehen gesorgt hat.
Wir glauben, dass die Unterstützung unabhängiger Marken der gesamten Branche zugutekommt, und halten stets die Augen offen nach außergewöhnlichen High-End-Marken – wie Mykita. Das Brand überzeugt durch eine klare Vision und immer wieder durch ein innovatives Brillendesign. Unsere Minderheitsbeteiligung soll Mykita für die Zukunft finanziell stärken, das Unternehmen bei der weiteren Entwicklung unterstützen, wobei es unabhängig bleibt – und bleiben soll.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit dem augenoptischen Fachhandel aus?
Die Mehrheit unserer Kunden sind unabhängige Einzelhändler, aber wir arbeiten auch mit einigen Handelsketten zusammen. Dabei entscheiden wir uns immer filialspezifisch – nie für eine gesamte Kette. Unsere Philosophie basiert auf einem selektiven Vertriebsansatz, bei dem wir nur Partner auswählen, die unsere Werte und Standards teilen. Dieser selektive Ansatz führt dazu, dass wir uns auf einen bestimmten Teil des Optikmarkts konzentrieren und diesen mit größter Sorgfalt bearbeiten.

In der 40.000 Quadratmeter großen Produktionsstätte in Longarone arbeiten Designer, Ingenieure und Handwerksmeister Hand in Hand

© Thélios

Wie wichtig ist das Online-Geschäft im Vergleich?
Online ist genauso wichtig wie offline, deshalb setzen wir auch hier auf einen selektiven Vertrieb. Da das Internet ein Kanal mit großer Reichweite und Sichtbarkeit ist, achten wir besonders auf die Umsetzung auf den Websites. Entscheidend ist, dass die Marke als prestigeträchtig wahrgenommen wird und eine Konsistenz zwischen Online- und Offline-Präsenz besteht, da der Konsument nicht mehr zwischen den beiden Kanälen unterscheidet.

Wenn wir 20 Jahre und mehr zurückblicken,waren Brillenmodelle auf Modenschauen kaum präsent. Inzwischen hat sich das Bewusstsein in der Modebranche jedoch stark gewandelt.
Die Wahrnehmung der Brille hat sich in der Tat grundlegend verändert. Ein Beispiel dafür ist Celine, wo Eyewear eine zentrale Rolle bei Modenschauen und in Werbekampagnen spielt. Das Modehaus hat Brillen zu einer der Hauptkategorien seiner Markenwelt gemacht. Viele Modehäuser haben erkannt, dass sie nicht nur ein Produkt für Lizenznehmer sind, sondern eine strategische Kategorie, die die Wahrnehmung beeinflusst. Sie sind für viele Verbraucherinnen ein relativ erschwingliches Accessoire und oft der erste Kontakt mit einer Marke. Früher kaufte man gerade Sonnenbrillen nur alle paar Jahre, heute werden sie wie Schuhe oder Taschen häufiger gekauft und dem Stil oder der Stimmung angepasst. Dieser Trend zeigt sich unserer Erfahrung nach auch bei optischen Fassungen, die immer häufiger gewechselt werden. Eyewear ist zu einer schnell wachsenden Kategorie geworden.

Wie sehen Sie die kommenden Monate? Erwarten Sie gute Impulse von den internationalen Fachmessen?
Die aktuelle wirtschaftliche und politische Situation ist unsicher, da sich die Signale je nach Region schnell ändern. Die Mido als Weltmesse wird von diesen Entwicklungen beeinflusst. In Europa und insbesondere in Frankreich war das Jahr 2024 nicht nur wirtschaftlich schwierig. Es ist zu hoffen, dass sich die Lage bessert und positive Impulse kommen. Unsere Branche ist weniger anfällig für externe Fakto