Opti-Aussteller-Umfrage: Die Industrie tickt ähnlich, aber nicht gleich
Erstveröffentlicht in der DOZ 07I23
Eigentlich waren die ersten Fragen unserer Industrie-Umfrage zur Opti lediglich als Strukturdaten gedacht, um im weiteren Verlauf der Auswertung entsprechend filtern zu können. Und doch macht es Sinn, gleich zu Beginn auf die Teilnahme der Industrieunternehmen an der Opti in den vergangenen Jahren zu schauen. Insgesamt nahmen 100 Vertreter aus Industrie sowie Bildungseinrichtungen an unserer großen Umfrage teil, die wir, wie schon bei den Besuchenden (siehe DOZ 06/23), in Kooperation mit der Veranstalterorganisation Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM) von Mitte Mai bis zum 6. Juni durchgeführt haben. Lediglich 37 Teilnehmende haben seit 2019 durchgängig an der Messe teilgenommen, 42 haben sowohl in 2022 als auch in 2023 ausgestellt, nur acht Umfrageteilnehmer waren seit 2019 mit keinem Stand auf der Opti präsent. Ganz bewusst hatten wir in der Umfrage auch Unternehmen angesprochen, die sich bislang nicht zu einer Teilnahme an der Branchenmesse entscheiden konnten. Mit insgesamt 92 Rückmeldungen von Firmen aus dem deutschsprachigen Raum zeigt sich zudem deutlich, dass gerade in der DACH-Region ein großes Interesse an einer konstruktiven Diskussion rund um die größte deutsche Branchenmesse besteht.
„Nur Herstellerveranstaltungen führen zu verkürztem Angebot“
Trotz der Zurückhaltung einiger Unternehmen in Bezug auf einen eigenen Stand bei den vergangenen beiden Austragungen untermauerten 92 Prozent der Antwortenden (und damit deckungsgleich mit der Besucher-Umfrage), dass es eine große Branchenmesse im deutschsprachigen Raum braucht (Grafik 1). „Um Vielfalt am Markt aufzuzeigen und auch greifbar zu machen, braucht es eine inländische Fachhandelsmesse. Nur Herstellerveranstaltungen führen zu einem verkürzten Angebot, weniger Diversität und ausschließlich Wettbewerbsvorteilen für die Größten am Markt“, sagt zum Beispiel Johannes Schubart, Head of Global Marketing, Product Management & Tools bei Optiswiss. Ähnlich äußert sich auch Till Marwitz, Exportleiter bei Marwitz Conquistador: „Ohne die Opti wären die Optikmessen in Mailand und Paris konkurrenzlos in Europa. Zu diesen Messen reist das Publikum aus dem deutschsprachigen Raum aber nur sehr eingeschränkt, sodass eine große Branchenmesse in Deutschland weiterhin einen bedeutsamen Branchentreff ermöglicht und auch ein wichtiges Zeichen für den Wirtschaftsstandort Deutschland setzt.“ Frank Tente, Inhaber von Koberg + Tente, macht sich ebenfalls für eine große deutsche Branchenmesse stark, schränkt aber ein: „Aus finanzieller und ökologischer Sicht ist eine Messe, wie wir sie vor Jahren hatten, aus meiner Sicht nicht mehr zeitgemäß. Auch die Kommunikation zu unseren Kunden hat sich in der letzten Zeit stark verändert […]. Nichtsdestotrotz finde ich eine Messe als Baustein wichtig in der Ansprache von neuen Kunden. Für unsere Teilnahme 2024 machen wir uns aktuell viele Gedanken, wie ein ansprechender, schöner Stand auch unseren ökologisch nachhaltigen Ideen entsprechen kann.“
Auch wenn die Opti vergangenen Januar mit drei Hallen, deutlich reduziertem Angebot und weniger Besuchenden die Rückkehr zum angestammten Termin realisierte, herrschte eine gute Stimmung in den Hallen der Messe München. Dies belegte schon die Besucher-Umfrage mit einem Durchschnittswert von 7,0 auf die Frage, wie ihnen die letzte Opti gefallen habe. Diesen Wert toppten die Umfrageteilnehmer der Industrie sogar noch mit 7,5 von 10 möglichen Punkten. In Sachen Ausstellerservice konnte die GHM diesen Wert nicht ganz erreichen. So gab es für den Service im Vorfeld der Messe durchschnittlich 6,2 Punkte (von 10), für den Service während der Messe und beim Auf- und Abbau jeweils 6,9 Punkte. Ein ordentlicher Wert, der aber dennoch Luft nach oben lässt.
