COE-Fortbildung in der Branche eingeführt
Bislang kommen Optometristinnen und Optometristen in Deutschland keiner einheitlichen Fortbildungspflicht nach. Mit dem Modell der Continuing Optometric Education könnte sich dies in Zukunft ändern.
Die Güte- und Prüfbestimmungen der Gütegemeinschaft Optometrische Leistungen (GOL) definieren den Goldstandard für die Ausübung der Optometrie in Deutschland. Im Mai 2020 hat das Deutsche Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung (RAL) der GOL offiziell die Berechtigung zur Vergabe des RAL-Gütezeichens Optometrische Leistungen erteilt. Seitdem werden immer mehr Optometristinnen und Optometristen sowie augenoptische Betriebe von der RAL-Gütegemeinschaft bestätigt und ins Deutsche Optometristen-Register aufgenommen. „Wir freuen uns über den wachsenden Stellenwert der Gütegemeinschaft, aber mindestens genauso über die zunehmenden Eintragungen auf unserer Website“, erklärt Stefan Lahme, seit Dezember 2021 erster Vorsitzender der GOL. Knapp 50 Mitglieder verzeichnet die Gütegemeinschaft Optometrische Leistungen e.V. aktuell. 95 Optometristen haben sich bereits ins Deutsche Optometristen-Register eingetragen (Stand Anfang Februar). „Neue Forschungsergebnisse auf den eng miteinander verzahnten Gebieten Ophthalmologie und Optometrie sowie rasante Fortschritte bei der Geräteentwicklung erfordern eine ständige Aktualisierung des Fachwissens“ – hiervon ist Wolfgang Cagnolati, Gründer des Augen- und Sehzentrums Optometrie Cagnolati in Duisburg, überzeugt. „Die Augenoptik/ Optometrie ist ein Gesundheitsberuf, bei dem umfassende Gesundheitsdienstleistungen rund um das Auge und das visuelle System erbracht werden. Um dieser hohen Verantwortung gerecht zu werden, ist eine kontinuierliche Fortbildung nach klar definierten Vorgaben notwendig.“ Zudem garantieren mit den Fortbildungspunkten ausgezeichnete Fachleute Kompetenz und aktuelles Wissen ihren Patienten und Kunden gegenüber.
Anders als beispielsweise in den USA oder Großbritannien kamen Optometristen in den deutschsprachigen Ländern lange keiner Fortbildungspflicht zur Aufrechterhaltung ihrer Zulassung nach. Lediglich einige Fachgesellschaften verlangten klar definierte Fortbildungsnachweise. Diese Regelung hat sich in der Bundesrepublik seit 2019 teilweise geändert:
Als ehemaliger erster Vorsitzender der Gütegemeinschaft Optometrische Leistungen e.V. hat Wolfgang Cagnolati das COE-Fortbildungsmodell maßgeblich mitgestaltet.
Um ein RAL-Gütezeichen aufrechtzuerhalten, sind Nachweise über eine kontinuierliche optometrische Fortbildung – Continuing Optometric Education (COE) – notwendig. Die Fortbildungspflicht betrifft demnach Benutzer des RAL-Gütezeichens sowie im Optometristen-Register gelistete Optometristinnen und Optometristen. Die Idee dazu entstand aus der gesetzlich vorgeschriebenen Fortbildungspflicht für Mediziner, erklärt Cagnolati. „Für deutsche Ophthalmologinnen und Ophthalmologen besteht bereits seit April 2004 eine Fortbildungspflicht, die Bestandteil des Sozialgesetzbuchs ist. Die hierfür notwendigen CME-Fortbildungspunkte, Continuing Medical Education, werden durch die Kassenärztlichen Vereinigungen zertifiziert. (…) Die Idee für den Begriff Continuing Optometric Education entstand bei mir im Kontext der Anerkennung von durch die GOL akzeptierte Fortbildungsmaßnahmen.
COE-Fortbildung digital, interaktiv, vor Ort
Als Oberbegriff für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für das Gesamtgebiet der Optometrie meint COE sowohl Präsenz- und Online-Events als auch interaktive Veranstaltungen, beispielsweise in Fachzeitschriften wie dem wissenschaftlichen Magazin Optometry & Contact Lenses (OCL). Jede Ausgabe der OCL beinhaltet einen COE-zertifizierten Beitrag. Darunter fallen wissenschaftliche und klinische Artikel sowie Kasuistiken (Fallbeispiele). In Form eines Multiple-Choice-Tests können Leserinnen und Leser Fragen zum Artikel beantworten, die nach den Richtlinien der GOL konzipiert wurden. Besteht die Teilnehmerin den Test, erhält sie einen COE-Punkt.
Wie die Vergabe der COE Fortbildungspunkte geregelt ist, können Sie in der Tabelle auf www.ocl-online.de nachlesen. Demnach erhält man bei einer Fachtagung – Präsenz oder Online – einen COE-Punkt für je eineinhalb Stunden Teilnahme, gleiches gilt für Workshops, Falldiskussionen oder (Online-)Seminare. COE-Punkte werden ausschließlich durch die GOL vergeben, da diese Eigentümer der Bildmarke COE ist. Die Gütegemeinschaft erkennt aktuell die von folgenden Organisationen vergebenen Fortbildungspunkte als COE-Punkte an:
- Vereinigung Deutscher Contactlinsen Spezialisten und Optometristen e.V. (VDCO)
- Schweizerischer Berufsverband für Augenoptik und Optometrie (SBAO)
- Landesärztekammern (CME-Fortbildungspunkte)
- General Optical Council (UK)
20 Punkte innerhalb 24 Monate
Um die COE-Punkte nach der Teilnahme an einer Veranstaltung zu erhalten, müssen diese über eine Teilnahmebescheinigung vom Fortbildungsveranstalter nachgewiesen werden. Der Güteausschuss prüft die Punkte anschließend. Wird die von der GOL festgelegte Anzahl an COE-Punkten innerhalb von zwei Jahren nicht erreicht, erlischt die Berechtigung zur Führung des Gütezeichens beziehungsweise der Eintrag im Optometristen-Register. „Innerhalb von 24 Monaten sind durch den Besuch von Weiterbildungsmaßnahmen insgesamt 20 Weiterbildungspunkte zu erlangen. (…) Liegen die Nachweise drei Monate nach dem Ablauf der 24-monatigen Weiterbildungspflicht nicht vor, entfällt das Recht, das Gütezeichen zu nutzen, bis die erforderlichen Nachweise dem Güteausschuss vorliegen“, heißt es in den Güte- und Prüfbestimmungen für Optometrische Leistungen.
Cagnolati zufolge ist eine einheitliche Regelung für die augenoptische Branche in Deutschland denkbar: „Ich könnte mir vorstellen, dass es in der Zukunft sowohl für Augenoptiker als auch für Optometristen eine verbindliche Fortbildungspflicht geben wird. Dies wäre analog zur Situation in Großbritannien. Da auch Augenoptiker sensible Leistungen an Endverbrauchern vornehmen, sollte auch für diese Berufsgruppe eine Fortbildungspflicht gelten.“