Kindani: Natur trifft auf Design
Ikonisches Brillendesign: Das Elefantenbaby Kindani gibt seinen Namen für ein mutiges Brillenkonzept, bei dem jede Korrektionsfassung und Sonnenbrille zu einem exklusiven Unikat wird.
Erstveröffentlicht in der DOZ 02I24
Auf der Avantgarde-Brillenmesse DaTE vergangenen September in Florenz wurden wir auf die markanten Acetat-Fassungen des Brillenlabels Kindani aufmerksam. Die Brillen wie auch die Geschichte hinter Marke und Kollektion fallen aus dem üblichen Rahmen – beginnend beim Markenlogo, das die gezeichnete Silhouette eines Elefantenkopfes zeigt. Dieser Elefant mit Namen Kindani existiert tatsächlich, wie Co-Gründer und Designer Manuel Celentin erklärt. Er und sein Partner Paolo Zardini Lacedelli begrüßen mich am Firmensitz in Belluno. Im historischen Herzen der italienischen Brillenindustrie hat sich das Duo mit seinem Startup-Business niedergelassen – zwei Brancheninsider, die das Brillenhandwerk von der Pike auf kennen. Als Fassungsdesigner und Produktentwickler arbeiteten sie lange Jahre für ein Traditionsunternehmen im Cadoretal. Dort kreuzten sich ihre Wege – und die Ideen, wie Celentin weiter erzählt. Er selbst sei immer schon von der Leidenschaft für Brillen getrieben, habe sie in Funktion und Design eingehend studiert. „Auf den ersten Blick scheint es nicht so schwer, eine Fassung zu entwerfen, aber in Wahrheit sind ihre funktionalen Elemente nicht einfach in der Gestaltung umzusetzen. Die reine Ästhetik ist aus meiner Sicht eher eine persönliche Empfindung.“
Partner Paolo Zardini Lacedelli vertraut auf drei Jahrzehnte Know-how im Brillendesign: „Nach dem Besuch des Kunstgymnasiums in Venedig wollte ich antike Literatur studieren. Ich interessierte mich für präkolumbianische Städte, mit gerade mal fünf Jahren träumte ich davon, unter Inkas zu leben. Zuhause fertigte ich kleine Skulpturen, Köpfe und menschliche Körper aus Holz. Eines Tages war ein Stück Holz dabei, dessen Form einer Brille ähnelte. Ich habe es mit zwei Holzbügeln zu einer Fassung verbunden, die sogar tragbar war.“ Ein Freund der Familie, Besitzer einer Brillenherstellung, habe das seltsame Gestell zu sehen bekommen. „Es gefiel ihm! Deshalb bat er mich, Brillen für ihn zu entwerfen. Ich verbrachte einige Monate bei ihm in der Produktion und lernte Zeichnungen und Prototypen anzufertigen, denn damals gab es keine Computer, wir zeichneten noch von Hand.“ Für Zardini Lacedelli wird der Zufallsjob zum Startschuss für seine Zukunft als Brillendesigner. Er entwirft unter anderem Modelle für die Traditionsmarke Lozza, gewinnt erste Designpreise und erweitert nach und nach sein Tätigkeitsfeld um die Bereiche Marketing und Werbung. „Meine Kenntnisse über unsere Brillenkultur reichen von klassischen Modelabeln bis zu hochwertigen Luxusmarken, dabei habe ich mich immer auf die Ästhetik, die Sorgfalt und die Qualität der Produkte konzentriert.“
In den Händen erfahrener Brillenhandwerker entstehen Modelle, bei denen kein Detail unbedeutend ist.
Elefantenbaby Kindani wird zum Markennamen
Ihr Blick über den Tellerrand brachte sie 2022 zum Schritt in die Selbstständigkeit, oder wie Celentin es erklärt: „Innovation kommt aus anderen Welten und um die Innovation im Brillendesign voranzubringen, muss man sich andere Bereiche ansehen.“ Sie hätten schon immer den Wunsch gehegt, eine eigene Linie zu kreieren, betont Zardini Lacedelli. Aus dieser „anderen Welt“ stammt auch ihre Idee zur Kollektion und Marke – dank einer Pasion Zardini Lacedellis, der sich für Elefanten begeistert. „Der Elefant ist mein Symbol, ich habe über zweitausend Sammlerstücke. 2022 wurde mir über den Sheldrick Wildlife Trust in Kenia die Adoption des Elefantenwaisenkinds Kindani geschenkt. Uns gefiel die Symbolik dieses größten an Land lebendes Tieres der Erde, seine Stärke und Kraft. Der Elefant wird mit Weisheit, Glück und Frieden in Verbindung gebracht, ihm wird ein gütiger Charakter nachgesagt.“ Unweigerlich wurde das Elefantenbaby zum Markennamen und Kindanis Silhouette, die Kopfform, Ohren und der Rüssel zum stilisierten Markensymbol.
