Marketingstrategie

De Rigo: Den DACH-Markt im Visier

Ende vergangenen Jahres war es die News in der Eyewear-Branche: Das deutsche Traditionsunternehmen Rodenstock verkauft seine Brillensparte an das Familienunternehmen De Rigo. Am 1. Juli 2023 fiel der Startschuss für die neue Münchner Niederlassung der Italiener. Das Schlüsselwort für einen reibungslosen Übergang der Geschäfte sowie die Integration der Marken und Mitarbeiter lautet: Kontinuität.
Barbara De Rigo und Andrea Marzaro

Garantieren Geschäftskontinuität für Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner: Barbara De Rigo und Andrea Marzaro. Mit der Integration der Brillensparte von Rodenstock und der Marke Porsche Design Eyewear schlägt der norditalienische Brillenhersteller ein neues Kapitel auf. Beide Unternehmen kündigten einen nahtlosen Übergang an.

© De Rigo

Erstveröffentlicht in der DOZ 08I23

Italiener und Deutsche verbinde eine Melange aus Respekt und Liebe für das jeweils andere Land und dessen Kultur, schrieb einmal ein Kenner der deutsch-italienischen Beziehungen und Gemütslagen. Was konkret heißt: Man versuche einander zu verstehen. In der Geschäftswelt gibt es einige Beispiele, wo deutsch-italienische Kooperationen oder Fusionen erfolgreich gemeinsame Ziele verfolgen – auch in der Eyewear. Als im Dezember 2022 die Unternehmen Rodenstock und De Rigo die Übernahme der Brillensparte des deutschen Brillenherstellers verkündeten, ließen erste Erklärungen zu den Hintergründen keinen Zweifel daran, dass die neue Eyewear-Achse beiden Partnern interessante Perspektiven eröffne. Rodenstock erklärte, man würde sich fortan noch mehr auf Innovationen und die Entwicklung des Brillenglasgeschäfts fokussieren. Die Italiener setzen auf die Ergänzung und Erweiterung ihres bestehenden Portfolios durch die Marken Rodenstock Eyewear und das Premiumlabel Porsche Design. Über die Übergangsphase und die Integration sprach die DOZ in einem Exklusiv-Interview mit Barbara De Rigo und dem neuen Geschäftsführer der DACH-Region, Andrea Marzaro.

DOZ: Barbara de Rigo, die Übernahme der Eyewear-Sparte von Rodenstock erweitert Ihr Portfolio um zwei renommierte Marken. Was hat Sie zu dieser Entscheidung bewogen?

Barbara de Rigo: Auf unserer Agenda der kommenden Jahre stehen die internationale Expansion und das Wachstum im High-End-Brillensegment. Ziel ist es, die Marktpräsenz unseres Unternehmens in Mitteleuropa, insbesondere auf dem deutschen Markt zu konsolidieren und auszubauen – ein Markt, der große Wachstumschancen bietet. Mit der Integration der Rodenstock-Brillensparte fügen wir unserer bestehenden Vertriebsstruktur neue Ressourcen und Kompetenzen hinzu. Die Zusammenarbeit zwischen De Rigo und Rodenstock besteht zudem seit vielen Jahren, unter anderem über den Vertrieb der Rodenstock Eyewear in den USA und in Japan. Beide Unternehmen teilen ähnliche Wertvorstellungen und ein Geschäftsmodell, das den Menschen, den Kunden, die Qualität in den Mittelpunkt stellt. Rodenstock hatte seine Bereitschaft bekundet, das Brillengeschäft zu verkaufen. Unser Interesse resultierte aus der Tatsache, dass die DACH-Region zu den leistungsstärksten Märkten Europas gehört, weshalb wir unsere Präsenz hier ausbauen möchten.

Nun ist De Rigo im DACH-Markt kein unbekanntes Unternehmen…

Das stimmt, in den neunziger Jahren eröffneten wir in Deutschland unsere erste internationale Niederlassung. Bis heute bleibt es jedoch eine Herausforderung, die Bedürfnisse der Verbraucherinnen und Verbraucher und auch der Augenoptikerinnen und Augenoptiker im Vergleich zu anderen europäischen Märkten umfassend zu verstehen und zu erfüllen. Es gibt Variablen, die die Menschen unterscheiden – da können wir in der Kenntnis um den Markt und in der Zusammenarbeit mit dem Fachhandel noch einiges optimieren.

