Apollo: Neupositionierung mit John&Audrey
In Düsseldorf und Wiesbaden testet Apollo Optik aktuell ein für den Filialisten neues Konzept: den hochwertigen Verkauf von Brillen. Designermarken, edles Geschäftsinterieur, neuer Name – so versucht der Filialist, in für ihn neue Gewässer zu schippern. Die DOZ befragte Dr. Jörg Ehmer, CEO Apollo Optik, zum neuen Konzept.
DOZ: Was war der Anlass für Apollo Optik, diesen neuen Weg einzuschlagen? Welche Zielgruppe sprechen Sie damit an?
Dr. Jörg Ehmer: Neue Wege einzuschlagen, sich immer wieder auszuprobieren, sollte in der DNA jedes erfolgreichen Unternehmens liegen. Unser Ziel ist es, so viele Kunden wie möglich zu begeistern. Das tun wir als GrandVision Germany & Austria bereits mit Optikstandorten unter den Marken Apollo, Pearle, Robin Look und Solaris. Aber auch darüber hinaus testen wir kontinuierlich Neues, im Kleinen wie im Großen. John & Audrey ist ein Pilot mit dem Ziel, eine Zielgruppe zu erreichen, die wir mit unseren bisherigen
Formaten zumindest nicht gezielt abdecken.
Was verbirgt sich hinter den Namen John & Audrey?
Es ist eine Hommage an zwei Stilikonen (John Lennon und Audrey Hepburn; Anm. d. Red.), deren Brillen längst Kult sind. Wir sind fest davon überzeugt, dass eine Brille dazu beitragen kann, die Persönlichkeit zu unterstreichen. Und genau das hat sich John & Audrey zum Ziel gemacht: das Richtige für starke Charaktere zu finden, für die eine Brille mehr ist als nur eine Sehhilfe. Denn nicht nur Kleider machen Leute, sondern auch Brille, Sonnenbrille und Kontaktlinse.
Die Eröffnung der Geschäfte vollzog sich vergleichsweise leise am Markt. Was war der Grund für dieses dezente Auftreten?
Wir testen aktuell die Marktchancen für John & Audrey und befinden uns hier nach wie vor erst am Anfang. Lokal waren und sind wir natürlich angemessen „laut“, um auf das neue Konzept aufmerksam zu machen.
Gibt es schon konkrete Planungen, weitere Geschäfte zu eröffnen? Wenn ja, wie viele und an welchen Standorten?
Wir befinden uns mit John & Audrey in einer Testund Lernphase und dafür wird es nicht bei zwei Standorten bleiben – ein nationaler Rollout ist aktuell nicht geplant.
Die Apollo-Optik-Filialen sind dafür bekannt, Dienstleistungen wie Refraktion und Kontaktlinsenanpassung in der Regel nicht zu berechnen. Wie verfahren Sie diesbezüglich in den John & Audrey- Geschäften? Welchen Wert hat die Dienstleistung generell in den John & Audrey-Shops?
Dienstleistung und Service sind natürlich auch für John & Audrey entscheidend. Neben einer individuellen Typberatung bieten wir die klassischen Dienstleistungen wie Sehtest und Kontaktlinsenanpassung – und das ganz im Sinne unserer gesamten, markenübergreifenden Unternehmensphilosophie: kostenlos und immer mit dem Ziel, die Barriere gering zu halten und so vielen Menschen besseres Sehen und Aussehen zu ermöglichen.
Zumindest im Wiesbadener Geschäft fällt auf, dass die Markenwelt – Ray-Ban, Porsche, Boss etc. – eher klassisch geprägt ist; Independent Labels fehlen. Ist dieses Konzept bewusst gewählt und soll es auch zukünftig beibehalten werden?
Auch hier gilt: Wir testen bewusst und lassen uns noch nicht in eine bestimmte Schublade stecken. Wir überprüfen unsere Sortimente regelmäßig und entscheiden kurzfristig über Veränderungen des Angebots. Das ist ja auch das Spannende an einer Pilotphase.
Wo sehen Sie Ihr Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu klassischen Filialisten und den neueren Filial formen wie Ace & Tate oder Viu?
Das Konzept von John & Audrey besticht durch zwei Dinge: Es stellt Style, Fashion und Modernität in den Vordergrund und greift im Hintergrund gleichzeitig auf das Qualitätsversprechen, das Fachwissen und die starke Organisation von GrandVision Germany und Austria zurück.
Welche Bedeutung haben Kontaktlinsen für die John & Audrey-Geschäfte?
Kunden zu begeistern heißt auch, ihnen eine Wahl zu bieten. Brille und Kontaktlinse ergänzen sich ideal, daher spielen Kontaktlinsen selbstverständlich auch bei John & Audrey eine wichtige Rolle.
Wird das John & Audrey-Konzept auch für Franchiser geöffnet?
Sofern das Konzept sich als langfristig erfolgreich herausstellt, werden wir selbstverständlich auch das Thema Franchise in unsere weiteren Überlegungen aufnehmen. Aber dafür ist es im Moment noch viel zu früh.
Wie ist Ihr Zwischenfazit zu den Shops nach den ersten Monaten? Wird das Konzept von den Endverbrauchern angenommen?
Die Rückmeldungen der Kunden stimmen uns optimistisch. Nicht zuletzt deswegen wird es demnächst einen dritten John & Audrey Store geben.
Die Fragen stellte Stephan Schenk
Kommentar
Kleiner Test für den großen (Strategie)-Wechsel?
Während unseres circa 30-minütigen Testbesuchs der Wiesbadener John & Audrey-Filiale war ein Kunde im Geschäft. Und ein vor Ort ansässiger Kollege schlägt in die gleiche Kerbe, „da ist nichts los“. Warum also so ein genauer Blick auf zwei von insgesamt 12.000 Geschäften am Markt, wenn diese sich doch offenbar mit dem typischen Frequenzproblem aller Augenoptiker herumschlagen?
Die Antwort: Weil hier der nach Standorten größte deutsche Filialist ein Konzept testet, mit dem er vielen mittelständischen Augenoptikern gefährlich in die Nähe kommt. Hochwertige Produkte gepaart mit guter Dienstleistung – das suchten Verbraucher bisher eher bei ihrem „kleinen“ Augenoptiker um die Ecke als bei Apollo. Und dieser Test im Kleinen könnte Apollo Erfahrungen für den großen Strategiewechsel liefern, den Marktauguren vorhersagen: Denn wird die geplante Übernahme von GrandVision (und damit auch von Apollo Optik) durch EssilorLuxottica Realität, könnte sich Apollo Optik mit all seinen 860 Filialen zukünftig höher positionieren, um der Markenwelt von Prada & Co. gerecht zu werden (siehe auch DOZ 9/2019). Das hätte massive Folgen für viele mittelständische Augenoptiker.
Apropos Markenwelt: Boss, Prada, Porsche, Ray-Ban etc. prägen derzeit das Fassungssortiment bei John & Audrey. Independent Labels wie Mykita, Coblens & Co. sucht man vergeblich. „Diese Marken sind in der Hand der ortsansässigen Augenoptiker, die stellen sich quer“, erläutert der – sehr gute – Verkäufer der Wiesbadener Filiale. Da Apollo Optik auf die klassischen Designer-Marken (insbesondere auf die der Mutter in spe, Luxottica) bauen kann, nimmt die Bedeutung der Independent Labels für den mittelständischen Augenoptiker weiter zu. Es wird interessant zu sehen sein, wie diese mit ihrem Bedeutungszuwachs umgehen werden.
Stephan Schenk