Deutlich mehr Luft nach oben attestieren sowohl die Industrie als auch die Besuchenden der GHM in Sachen Kommunikation (Grafik 2). Zeitnah (39 % Industrie, 34 % Besuchende), umfassend (32 % Industrie, 29 % Besuchende) und transparent (29 % Industrie, 31 % Besuchende) erreichten hier noch die größten Zustimmungswerte. Um eben diese Kommunikation im Vorfeld der Opti 2024 (auch im Hinblick auf neue Konzepte im Austausch mit der Branche) zu verbessern, geht das Messorganisationsteam in den kommenden Monaten auf Tour im In- und Ausland. So stehen unter anderem die Date in Florenz (9. bis 11. September), das OHI Update in Wien (16. September), die Sichtkontakte (6. bis 8. Oktober in Berlin) oder auch das Spectaris Trendforum (6. November in Berlin) auf der Reiseroute. „Wir freuen uns sehr darauf, bei all diesen wichtigen Branchenevents dabei zu sein, um in den persönlichen Austausch mit der Branche zu kommen und unsere Sichtbarkeit national und international zu erhöhen“, sagt Opti-Leiterin Cathleen Kabashi.
Diskussion um Hallenaufteilung stellt sich eigentlich nicht
Schon im Vorfeld mit Spannung erwartet wurden die Ergebnisse zur gewünschten Hallenaufteilung. Schließlich hatten sich die Besucherinnen bereits zu 55 Prozent dafür ausgesprochen, die Gliederung nach Angebotsbereichen beizubehalten. Auch auf Seiten der Industrie machten sich nun 49 Prozent der Antwortenden dafür stark, an der bisherigen Hallenaufteilung festzuhalten. Weitere 31 Prozent könnten sowohl mit der Gliederung nach Angebotsbereichen als auch einer Durchmischung leben (Grafik 3). Erwartungsgemäß machen sich gerade die Fassungshersteller für die Gliederung nach Angebotsbereichen stark, auch bei der Glas- und Kontaktlinsenindustrie liegt der Anteil, der für eine Durchmischung stimmt, bei lediglich sechs Prozent. Einzig Firmen mit den Schwerpunkten EDV, Handelsware und Geräte stimmten mit 39 Prozent für eine Neustrukturierung. Und so scheint die Diskussion über eine Neuaufteilung der Opti-Hallen zwar an einigen Stellen hochgekocht zu sein, letztlich aber wohl eher als Wunsch Einzelner denn der breiten Masse.
Viel wichtiger erscheint ohnehin das Erreichen der persönlichen Ziele, die Firmen mit einem Stand auf der Opti verbinden. Und wer nun denkt, dass der Umsatz an vorderster Front stehen würde, dürfte überrascht sein. Denn deutlich wichtiger als das Generieren von Umsatz (68 %) ist den Ausstellern die Kundenbindung und Neukundengewinnung (jeweils 91 %). Auch Sichtbarkeit (88 %), Imagepflege (82 %) und die Einführung von Produktneuheiten (76 %) haben höhere Zustimmungswerte. Allerdings steigt die Wichtigkeit des Umsatzes mit der Standgröße: Bei den großen Firmen mit Standflächen von über 250 Quadratmetern nannten 100 Prozent der Antwortenden „Umsatz“ als Ziel ihrer Messeteilnahme, bei den Standgrößen zwischen 50 und 250 Quadratmetern waren es immer noch 74, bei den Ausstellern mit weniger als 50 Quadratmetern Standfläche lediglich 55 Prozent.
Eng verbunden mit den Zielen sind natürlich auch die Gründe, die für ein Ausstellen auf der Opti sprechen. Maßgeblich ist in erster Linie die Besucherqualität (72 %), gefolgt von der Besucherzahl (58 %), dem Standort München (55 %) und der Ausstellerqualität (49 %). Die reine Anzahl der Aussteller spielt hingegen nur für 32 Prozent eine Rolle (Grafik 4). Differenziert nach dem Geschäftsschwerpunkt wird bei dieser Frage deutlich, dass die Besucherzahl für die Fassungsindustrie deutlich weniger, die Qualität der Aussteller jedoch deutlich mehr Gewicht hat im Vergleich zu den fassungsfremden Unternehmen auf der Opti (Grafik 4a). Schaut man sich die gleiche Frage unter Berücksichtigung der Standgröße an, nimmt die Wichtigkeit von Ausstellerqualität und Ausstellerzahl mit zunehmender Standfläche zu (Grafik 4b).