Die Integration der Rodenstock Eyewear und der Marke Porsche Design soll dabei helfen?

Ja, denn es handelt sich nicht um die Übernahme zweier Lizenzmarken, sondern um die Integration eines gesamten Unternehmenszweigs. Angefangen bei den Mitarbeitern, denn es werden mehr als einhundert in den verschiedenen Abteilungen sein, im Kaufmännischen, im Marketing, Design, im Musterbau und Kundenservice, der Logistik, der IT bis hin zum Außendienstteam. Mit ihrem Know-how, ihrer Erfahrung werden sie De Rigo bereichern, werden uns helfen, uns noch besser im deutschen Markt zu bewegen.

Wird mit der Übernahme die Markenstrategie auf dem DACH-Markt neu ausgerichtet?

Etliche deutsche Brillenhersteller sind im Markt stark mit ihren Eigenmarken, führen aber keine bedeutenden Modemarken. Wir wiederum sind gut aufgestellt mit attraktiven internationalen Mode- und Lifestylemarken, was eine gute Performance auf dem DACH-Markt möglich machen sollte. Entscheidend ist unserer Meinung nach die Partnerschaft zwischen dem Hersteller, dessen Außendienst und dem Kunden, insbesondere was die Qualität der Serviceleistungen anbetrifft. Wir müssen die Erwartungen des augenoptischen Fachhandels erfüllen, weshalb wir hier unser Bestes geben werden. In jedem Fall ist es nicht unsere Absicht, an der Verkaufsstrategie für Rodenstock Eyewear und Porsche Design etwas zu verändern. Wir sind für den Vertrieb beider Marken weltweit verantwortlich, speziell auf dem DACH-Markt haben sie eine klare Positionierung. Des Weiteren gibt es in unserem Portfolio einige Marken, für die wir nun das Vertriebsnetz erweitern können. De Rigo bietet ein breitgefächertes und heterogenes Markenprogramm, unterschiedliche Brands, die für den augenoptischen Fachhandel interessant sind: Police, Escada, Chopard, Fila, Furla, auch die Verkaufsergebnisse unser Eigenmarke Yalea auf dem deutschen Markt sind sehr zufriedenstellend. Und andere Marken haben durchaus mehr Potenzial, Brands aus dem Premiumsegment wie Philipp Plein, Chopard und Roberto Cavalli sowie unsere Eigenmarken Sting und Lozza.

Barbara De Rigo, vermutlich sehen wir Sie jetzt häufiger in München?

Ich komme gern nach München! Ich mag die deutsche Kultur, im Studium lernte ich Deutsch und arbeitete auch eine Zeit lang in unserer Filiale in Deutschland. Die wesentlichen Schritte der Transformation und des Übergangs liegen aber ab sofort in der Verantwortung unseres neuen General Managers für die DACH-Region, Andrea Marzaro. Neben dem anspruchsvollen Ziel, den deutschen Markt für unsere Brands weiter zu erschließen, steht er vor der großen Aufgabe, die beiden neuen Marken und das Team in das Gesamtunternehmen zu integrieren.

Barbara De Rigo mit Mick Schumacher und Massimo De Rigo

40 Jahre Police! Jüngst feierte die De-Rigo-Gruppe in Rom das vierzigjährige Bestehen einer ihrer umsatzstarken Eigenmarken. Gastgeber waren die Geschwister Barbara und Massimo De Rigo, hier im Bild mit Mick Schumacher (m.), der als Gastredner die Kooperation mit dem Formel-1-Team von Mercedes-AMG Petronas vorstellte.

© De Rigo
Portrait Andrea Marzaro

Auf zu neuen Horizonten: De Rigo berief Andrea Marzaro zum Geschäftsführer für die DACH-Region. Michele Aracri, Vorstandsvorsitzender der De Rigo Vision, bescheinigte Marzaro eine tiefgründige Kenntnis des deutschsprachigen Markts. Seine Erfahrung solle helfen, das Wachstum der De-Rigo-Unternehmensgruppe zu stärken und deren Position auf dem Markt für hochpreisige Brillenmode zu konsolidieren.