Das Besondere liegt im Inneren der Fassungen aus Bio-Acetat: Blätter, Blüten, Trockenfrüchte und Stoffe pflanzlichen Ursprungs werden eingearbeitet. Die Kollektion umfasst derzeit 16 Damenmodelle für Korrektion und Sonnenbrillen. Erste Herrenfassungen erscheinen zur Mido, darunter auch Unisex-Formen.
Auch das ikonische Design der Fassungen ist von der Kopfform inspiriert. Das Label Kindani sei zutiefst mit der Natur verbunden, erklärt Celentin. So spendet das Unternehmen einen Teil der Verkaufserlöse an den Sheldrick Wildlife Trust, der sich für den Schutz von Natur, Umwelt und Tierwelt engagiere. „Kindani ist jetzt fünf Jahre alt, doch unser Wunsch ist es, in Zukunft weitere Elefantenbabys zu adoptieren.“
Celentin und Zardini Lacedelli zeigen aktuelle Materialexperimente. Deutlich wird: Sie teilen eine Vision des Brillendesigns. Nicht von ungefähr arbeiten sie mit erfahrenen Cadoriner Brillenmachern zusammen und kombinieren traditionelle Handwerkskunst mit fortschrittlichen Herstellungsmethoden. „Es mag vielleicht etwas romantisch erscheinen, aber sie nutzen noch alte Maschinen. Vor allem haben sie das Know-how und die manuellen Fähigkeiten, exzellente Brillen zu bauen, bis zur Endmontage.“ Mit großer Sorgfalt entstehen die Kompositionen der Acetatplatten: „Das Besondere an der Kollektion liegt im Inneren der Fassungen aus Bio-Acetat: Blätter, Blüten, Trockenfrüchte und Stoffe pflanzlichen Ursprungs werden in die Rahmen eingelegt; dunkle Farben auf der Unterseite, transparente auf der Oberseite, damit die eingearbeiteten Dekore zum Vorschein kommen.“
„Eine Brille kann vieles ausdrücken, kann einem Menschen Persönlichkeit und Charakter verleihen.“
Limitierte Auflage von 35 Stück pro Modell
Die Basis ist das bekannte M49 des italienischen Acetatherstellers Mazzucchelli. „Die Verarbeitung nimmt viel Zeit in Anspruch. Aus diesem Grund haben wir uns ein Limit von 35 Stück pro Modell pro Produktzyklus gesetzt. Dafür trägt jede Brillenträgerin und jeder Brillenträger ein Unikat im Gesicht, kein Einzelstück gleicht dem anderen“, beteuert Celentin. „Wir wollten natürliche Werkstoffe und ökologische, biokompatible Materialien verwenden. Doch man muss wissen, wie organische Materialien richtig zu verarbeiten sind. Wir respektieren die Natur, möchten sie nicht ihrer Schönheit berauben. Deshalb die Verwendung von Blättern, die fallen im Herbst von allein, auch der Pfau verliert seine Federn, und Blumen haben ein Eigenleben. Wir versuchten es auch schon mit Zitronen, getrockneten Kaktusblättern und Erdbeeren.“
Voluminöse Formen, das Spiel mit Farben, Mustern und Transparenzen zeichnet alle Modelle der Kindanikollektion aus.
Für die ersten Herrenfassungen testen sie derzeit italienisches Walnuss- und ein besonderes Kiefernholz. Celentin: „Aus letzterem entstehen bei uns in den Bergen Kinderwiegen, Statuen und Kleiderschränke. Es enthält eine Substanz, die es vor Insektenbefall schützt.“ Immer wieder führen sie neue Materialtests durch, hätten auch seltsame Dinge probiert, verrät Celentin lächelnd. Ihre Marke Kindani lebe von der Experimentierfreude, vom Mut, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Wie in der indischen Mythologie, in der Elefanten bekannt dafür sind, sämtliche Hindernisse zu überwinden.
Manuel Celentin (links im Bild) und Paolo Zardini Lacedelli (rechts im Bild) besuchen häufig die Werkstatt, um auf Tuchfühlung mit der Herstellung zu sein.