Kapten & Son: "Wir haben unsere Strategie etwas verändert"
Eine Augenoptikerin aus Hessen fiel aus allen Wolken, als sie Ende Januar eine Mail aus dem Vertrieb der jungen Marke Kapten & Son erhielt. Man müssen sich "von einigen Kunden aufgrund der Vertriebsstrategie und Neuausrichtung für die Zukunft" trennen, war dort zu lesen. Schon auf der Opti wollte die Augenoptikerin gerne neue Fassungen bei den Kölnern bestellen, suchte dort aber deren Stand vergebens. Auch beim folgenden Anruf war noch nicht zu erahnen, dass nur kurze Zeit später das Kapitel Kapten & Son in ihrem Laden ein abruptes Ende nehmen würde. "Wir haben im vergangenen Jahr 40 Fassungen verkauft – ein für unsere Größe gutes Ergebnis", sagt die Augenoptikerin der DOZ-Redaktion. "Bitte habt Verständnis dafür, dass wir euch zu den Hintergründen und unserer strategischen Ausrichtung keine Details nennen können", hieß es weiter in der Mail. Trotzdem versuchte die Augenoptikerin, die anonym bleiben möchte, nochmals, einen Kontakt zum Unternehmen herzustellen – ohne Erfolg. Verwundert über diese Mail schaltet sich unsere Redaktion ein, auch mit dem Wissen, dass Kapten & Son mittlerweile fünf eigene Flagship-Stores in Deutschland betreibt und auf der eigenen Unternehmensseite aktiv deutschlandweit nach Augenoptikermeistern und Augenoptikern sucht. Was also steckt hinter der Mail? Planen die Kölner in Zukunft vermehrt ohne Partneroptiker? Und warum blieb man der Opti fern? Antworten darauf lieferten Johannes Theobald, Geschäftsführer Kapten & Son, und Augenoptikermeisterin Paula Isemann, die seit vorigem Jahr den Bereich Optics als Project Managerin betreut, der DOZ.
Sie haben sich von einigen Partner getrennt und das unter anderem mit einer „neuen Vertriebsstrategie und Neuausrichtung für die Zukunft“ begründet. Was verbirgt sich dahinter?
Johannes Theobald: Es stimmt, wir haben uns von einer Handvoll Partnern getrennt. Die Gründe hierfür waren vielfältig, liegen nicht im Verkaufserfolg der Partner, sondern vielmehr im Erscheinungsbild unserer Marke bei diesen. Bei einer Rundreise im vergangenen Jahr habe ich viele unserer Partneroptiker persönlich besucht. Mit den allermeisten Partnern sind wir sehr zufrieden, doch bei einigen wenigen haben wir eine Darstellung vorgefunden, welche die Marke Kapten & Son nicht entsprechend unserer Vorstellungen präsentiert hat. Einige Displays waren halb leer, Fremdmarken wurden auf den Displays präsentiert oder unser POS-Marketing wurde nicht angenommen. Schweren Herzens haben wir daher bei diesen von einer weiteren Zusammenarbeit abgesehen. Wir haben diese schwere Entscheidung gemeinsam mit unserem Vertriebsteam getroffen und stehen zu dieser Entscheidung. Auch wenn für den ein oder anderen Optiker aufgrund der guten Abverkäufe die Gründe nicht offensichtlich sind, haben wir uns die Entscheidung in jedem einzelnen Fall nicht einfach gemacht. Bei uns steht immer der Endkunde im Fokus. Einige Kunden finden beispielsweise über unseren Storefinder zum lokalen Partner. Teils nehmen die Kunden aufgrund unserer Storefinder-Listung weite Wege auf sich. Natürlich muss der Kunde dann auch mindestens ein Kernsortiment auf den Displays vorfinden.
Anmerkung der Redaktion: Konfrontiert mit den Aussagen von Johannes Theobald reagierte die Augenoptikerin entrüstet. In ihrem Laden habe sich niemand vorgestellt, sie habe sogar extra im Schaufenster zusätzlich für die Kapten & Son-Fassungen geworben und auch auf Instagram und Facebook bewusst darauf hingewiesen, weil dadurch viele Kunden in den Laden gekommen seien. Natürlich sei das Display gegen Jahresende leerer geworden, genau deshalb wollte man ja auch auf der Opti neue Ware ordern. „Wir wollten natürlich auch die neue Kollektion präsentieren und nicht die des letzten Jahres.“ Johannes Theobald gab auf erneute Nachfrage der DOZ die Zusage, die Augenoptikerin nochmals persönlich zu kontaktieren; auch um ein mögliches weiteres Vorgehen zu besprechen.
Heißt das, dass der Augenoptiker weiter als Partner gesehen wird, auch wenn nicht jeder in Frage kommt?
Theobald: Wir haben in der Vergangenheit schon hervorgehoben, dass wir unsere Partner sehr selektiv aussuchen und eine Überdistribution vermeiden (siehe DOZ-Interview 12/18). Wir suchen weiterhin maximal 200 Partner in der Augenoptik und liegen mit aktuell knapp 100 noch deutlich unter dieser Benchmark. Mit dem Großteil unserer Partner sind wir weiterhin sehr zufrieden und natürlich immer offen für neue Optiker, die innovative und spannende Konzepte verkörpern und zu uns als Marke passen. Die Aussage von damals, den Augenoptiker als Partner zu sehen, steht daher nach wie vor. Mit ihnen zusammen sind wir schließlich im vergangenen Jahr im Brillensegment um rund 100 Prozent gewachsen.