Bei Fortbildungsangeboten spielt die Zielgruppe entscheidende Rolle
Vor Beginn der Corona-Pandemie war das Opti-Forum als Ort des Wissenstransfers gesetzt. Gerade für das jüngere Publikum, das hat die Besucher-Umfrage gezeigt, ist der Fortbildungscharakter einer Messe ein Eckpfeiler, wenn man diese zukunftsfähig aufstellen möchte. Auch die Industrie erachtet Fortbildungsangebote als wichtig (6,2 von 10 Punkten), wenn es aber darum geht, sich selbst an diesen zu beteiligen, spielt insbesondere die eigene Zielgruppe eine Rolle. Während sich nur knapp jeder dritte Aussteller, der sich an modisch Interessierte wendet (also in erster Linie Fassungshersteller), ein Angebot wünscht, um sich an Fortbildungsinhalten aktiv zu beteiligen (31 %), will sich jede zweite Firma, die gezielt Optometristen anspricht, hier engagieren (51 %).
Wissenstransfer bezogen auf die eigenen Produkte – das ginge natürlich auch ohne die Opti mit eigenen Veranstaltungen. Allerdings halten sich die Umfrageteilnehmer hier noch stark zurück. 42 Prozent der Unternehmen haben diesbezüglich noch keine Entscheidung getroffen, 32 Prozent planen ergänzende Veranstaltungen zur Opti-Teilnahme, nur knapp jedes zehnte Unternehmen (8 %) will alternative Formate nutzen. Besonders unentschlossen sind bislang noch die großen Unternehmen, die normalerweise mit Standflächen von über 250 Quadratmetern auf der Messe vertreten sind, kleinere Aussteller planen zum jetzigen Zeitpunkt eher mit ergänzenden Veranstaltungen oder verzichten völlig darauf (Grafik 5).
Für die Kommunikation mit Augenoptikern und Augenoptikerinnen unabhängig von der Messe nutzen 89 Prozent die Möglichkeit, dies über Online-Formate zu bewerkstelligen. Allerdings folgen diesem Weg nur 50 Prozent der Zielgruppe (Grafik 6). Die größte Schnittmenge ist hier der Außendienst, über den 76 Prozent die Industrieunternehmen auf ihre Produkte und Dienstleistungen aufmerksam machen und 72 Prozent der Augenoptiker diese Informationsquelle nutzen. In einem ähnlichen Bereich bewegen sich auch die Fachmedien (61 % Industrie, 64 % Augenoptiker). Die größte Diskrepanz findet sich beim Thema (Firmen-)Newsletter: Obwohl die Industrie diesen zu 79 Prozent in die Waagschale wirft, stößt er nur bei 31 Prozent der Augenoptikerinnen auf Interesse.
Was muss eine Messe in Zukunft leisten?
Das Bestreben, den Messestandort Deutschland zu erhalten, haben beide Umfragen mehr als deutlich gemacht. Doch wie muss sich eine Messe in Zukunft präsentieren, um nicht an Relevanz zu verlieren? Ein vollständiges Produktangebot und eine Ausstellervielfalt ist für Industrie (76 %) und Besuchende (78 %) unerlässlich (Grafik 7). Hinzu kommt die Bedeutung eines zentralen Standorts und die Erreichbarkeit (Industrie: 83 %, Besucher: 73 %). Überdies muss eine Messe Impulsgeber sein. Dem Aussteller- und Besucherservice sowie dem Netzwerkcharakter misst die Industrie jedoch einen deutlich höheren Stellenwert bei als die Besucher. Hybride Formate spielen indes auf beiden Seiten für die Zukunft eine eher untergeordnete Rolle.
Zur Zukunft der Opti gehört gerade auf Seiten der Industrie aber auch der zeitliche Abstand zur Mido. In 2024 beispielsweise liegen lediglich drei Wochen zwischen beiden Messen – mit logistischen Folgen für Unternehmen, die auf beiden Branchentreffs Präsenz zeigen wollen. Und so verwundert es nicht, dass sich drei Viertel der Umfrageteilnehmenden für einen Mindestabstand von vier Wochen (oder mehr) aussprechen (Grafik 8).
Und wie geht es nun weiter? Nachdem im ersten Schritt die Bestandsaufnahme abgeschlossen ist und sowohl Besucher als auch Industrie ihre Wünsche und Bedürfnisse benennen konnten, wird nun Runde zwei eingeläutet. Aus diesem Grund hat die GHM, wiederum in Kooperation mit der DOZ, für Anfang Juli zum sogenannten World Café eingeladen, bei dem 40 ausgewählte Augenoptikerinnen und Vertreter der Industrie nun in den weiteren Austausch gehen. Die Ergebnisse werden wir Ihnen in der August-Ausgabe der DOZ präsentieren.