Nach Davos: Spectaris kritisiert "Protektionismus"
Und plötzlich blickte alles nach Davos. In dem schweizerischen Wintersport-Städtchen kamen die internationalen Konzernlenker und Politgrößen zum 48. Weltwirtschaftsforum zusammen. Das stand vom 23. bis 26. Januar unter dem Motto „Für eine gemeinsame Zukunft in einer zersplitterten Welt“. Diskutiert wurden die globalen Themen Umwelt, politische Krisen, Cyberattacken, wirtschaftliche Ungleichheit und der Erhalt des Freihandels. Bei dem Treffen dabei waren die Mächtigen dieser Welt, so auch US-Präsident Donald Trump. Er sorgte aufgrund seiner Abschottungspolitik bereits im Vorfeld für Unruhe.
Spectaris: "Protektionismus hat fatale Folgen für den Standort Deutschland"
Josef May, Vorstandsvorsitzender des Industrieverbandes Spectaris, forderte im Anschluss an das Treffen: „Von Davos aus muss ein kraftvolles Zeichen für Freihandel und gegen Protektionismus ausgehen. Dies ist wichtiger als jemals zuvor." Bundeskanzlerin Angela Merkel, IWF-Chefin Christine Lagarde und weitere Regierungschef hätten diesbezüglich bereits klare Worte gefunden.
Gerade für die 400 exportorientierten Spectaris-Mitgliedsunternehmen für optische, medizinische und mechatronische Technologien sei die weltweite Tendenz hin zu steigendem Nationalismus und Protektionismus ein gravierendes Problem, so May. „Der Auslandsumsatz unserer Branche belief sich 2016 auf 39,5 Mrd. Euro und wird 2017 sicher über 40 Mrd. Euro liegen. Die Exportquote ist mit 62 Prozent sehr hoch. Dies zeigt, wie gefährlich Abschottung für unsere 300.000 Arbeitsplätze sein kann.“
ifo-Modellrechnungen bestätigen Spectaris-Sicht
Wie schädlich protektionistische Maßnahmen sein können, zeigen laut Spectaris beispielhafte Modellrechnungen des ifo-Instituts, etwa für den Fall der Einführung der US-Border Adjustment Tax unter Donald Trump. Langfristig könnte durch die Einführung das reale Bruttohaushaltseinkommen in Deutschland um 0,9 Prozent sinken. Das würde demzufolge eine Reduzierung des realen Jahreseinkommens pro Kopf in Höhe von fast 350 US-Dollar bedeuten.
Daher sollte sich die Bundesregierung, so der Spectarios-Vorsitzende weiter, auch künftig für den Abschluss neuer Handelsabkommen einsetzen: „Vor allem Indien und China sind wichtige Staaten, mit denen der Freihandel vorangetrieben werden sollte – auch die Wiederaufnahme von Gesprächen mit den USA sei wichtig." Bedauerlicherweise seien gerade die USA der Markt, der sich am stärksten verschließt. So stünden Einschränkungen wie die Sanktionsgesetzgebung 'Countering America’s Adversaries Act' (CAATSA) einer Öffnung der Märkte entgegen und würden die globalen Wertschöpfungsketten beeinflussen.
Hindernis: zusätzliche Zertifizierungen
Der größte Teil der neuen Handelshemmnisse entfällt dem Industrieverband zufolge auf lokale Zertifizierungsanforderungen, beispielsweise zusätzliche Zertifizierungen zu den anerkannten internationalen Standards. Einzelne Staaten sollen auf diese Art versuchen, ihre heimische Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Somit sei es wichtig sicherzustellen, dass Standards oder technische Vorgaben keine zusätzlichen Hindernisse bewirkten. Dazu gehöre auch, so May weiter, dass "die gültigen EU-Standards und Zertifikate weltweit anerkannt werden" würden. Positiv bewertet Spectaris indes die jüngst verhandelten Freihandelsabkommen mit Japan und Kanada. „Es geht also doch, wenn beide Seiten willens sind“, betonte May.