Management des Keratokonus

Hornhaut im optischen Schnitt
Management des Keratokonus mit Brillen, Kontaktlinsen und Kollagen Cross-Linking der Hornhaut
© Stefan Schwarz

Wenn man bei der Durchführung einer Augenprüfung eine Zunahme der Myopie, Versteilung der zentralen Hornhautradien und das Auftreten von inversen oder obliquen Astigmatismen beobachtet, sollte immer auch an das mögliche Vorliegen eines Keratokonus gedacht werden. Entsprechende Hinweise auf eine Hornhautektasie können sich auch aus der persönlichen und familiären Anamnese ergeben. Fehlsichtige, die über eine Häufung familiärer Augenleiden, Hautprobleme und Allergien berichten und angeben, dass sie ihre Augen häufig und intensiv reiben, sollten mit besonderer Sorgfalt untersucht werden, um mögliche Hornhautirregularitäten frühzeitig zu erkennen. Da Kontaktlinsenanpassungen bei Keratokonus häufig von spezialisierten Augenoptikern durchgeführt werden und diese über einen langen Zeitraum ein wichtiger Ansprechpartner für die betroffenen Patienten sind, müssen sie Veränderungen der Hornhaut erkennen und über den aktuellen Stand der Therapiemöglichkeiten informiert sein.

In der Literatur wird Keratokonus als die häufigste [1] beidseitige, asymmetrische, nicht entzündliche Hornhautektasie bezeichnet. [2] Diese Hornhauterkrankung ist progressiv und irreversibel, wobei der Grad der Progression in der Regel vom Lebensalter des Patienten abhängt und die Progression in der zweiten und dritten Lebensdekade höher ist als in späteren Lebensjahren. [3, 4] Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einer Verdünnung des  Hornhautstromas und einer zunehmenden irregulären Vorwölbung der Hornhaut. Durch die Versteilung der Hornhautradien erhöht sich der Hornhautbrechwert. Dies resultiert in einer Myopiesierung, die häufig von inversen und obliquen Astigmatismen begleitet wird. In frühen Stadien der Erkrankung können diese Sehfehler häufig noch mit Brillen korrigiert werden. Deshalb werden Frühformen des Keratokonus oder milde, subklinische Verläufe mit nur geringer Hornhautektasie oft nicht erkannt. Wenn im weiterem Verlauf der Erkrankung die Hornhautirregularität zunimmt, kommt es häufig zu einer Dezentration der dünnsten Hornhautstelle aus der geometrischen Hornhautmitte heraus in einen parazentralen, inferior gelegenen Hornhaut bereich. [5] Die Verdünnung der Hornhaut und Verlagerung des Apex ist bei ungünstigem Verlauf häufig von Narbenbildung begleitet. [6] Durch die Verlagerung des Bereichs der stärksten Hornhautvorwölbung weg von der Pupillenmitte, können mit Brillengläsern in der Regel nur noch unzureichende Visusergebnisse erzielt werden. Formstabile Kontaktlinsen (KL) können in diesen Fällen zumeist die Irregularitäten der Hornhautvorderfläche besser ausgleichen als Brillengläser. KL sind bei Hornhautektasien und den daraus resultierenden Hornhautirregularitäten dann die Sehhilfe der ersten Wahl, wenn der refraktive Ausgleich mit Ihnen ein besseres Visusergebnis bringt als mit Brillengläsern. Dies muss im Einzelfall belegt werden. Deshalb muss vor einer Kontaktlinsenanpassung stets auch eine aktuelle Refraktion mit Dokumentation des bestmöglichen Visus mit Brillengläsern erfolgen.

