Nachhaltigkeit als USP in der Augenoptik
Selbst mit Brille ist Mikroplastik im Wasser nicht zu erkennen.
„Dieser Button kommt mir doch irgendwie bekannt vor …“, denken manche Kundinnen und Kunden der „Brillengalerie“ im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf, und vor allem die etwas älteren schmunzeln. Der eine oder die andere hat wohl Bilder aus den 80ern vor Augen, Wackersdorf, Proteste gegen die geplante Wiederaufbereitungsanlage, das Anti-WAAhsinnsfestival mit großen Rockstars – ein deutsches Woodstock, sozusagen … Ja, das waren noch Zeiten, „Atomkraft? Nein Danke“ hieß es damals auf dem Anstecker.
„Auf diesen Wiedererkennungseffekt setze ich durchaus auch“, sagt Jan Tollgreve, Geschäftsinhaber und Diplom-Ingenieur Augenoptik und selbst ein Kind dieser Generation. Alle, die bei ihm eine Brille oder Kontaktlinsen kaufen, bekommen den kreisrunden Button als kleines Geschenk dazu, wenn sie das Bestellte abholen. Er ist knallgelb und in der Mitte prangt eine stilisierte Sonne. Soviel hat er mit dem Original aus den Zeiten der Atomkraftgegner gemeinsam, doch bei Tollgreves Version trägt die Sonne eine Brille. Rundherum steht in Versalien „Mikroplastik Nein Danke“. Der 50-Jährige möchte damit zeigen: Bei mir ist das Gläserschleifen keine Umweltsünde. Wer die Homepage des Geschäfts aufruft, hat sofort einen Werbetext vor Augen, der wie ein Zeitungsartikel gestaltet ist und die Hintergründe erläutert.
Kommt dieses Logo Ihnen auch irgendwie bekannt vor? Jan Tollgreve setzt bei seinem Button durchaus auf einen gewissen Wiedererkennungseffekt.
Der Haufen Salz auf dem letzten Bild verdeutlicht: So groß ist die Menge an Mikroplastik, die beim Schleifen eines Brillenglases anfällt.
Unternehmensphilosophie: Filtersystem als Baustein
Das Thema bringt Jan Tollgreve auf den Tisch, wann immer es im Verkaufsgespräch gerade passt. „Spätestens bei der Abgabe der Brille mit diesem Button haben wir ja auch einen Aufhänger, um darüber zu sprechen. Viele Kunden fühlen sich dann bestärkt darin, beim richtigen Augenoptiker gewesen zu sein.“ Auch wenn jemand zunächst nur für Kontaktlinsen kommt, zieht das Argument, „wenn es um eine zusätzliche Ersatzbrille geht. Warum sollte der Kunde die woanders kaufen und damit zur Kontaminierung der Umwelt beitragen, wenn es bei uns doch anders geht?“ Viele seien verwundert: Andere verursachen immer noch Mikroplastik im Abwasser, auch die großen Filialisten? „Ich sage dann: Ja, also ich wüsste zumindest nicht, dass da einer so eine Filteranlage installiert hätte.“ So profiliert Jan Tollgreve sich im eher ländlichen Büdelsdorf mit seinen rund 10.000 Einwohnern. „Seit ich meinen Laden im Jahr 1998 eröffnet habe, konnten wir uns hier gut behaupten und hoffen, dass es auch in der Zukunft so bleibt. Das Filtersystem soll ein Baustein dafür sein.“
Die Buttons liegen in dem Augenoptikergeschäft aus wie anderswo die Kugelschreiber. Gleich 500 Stück hat der Inhaber davon drucken lassen. „Vielleicht gibt es ja auch Kunden, die ihn sich an die Jeansjacke stecken, weil es so schön retro ist. Zumindest ist es etwas, das zum Wegschmeißen zu schade ist und daher vielleicht auch an einer Pinnwand landet. Und so können wir uns beim Kunden immer ein bisschen ins Gedächtnis rufen.“ Sorgen, dass der Wettbewerb mitzieht und er sein Alleinstellungsmerkmal schon bald verlieren könnte, macht Jan Tollgreve sich nicht. „Ich gehe sogar davon aus, dass dies die Zukunft sein wird, dagegen kann man nichts machen. Aber ich war wenigstens dann mehr oder weniger der erste, der das gemacht hat. Auch damit kann man werben.“ (siehe Info-Kasten am Ende) Auch ganz besonders auf die Kundinnen von morgen setzt er dabei. „Ich denke, dass die junge Generation noch viel mehr für dieses Thema sensibilisiert ist, das verbreiten wir daher auch über Social Media. Da rennen wir bestimmt auch offene Türen ein.“
Wenn Karsten Kittel Kunden erklärt, dass eine Brille mehr kostet, weil sie ohne Kinderarbeit hergestellt wurde, hört er oft: „Super, das mache ich!“