„Brille tragen – Hillenhagen“ seit 1867
Optik Hillenhagen in Krefeld feiert 150-jähriges Jubiläum. Weltkriege, Wirtschaftskrise und digitaler Wandel – das Unternehmen durchlief schwierige Zeiten. Grund genug, die Firmenhistorie aufzuarbeiten, denn die Ursprünge des Fachgeschäfts reichen bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück. Daneben sprach die DOZ auch mit dem derzeitigen Geschäftsführer über die Geschichte und die Zukunft.
In Krefelds Stadtzentrum betreibt Johann Nievejahn 1827 eine Blechschmiedewerkstatt am Schwanenmarkt. Dort produziert er neben Geräten und Werkzeugen für die Krefelder Seidenindustrie auch erste optische Geräte. Am 1. September 1867 übernimmt der „Optikus und Mechanikus“, so die damalige Berufsbezeichnung, Fritz Hillenhagen die Werkstatt. Neben Messgeräten, elektrisch-technischen und chemischen Erzeugnissen sowie Werkzeugen für die Krefelder Seidenindustrie fertigt Hillenhagen auch Brillen, Lupen, Kneifer, Lorgnetten und Operngläser an. 1877 erhält er das Diplom des Landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen und 1880 die preußische Staatsmedaille Düsseldorf.
Nach seinem Tod führt seine Frau das Geschäft und verkauft 1896 an den ehemaligen Teilhaber Wilhelm Müller. Dieser führt den später wichtigen Foto-Sektor ein, behält aber den inzwischen etablierten Namen Hillenhagen bei. Ebenso Müllers Kinder, die nach seinem Tod im März 1920 die Firma übernehmen. Sie expandieren und eröffnen auf der Rheinstraße 113 in den Jahren 1920 / 1921 ein eigenes Ladenlokal. 1927 kaufen der Augenoptikermeister Hanns Etterich und der Kaufmann Peter Holz aus Dortmund Optik Hillenhagen. Der stadtbekannte Spruch „Brille tragen – Hillenhagen“ und das Logo in Brillenform werden fest etabliert. Die Industrieproduktion in Deutschland sinkt von 1929 bis 1932 um 40 Prozent. Die Folgen der Weltwirtschaftskrise sind Massenarbeitslosigkeit und die sprunghafte Zunahme von Armut. Das Unternehmen übersteht diese Zeit, aber wegen der großen industriellen Konkurrenz wird der chemische Betrieb am Schwanenmarkt eingestellt. Dafür erwerben die Eigentümer das angrenzende Ladenlokal auf der Rheinstraße 111. Dort bilden fortan Augenoptik und Foto-Optik das Kerngeschäft.
Weltkriegsbomben zerstören das Ladenlokal
In der Nacht vom 21. auf den 22. Juni 1943 werfen englische Flugzeuge mehr als 2.000 Tonnen Bomben auf die Stadt und töten mehr als 1.000 Menschen. Der Zweite Weltkrieg trifft auch Optik Hillenhagen schwer: Die Geschäftsräume auf der Rheinstraße werden vollständig zerstört. Kurze Zeit später eröffnet die Firma ein Ausweichquartier am Ostwall 56. Gleich nach der Währungsreform beginnt der Wiederaufbau des Geschäfts in der Rheinstraße. Nach der Wiederaufnahme erweitern Etterich und Holz das Produktportfolio und bieten auch elektrische Hörgeräte an.
Nach dem überraschenden Tod von Holz im Jahr 1952 übernimmt seine Frau Grete die Leitung der Firma. 1954 heiratet sie Rudolf Villain, der das Geschäft fortan führt. 1962 tritt Manfred Holz, der Sohn des verstorbenen Peter Holz, als Augenoptiker in den Betrieb ein. Fünf Jahre später nimmt Optik Hillenhagen Kontaktlinsen ins Sortiment auf. Nach dem Ausscheiden von Villain übernimmt Holz das Geschäft. 1986 entscheidet sich der Augenoptiker aus privaten Gründen, die Geschäftsräumlichkeiten zu verkleinern. Er teilt das Ladenlokal auf und trennt ein zweites Geschäft ab, das bis heute Mode verkauft. Am 31. Januar 2000 scheidet Manfred Holz aus der Firma aus.
Jörg Fraunhofer, der 1986 seine Meister prüfung in Köln abgelegt hat und danach bereits in Augenoptik-Fachgeschäften tätig war, übernimmt das Unternehmen. „Die lange Geschichte kannte ich bereits vorher. Als gebürtige Krefelderin war der Name Hillenhagen vor allem meiner Frau geläufig“, erklärt Fraunhofer. „Der Slogan „Brille tragen – Hillenhagen“ ist stadtbekannt. Deswegen haben wir den Firmennamen auch beibehalten.“ Bedingt durch den digitalen Wandel der Fotografie stellt der Geschäftsführer den traditionsreichen Foto-Sektor von Hillenhagen 2005 ein. Neun Jahre später wird das Geschäft erneut modernisiert. Im Sommer 2015 eröffnet Fraunhofer ein weiteres Fachgeschäft, „Das Brillenwerk“, ebenfalls in Krefeld. Es richtet sich vor allem an junge Brillenträger.
Ausstellung auch mit Kundenleihgaben
„In der wechselvollen Geschichte der Firma Hillenhagen spiegeln sich 150 Jahre Krefelder Wirtschafts- und Stadtleben. Von den Anfängen der Seiden industrie bis hin zum Strukturwandel und zur Digitalisierung sind alle wichtigen Veränderungen an der Firmenhistorie ablesbar“, kommentiert Krefelds Oberbürgermeister Frank Meier die lange Geschichte des Fachgeschäfts. Anlässlich des 150. Geburtstags gibt es bis 1. September 2018 für Interessenten eine kleine Ausstellung mit Exponaten aus mehr als 100 Jahren Optik-Geschichte, darunter optische Geräte (Refraktionskoffer, ein altes Skiaskop, ein optisches Barometer aus Hillenhagen-Fertigung und ein älteres Pupillometer), alte Werkzeuge und optische Erzeugnisse unter anderem auch aus der Hillenhagen-Fertigung (Kneifer, Lorgnetten, Lederetuis mit Logo). Historische Brillenfassungen veranschaulichen die Brillenmode der letzten 100 Jahre. Auch Kunden stellen einige optische Exponate zur Verfügung. „Ich fühle mich geehrt, ein Teil von 150 Jahren Optikgeschichte zu sein“, sagt Fraunhofer.