Die Anpassung von KL bei Patienten mit Keratokonus dient ausschließlich der Verbesserung der Sehfähigkeit. Anekdotisch berichtete Fälle, in denen die Progression des Keratokonus durch Anpassung von formstabilen KL verlangsamt oder sogar gestoppt werden konnte, sind aus heutiger Sicht nicht haltbar. [7] Der maximal erreichbare Visus reduziert sich oft im weiteren Verlauf der Erkrankung. Die Anpassung von KL wird technisch schwieriger. Die Kontaktlinsentoleranz kann abnehmen, wenn die physiologischen Bedürfnisse der Hornhaut durch extreme Vorwölbungen und damit verbundene Probleme der Druckverteilung bei inhomogener Flächenpassform nur noch bestmöglich und teilweise befriedigt werden können. Reduzierte Tränenzirkulation und eine hohe Kontaktlinsendicke zum Ausgleich hochgradiger Myopien tragen zur erhöhten physiologischen Belastung bei. Die Lebensqualität der betroffenen Patienten reduziert sich im Verhältnis zur Visusreduzierung überproportional. [8, 9] Da erste Anzeichen des Keratokonus in der Regel in der Pubertät auffällig werden, begleitet der Kontaktlinsenanpasser den Keratokonuspatienten oft über Jahrzehnte. Bei ausreichender Kontaktlinsentoleranz und erreichter Visussteigerung können KL in der Regel sehr lange getragen werden. Um Betroffenen möglichst das ganze Spektrum der unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten vorstellen zu können, ist einerseits die Früh erkennung des Keratokonus im Zuge der Augenprüfung und andererseits das rechtzeitige Erkennen der Progression des Keratokonus von großer Bedeutung. Über die Besonderheiten, die bei Kontaktlinsenanpassungen bei Keratokonus beachtet werden müssen, existiert umfangreiche Literatur. Die meisten Kontaktlinsenfachbücher widmen dem Thema „Anpassung bei Keratokonus“ eigene Kapitel. Als Überblick kann die vom Centre for Contact Lens Research der University of Waterloo herausg egebene Publi kation „Correction of Keratoconus with Gas Permeable Contact Lenses“ dienen. Sie ist in verschiedenen Sprachen unter  http://cclr.uwaterloo.ca/correction­of­keratoconus­with­gas­ permeable­contact­lenses/ als kostenloser Download verfügbar. Die Kenntnis der einschlägigen Verfahren und Vorgehensweisen zur Kontaktlinsenversorgung bei Keratokonus wird hier als bekannt vorausgesetzt.

Umfassende Nachuntersuchungen sind mindestens so wichtig wie die sorgfältige Kontaktlinsenanpassung

Zur Erhaltung des einmal erreichten Ergebnisses in Bezug auf Visus mit KL und physiologische Verträglichkeit der KL müssen die Augen von Keratokonuspatienten regelmäßig kontrolliert werden. Hierzu gehört neben der Tagesanamnese mit subjektiver Einschätzung von Visus, Tragezeit, Tragekomfort und Verträglichkeit der KL auch der tatsächlich gemessene Visus, die Sitzkontrolle und die spaltlampenmikroskopische Untersuchung der Hornhaut. Das Epithel soll glatt und unversehrt, der Tränenfilm in Menge und Qualität ausreichend und der vordere Augen abschnitt reizfrei sein.

Als Referenzwerte für die Beurteilung der Visusentwicklung und physiologische Belastung des vorderen Auges dienen

  • der zuletzt erreichte Visus cc mit KL
  • die Flächenpassform der KL (Fluobildvergleich mit letztem Fluobild) und die
  • spaltlampenmikroskopische Beurteilung der KL auf dem Auge mit Prüfung der Oberflächenbeschaffenheit (Ablagerungen, Kratzer, KL­Beschädigungen).

Da die KL zur Kontrolle Hornhautoberfläche immer vom Auge genommen werden müssen, bietet sich die Prüfung der Maßhaltigkeit und mikroskopische Sichtprüfung der KL an. Ergeben sich im Rahmen dieser Basiskontrolle Abweichungen im Sinne von Verschlechterungen gegenüber dem Vorergebnis, muss eine ursächliche Klärung stattfinden und Abhilfe geschaffen werden. Von besonderem Interesse ist natürlich der Zustand des KL­ tragenden Auges.

Quantifizierung von Veränderungen

Bei allen Messungen am Auge sind Kriterien wie Genauigkeit,  Reproduzierbarkeit und Objektivität wesentlich für die Aussagekraft der Messwerte. Automatisierte Messungen können beim optometrischen Management von Keratokonus wertvolle Hinweise geben. So kann beispielsweise die automatische Messung des Rötungsgrades der Bindehaut Rückschlüsse auf die Verträglichkeit einer Kontaktlinsenversorgung zulassen. Exemplarisch soll die automatisierte Messung hier am Beispiel der Rötungs­gradmessung dargestellt werden. Der Reizzustand des vorderen Auges lässt sich durch moderne Verfahren wie der Messung des Rötungs­Gradings zum Beispiel mit dem Keratograph 5M (Oculus Optikgeräte, Wetzlar) reproduzierbar und untersucherunabhängig durchführen. Beispiele für unterschiedlich stark ausgeprägte Rötungsgrade der konjunktivalen und limbalen Bindehaut sind in Abbildung 1 und 2 dargestellt.

Wann liegt eine Progression des Keratokonus vor?