© De Rigo

Profunder Deutschland-Kenner

Andrea Marzaro lebt seit über zwei Jahrzehnten in Köln. Über viele Jahre war er für Safilo im DACH-Markt als kaufmännischer Leiter und Geschäftsführer tätig. Er kennt den Führungsstil italienischer Unternehmen und den augenoptischen Retailmarkt in der DACH-Region – oder, wie er es formuliert, die „augenoptische Realität“ diesseits der Alpen.

Andrea Marzaro, Sie sind jetzt nach München umgezogen. Was bringen Sie für Ihre neue Aufgabe bei De Rigo mit?

Andrea Marzaro: Sicherlich meine langjährige Erfahrung im deutschen Markt, vor allem das Verständnis für die Besonderheiten des augenoptischen Fachhandels in Deutschland, die von Unternehmen außerhalb der DACH-Region, auch von italienischen, nicht immer verstanden werden. Deutsche Augenoptikerinnen und Augenoptiker sind sich ihres Knowhows bewusst, ihrer optometrischen Kompetenz. Ihr Fokus liegt mehr auf dem technischen Aspekt der Brille. Anders als bei unseren italienischen Kunden ist der modische Aspekt für sie weniger dominant. Ich weiß, wie wichtig ihnen eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren Kunden ist, deren gute Beratung, ein effizienter Service, schnelle Lieferzeiten, die Verfügbarkeit der Produkte und Ersatzteile bei Reparaturen. All dies ist Teil ihrer Berufsethik und ein Schlüssel des Vertrauensverhältnisses.

An welchem Punkt des Übergangs stehen Sie derzeit?

Unsere Schlüsselwörter sind vertrauensvolle Zusammenarbeit und Kontinuität. Für Augenoptiker und Augenoptikerinnen im DACH-Markt wird die Übernahme keine signifikanten Veränderungen mit sich bringen. Alle Bestellungen, die vor dem Betriebsübergang getätigt wurden, hat De Rigo zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen übernommen. Wir präsentieren weiterhin die aktuellen Kollektionen von Rodenstock Eyewear und Porsche Design, das Produktionsnetzwerk bleibt im Wesentlichen identisch, die Qualität und ein verlässlicher Kundenservice sind gewährleistet. Schritt für Schritt arbeiten wir jetzt an der Integration der gesamten Organisationsstruktur, dem Wechsel der Rodenstock-Mitarbeiter zu De Rigo. Wir wollen so viele Synergien wie möglich nutzen.

Wie sehen Sie das Portfolio von De Rigo aufgestellt?

Insgesamt ist unser Portfolio breit aufgestellt. Das Premiumsegment wird durch die beiden neuen Marken dauerhaft gestärkt, was uns neue Marktpotenziale erschließt. Vergessen wir nicht, dass Rodenstock Eyewear zu den zwei oder drei deutschen Marken gehört, die in puncto Markenbekanntheit im Herrensegment weit oben rangieren: 85 Prozent der deutschen Männer kennen die Marke.

Was denken Sie, was die Kunden von De Rigo erwarten?

Weltweit müssen sich alle Märkte den Phänomenen der Veränderung stellen. Im Vergleich mit anderen Branchen erweist sich die Augenoptik jedoch immer noch als stabil und widerstandsfähig. Unsere Kunden wünschen sich eine dauerhafter Partnerschaft, die auf Vertrauen und Kontinuität fußt – und De Rigo steht für Solidität in den Finanzen, im Vertrieb, in der Markenstrategie. Das garantiert unseren Kunden Stabilität. Zudem sind wir eines der letzten international operierenden Unternehmen dieser Größe, das von einer Familie geführt wird.

Welche nächsten Schritte stehen an?

Der Integrationsprozess ist in vollem Gange. Inzwischen haben wir auch die neuen Büroräume in der Münchner Innenstadt bezogen. Übrigens unweit von Rodenstock, um den Mitarbeitern einen reibungsloseren Wechsel zu ermöglichen. Am 1. Juli war der offizielle Startschuss, die Dinge kommen in Gang! Ich freue mich sehr, dass ich diesen Prozess mitgestalten kann.

Team von De Rigo München

Seit dem 1. Juli operativ: Die Mannschaft von De Rigo in der neuen Münchner Niederlassung, die das Brillengeschäft für den DACH-Markt übernimmt.

© De Rigo