Im besagten Interview aus Dezember 2018 hieß es auch, dass Sie nicht darauf abzielen, nach dem Flagship-Store in Köln weitere eigene Läden zu eröffnen, sondern eher mit Pop-up-Lösungen zu agieren. Jetzt gibt es schon fünf eigene Läden in Deutschland sowie einen in Wien. Warum der Sinneswandel und wird diese Strategie weiter ausgerollt?
Theobald: Es stimmt, dass wir in diesem Bereich unsere Strategie etwas verändert haben. Wir standen und stehen vor der großen Herausforderung, dass unsere Kunden am POS teilweise nicht nur wegen einer Produktkategorie in den Laden kommen, sondern gerne die gesamte Kapten & Son-Produktvielfalt erfassen wollen. Nur ist es nicht immer sinnvoll, beispielsweise eine Brille bei einem Juwelier oder einem Taschengeschäft zu verkaufen. Hier kann der Kunde keine Beratung auf Augenoptiker-Niveau erwarten.
Initial war das Ziel unseres Kölner Stores, die Markenbekanntheit zu steigern und dem Kunden eine Experience der Marke zu ermöglichen. Schnell merkten wir jedoch, dass der Bedarf, die ganze Kapten & SonWelt auch im stationären Handel zu erleben, groß ist. Entsprechend konnten wir zusätzlich in Berlin, Hamburg, München, Stuttgart sowie in Wien eigene Läden erfolgreich etablieren. Es besteht die Möglichkeit, dass in diesem Jahr noch weitere hinzukommen, wir planen jedoch keinen großen Rollout mit einer relevanten Anzahl an Läden. Dies wird auch in der mittelfristigen Perspektive so bleiben.
Welche Auswirkungen hat das für die Partneroptiker in den jeweiligen Städten?
Theobald: Keine negativen – eher im Gegenteil. In Städten, in denen wir Flagship-Stores eröffnet haben, haben wir uns von keinem Partner getrennt. Wir haben mit allen das persönliche Gespräch gesucht und die Zusammenarbeit sogar noch intensiviert. So konnten wir zusammen mit einem Partner sogar unsere erste Kollektion von Korrektionsfassungen entwickeln.
Aktuell suchen Sie deutschlandweit Augenoptikermeister und Augenoptiker, sicherlich um besagte Korrektionsfassungen in den eigenen Stores zu verkaufen.
Paula Isemann: Immer mehr Kundenanfragen haben uns in den vergangenen Monaten bezüglich Korrektionsfassungen oder auch Sonnenbrillen mit Korrektionsgläsern erreicht. In unseren Flagshipstores wurde das Interesse der Kunden hierzu noch größer. Auch unsere Partneroptiker haben dieses Thema seit geraumer Zeit bei uns adressiert. Diesem Wunsch wollten wir mit unserem Angebot nun nachkommen. Die Herausforderung dabei ist, dass die Brille für nahezu alle Menschen ein emotionales Produkt ist, das gleichzeitig eine sehr intensive und professionelle Beratung benötigt – ganz besonders gilt dies für Korrektionsbrillen. Um diese ganzheitliche Betreuung auch weiterhin in all unseren Stores sicherzustellen, sind wir sowohl auf der Suche nach Augenoptikern als auch nach entsprechenden Meistern.
Außerdem suchen Sie Augenoptiker für ein Verglasungslabor: Heißt das, Sie wollen in naher Zukunft alles aus einer Hand anbieten?
Isemann: Wir stehen in der Anfangsphase für ein eigenes Verglasungslabor. Auch hier steht für uns die Qualität unserer Produkte an erster Stelle. Selbstverständlich wollen wir zuerst alle Maschinen, Personal und Prozesse optimal aufeinander abstimmen. Nach erfolgreicher Vorbereitung werden wir dann mit dem Labor operativ starten. Am 15. Februar haben wir darüber hinaus ein neues, größeres Ladenlokal in Köln eröffnet, in dem wir auch Sehtests anbieten können. Unseren ersten Laden werden wir weiterhin nutzen, um dort spannende Events zu veranstalten.
Einige Augenoptiker haben Kapten & Son im Januar vergeblich auf der Opti gesucht. Warum haben Sie sich gegen München entschieden?
Theobald: Ein Grund für die eingangs beschriebenen schmerzhaften Schritte war sicherlich, dass wir potenzielle neue Partner auf der Messe nicht ausreichend einschätzen konnten. Eine Entscheidung, ob ein Optiker zu unserem ausgewählten Händlernetzwerk passt oder nicht, ist auf der Messe nicht leistbar. Daher haben wir dieses Jahr entschieden, dass ein eigener Stand unserer Ansicht nach nicht zwingend nötig war. Vielmehr haben wir persönliche Kontakte gepflegt und uns weiter vernetzt.
Heißt das, dass Kapten & Son auch in Zukunft nicht auf der Opti zu finden sein wird?
Theobald: Das hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Sollten wir in Zukunft wieder als Aussteller auf der Opti sein, dann nicht primär, um neue Partner zu gewinnen, sondern vielmehr, um den engen Kontakt zu unseren bestehenden Partnern zu halten und zu vertiefen. Eine Entscheidung ist hier noch nicht getroffen.
Das Interview führte David Friederichs