Die ermittelten Werte dienen der Zustandsbeurteilung der KLversorgung und sollen auch Hinweise und Auffälligkeiten aufdecken, die eine Progression des Keratokonus vermuten lassen. Die Beurteilung, ob ein Keratokonus progressiv ist, ist von hoher Bedeutung, da der Patient dann möglicherweise von einer Behandlung mit dem CXL­Verfahren profitieren würde. Eine im  Global Consensus on keratoconus [10] befragte Expertengruppe mit 36 Teilnehmern stellt dazu fest, dass aktuell keine einheitlichen Kriterien und Bewertungsmaßstäbe zur Progressionsanalyse existieren. Die alleinige Messung der Hornhautradien oder Analyse der Hornhauttopographie reicht bei KL tragenden Patienten in der Regel nicht aus, da die Hornhautform nach dem Tragen von KL nicht mit der Form vor der Erstanpassung verglichen werden kann. Durch ungünstige Druckverteilung unter der KL kann es zu einer Epithelverschiebung kommen, die als „corneal warpage“ in der Literatur beschrieben ist. Ob fokale Versteilungen der Hornhautradien dann als Folge einer mechanischen Epithelverschiebung oder als Folge einer Keratokonusprogression auftreten, lässt sich durch eine Kombination aus Topographie und Pachymetrie feststellen. [11] Auch bei durch KL unbelasteten Augen kann die Verdünnung des Hornhautstromas durch eine Zunahme der Epitheldicke kompensiert werden, sodass die Messung der Hornhautradien in diesen Fällen nicht aussagekräftig ist. Abbildung 3 zeigt die spaltlampenmikroskopische Aufnahme einer Hornhaut mit Keratokonus und stromalen Narben. Abbildung 4 zeigt die OCT­Aufnahme derselben Hornhaut wobei die Aufhebung der Strukturen und Schichtgrenzen sowie die Epithelverdickung in Bereichen mit starker stromaler Verdünnung gut zu erkennen sind.

Risikofaktoren für die Progression einer Hornhautektasie sind nach Langis Michaud [12]

  • Patientenalter < 21 Jahre
  • Dünnste Hornhautstelle < 400 µm
  • Steilster Hornhautradius 6,35 mm oder steiler
  • Dokumentierte Progression des anderen Auges
  • Familiäre Keratokonusanamnese
  • Atopie
  • Augenreiben als Angewohnheit.

Derselbe Autor definiert das Vorliegen einer Progression des Keratokonus bei Vorliegen von

  • Refraktionsänderungen (sph / cyl) > 1 dpt.
  • Verschlechtertem Brillenvisus
  • Versteilung der zentralen anterioren Hornhautradien um 0,25 mm
  • Abnahme der Hornhautdicke um 15 µ oder mehr
  • Versteilung der posterioren Hornhaut um 0,1 mm.

Augenabschnitt

Da es sich bei allen diesen Punkten um relative Veränderungen handelt, ist die Frage der Bezugsgröße von wesentlicher Bedeutung. Michaud gibt hierzu an, dass die relativen Veränderungen auf den letzten Kontrollbesuch bezogen sind. Sinnvolle gewisser Interpretationsspielraum. Wichtig erscheint allerdings, dass, sowohl der Anpasser als auch der Keratokonuspatient für den Aspekt der möglichen Progression des Keratokonus sensibilisiert sind.

Spaltlampenmikroskopische Aufnahme

Chirurgische Maßnahmen

Während es früher für Patienten mit Keratokonus nur Brillen und KL als Hilfsmittel zur Steigerung der Sehschärfe gab und im weiteren Verlauf eine Keratoplastik als Therapieoption zur Verfügung stand, ist mit der Vorstellung des Verfahrens der Beobachtungszeiträume sind aus Sicht des Autors sechs bis zwölfmonatige Abstände zwischen den einzelnen Kontrolluntersuchungen, wobei es sich in der Praxis sicher anbietet, die ersten Kon trolluntersuchungen nach Kontaktlinsenanpassung in kürzeren Intervallen durchzuführen und gemessene Veränderungen zu dokumentieren, um später auch diskrete Änderungen sicher zu erkennen. Da die Kriterien für die Progression der Ektasie zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus langjährigen wissenschaftlichen Beobachtungen resultieren, sondern eher als klinische Empfehlungen anzusehen sind und andererseits nicht jeder Kontakt linsenanpasser über das vollständige Instrumentarium zur Messung aller Parameter verfügen dürfte, bleibt hier ein Hornhautvernetzung 1997 durch Seiler eine weitere Therapiemöglichkeit mit einem ursächlichen Ansatz verfügbar.

Andere chirurgische Verfahren wie intracorneale Ringe  (Abb. 5) oder radiäre Inzisionen haben sich bislang nicht als Standardverfahren etabliert und werden hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Bei intracornealen Ringen handelt es sich um zwei Ringsegmente, die in einen zuvor ins Stroma geschnittenen Tunnel eingeführt werden und dadurch zu einer Abflachung der zentralen Hornhaut und besseren Zentrierung des Apex führen sollen. Nach Michaud sind intracorneale Ringe indiziert, wenn ein maximaler Brillenvisus von mindestens 0,3 und höchstens 0,66 vorliegt. Der steilste Hornhautradius sollte größer als 5,45 mm und die dünnste Hornhautstelle dicker als 400 µm sein. Empfohlen wird der Eingriff bei Patienten, die eine reduzierte Kontaktlinsentoleranz haben oder KL ablehnen. Da der Eingriff in der Regel nicht zu vollständiger Emmetropie führt (Abb. 6 / 6a), kann im Anschluss eine Kontaktlinsenanpassung erforderlich sein.

Keratokonushornhaut

1997 stellten Seiler et al. [13] das damals neue Verfahren der Hornhautvernetzung (CXL) vor. Ausgehend von der Beobachtung, dass beim Keratokonus eine Instabilität im Bereich des vorderen Hornhautstromas vorliegt, [14] zielt das Verfahren auf eine  Stabilisierung dieses Gewebes. Dieser Effekt wird durch die 30­minütige UVA Bestrahlung einer Hornhautfläche im Durchmesser von 9,00 mm, der vorgängig mit 0,1 % Riboflavin Augentropfen für 30 Minuten getränkt wurde, erreicht. Da in der Regel vor der Behandlung das Hornhautepithel entfernt wird (Epi­off­Variante), muss neben einem Lidsperrer auch eine Tropfanästhesie eingesetzt werden. Unerwünschte Nebenwirkungen wie dauerhafte Visusreduzierung, Narbenbildung, Endothelversagen, sterile Infiltrate oder anhaltende Hornhauttrübungen können weitgehend vermieden werden, wenn ältere Patienten (älter 35 Jahre), Patienten mit sehr steilen Hornhautradien (Kmax steiler als 5,80 mm) nicht mit CXL behandelt werden. [15, 16] Weitere Kontraindikationen sind

  • Hornhautdicke < 400 µm
  • Vorausgegangene Herpesinfektion
  • gleichzeitige Hornhautinfektionen
  • Hornhautnarben oder Hornhauttrübungen
  • Bekannt schlechte Epithelheilung
  • Erkrankungen der Augenorfläche
  • Autoimmunerkrankungen

Neben dem klassischen CXL wurden eine Reihe von Variationen dieser Methode beschrieben. Einige Autoren bevorzugen das
Epi­on­Verfahren, bei dem das Epithel während des Eingriffs nicht entfernt wird und das Riboflavin transepithelial eingebracht wird, andere benutzen hypoosmolare Augentropfen, die dünnere Hornhäute auf die erforderliche Mindestdicke von 400 µm anquellen lassen. CXL wird auch in Verbindung mit KL angewandt, wenn auf diese Weise die Gesamtdicke des zu bestrahlenden Objektes erhöht werden soll, um das Hornhautendothel zu schützen. [17]

Kontaktlinsenanpassungen nach chirurgischen Maßnahmen

Wird eine Kontaktlinsenanpassung nach einem chirurgischen Eingriff erforderlich, sind einige Besonderheiten zu beachten. Grundsätzlich hängt die Vorgehensweise immer von der vorausgegangenen Operation ab. Bei Situationen nach perforierender und tiefer lamellärer Keratoplastik werden unmittelbar nach dem Eingriff Fäden in der Hornhaut liegen. Je nach Operation liegen die Fäden bis zu einem Jahr, in Einzelfällen länger. Solange die Fäden nicht entfernt und die Reepithelisierung nach Fadenentfernung nicht abgeschlossen ist, findet keine Kontaktlinsenanpassung statt. In besonderen Fällen kann, in Abstimmung mit dem Operateur oder dem die Maßnahme verantwortenden Augenarzt, eine Kontaktlinsenanpassung auch bei liegenden Fäden durchgeführt werden.

Kontaktlinsen nach nahtfreien Eingriffen

Wurden intracorneale Ringsegmente in die Hornhaut implantiert, kann bereits zwei bis drei Wochen nach dem Eingriff mit einer Kontaktlinsenanpassung begonnen werden. Ziel ist es, die Hornhautirregularitäten so zu überbrücken, dass es besonders im Bereich der Ringsegmente nicht zu einer erhöhten Belastung des fragilen Hornhautepithels kommt. Sinnvoll ist in diesen Fällen die Anpassung von großen KL wie zum Beispiel Minisklerallinsen oder bei kleineren Kontaktlinsendurchmessern, die Kombination aus formstabilen KL in Verbindung mit weichen Trägerlinsen als Huckepacksystem nach CXL Die allererste Kontaktlinsenanpassung nach CXL beim Epi­Off­Verfahren ist in der Regel eine Verbandlinse zur Wundabdeckung. Diese Kontaktlinsenapplikation kann als Teil der chirurgischen Maßnahme gelten. Da diese Kontaktlinse nicht zum Zweck der Sehverbesserung angepasst wird, fällt sie in der Regel nicht in den Aufgabenbereich des Kontaktlinsenspezialisten sondern wird unmittelbar vom Operateur durchgeführt. Bei normalem postoperativen Verlauf erfolgt eine schnelle Reepithelisierung, so dass eine Kontaktlinsenanpassung frühestens drei bis sechs Wochen nach CXL durchgeführt werden kann. Sicherheitshalber ist eine kurze Abstimmung mit dem Operateur sinnvoll.

Managementleitfaden

Die nachfolgenden Kriterien sollten berücksichtigt werden:

  • Ist das Epithel intakt?
  • Ist die Hornhautsensibilität reduziert? Zu geringe Hornhautsensibilität muss als Kontraindikation betrachtet werden.
  • Ist die Hornhauttransparenz gegebenenfalls reduziert (Visus /  Blendrelevanz)?
  • Ist die Hornhautregularität in diesem Fall per se oder als Folge des CXL auffällig?
  • Welche Hornhautdicke liegt vor?
  • Ist die Qualität und Menge der Tränenflüssigkeit ausreichend für eine erfolgreiche Kontaktlinsenversorgung?
  • Können Auffälligkeiten am Endothel beobachtet werden?

Da sich die Hornhautform nach CXL oft ändert (Hornhautektasie kann abflachen), ist eine sorgfältige Anpassung mit dem Ziel, die
Hornhautirregularität auszugleichen und gleichzeitig das fragile zentrale Epithel nicht mechanisch zu belasten, durchzuführen. Formstabile Kontaktlinsen sind in diesen Fällen die bevorzugten Kontaktlinsen, da sich mit diesen im Gegensatz zu weichen Kontaktlinsen Irregularitäten besser ausgleichen lassen und die Tränenzirkulation, Linsenbewegung und Zentrierung sehr gut steuern lassen. Die eingangs erwähnte Bedeutung der sorgfältigen Nachuntersuchung besteht nach chirurgischen Maßnahmen natürlich mindestens ebenso. 

Wann sind Kontaktlinsen oder chirurgische Maßnahmen zu bevorzugen?

Dem Kontaktlinsenanpasser stellt sich die Frage, in welcher Situation der Keratokonuspatient von anderen Behandlungen profitiert und an welcher Stelle die Vorstellung bei einem spezialisierten Ophthalmochirurgen sinnvoll ist. Shetty et al. schlagen in einem klinischen Leitfaden vor (Abb. 7), nach Erstdiagnose zunächst eine Analyse des Progressionsrisikos vorzunehmen. Die Patientengruppe mit hohem Progressionsrisiko soll dann direkt am Ende aller Behandlungsmaßnahmen eingesetzt wird, um den Visus zu steigern. Beide Veröffentlichungen sind im Hinblick auf ihre Aktualität und den breiten fachlichen Konsens von hoher Qualität. Beide  Publikationen heben die Bedeutung der Kontaktlinse als Instrument zur visuellen Rehabilitation bei Keratokonus deutlich hervor. Deshalb müssen sich Kontaktlinsenspezialisten, die gehäuft Patienten mit Keratokonus betreuen, ihrer hohen Verantwortung bewusst sein und ihren Kontaktlinsenträgern in der langen Betreuungsphase die bestmögliche visuellen Rehabilitation mit Kontaktlinsen und anderen Sehhilfen anbieten. Durch professionelle Nachuntersuchungen und ein zeitgemäßes Keratokonusmonitoring kann eine differenzierte Beurteilung der Hornhautbefunde erfolgen und alternative Therapieoptionen kompetent erläutert werden.

Behandlungsleitfaden

Autor: Stefan Schwarz, FFAO, Diplomate in Cornea, Contact Lenses and Refractive Technologies, Optometrist / MCOptom

Alle Foto: Stefan Schwarz

Literaturverzeichnis