Wissenschaftspreis für Forschung zu Hyalozyten
Hyalozyten gehören zu den Zellen des angeborenen Immunsystems im hinteren Augenabschnitt.
Hyalozyten sind Zellen, die in geringer Menge im hinteren Teil des Glaskörpers des menschlichen Auges vorkommen und für dessen Stoffwechsel eine wichtige Rolle spielen. Der Glaskörper bildet laut einer Pressemitteilung der Stiftung Augen gewissermaßen die Füllung des Auge zwischen Linse auf der Vorder- und Netzhaut auf der Rückseite. Welche Funktion die Hyalozyten in diesem Bereich genau erfüllen und wie ihre Struktur aufgebaut ist, ist bisher allerdings nur wenig erforscht.
In ihrer Forschungsarbeit hat Dr. med. Stefaniya Boneva mittels RNA-Sequenzierung erstmalig die Zelleigenschaften von Hyalozyten genauer unter die Lupe genommen und konnte laut Stiftung Auge erstmals nachweisen, dass Hyalozyten das Immunsystem des Auges wesentlich prägen. Hyalozyten tragen dazu bei, dass der Glaskörper seine spezielle, gallertartige Struktur und seine Transparenz aufrechterhält. Das hemmt möglicherweise auch Entzündungen im Auge und spielt bei bestimmten Augenerkrankungen eine Rolle. So beeinflussen sie offenbar den Verlauf von Erkrankungen wie der Uveitis, der diabetischen Retinopathie oder der sogenannten proliferativen Vitreoretinopathie. „All diese Erkrankungen können dazu führen, dass Betroffene in ihrer Sehfähigkeit stark eingeschränkt werden oder sogar ganz erblinden“, sagt Professor Dr. med. Frank G. Holz, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Auge. Der Wissenschaftspreis der Stiftung Auge ist mit 2.500 Euro dotiert und wird jedes Jahr im Rahmen des Kongresses der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) verliehen.
Kurzinterview mit der Preisträgerin
Die Freiburger Augenärztin und Nachwuchswissenschaftlerin Stefaniya Boneva erhält den Wissenschaftspreis der Stiftung Auge für ihre Forschung zu den Hyalozyten.
Frau Boneva, in Ihrer Forschung beschäftigen Sie sich mit Hyalozyten. Warum sind diese so interessant?
Dr. med. Stefaniya Boneva: Obwohl die Zellen bereits im 19. Jahrhundert von einem dänischen Forscher beschrieben wurden, war bisher nur wenig über ihre genaue Rolle im menschlichen Glaskörper bekannt. Die geringe Anzahl der Hyalozyten hat in der Vergangenheit deren tiefgreifende Erforschung verhindert. Mithilfe neuester Analyseverfahren konnten wir im letzten Jahr diese Glaskörperzellen analysieren und stellten fest, dass es sich bei Hyalozyten um eine spezialisierte Immunzellpopulation des Glaskörpers handelt. Unsere Daten legen nahe, dass Hyalozyten essenziell für den Erhalt der Glaskörpertransparenz sind und das Auge vor Schäden schützen.
Wie kann man eine nachteilige Entwicklung von Hyalozyten untersuchen? Ist das eine Untersuchung die einzig die Augenärztin vornehmen kann oder können krankhafte Verläufe auch durch eine Optometristin erkannt werden?
Dr. med. Stefaniya Boneva: Mithilfe üblicher Untersuchungsverfahren, wie Funduskopie oder optischer Kohärenztomografie können Hyalozyten nur als Glaskörperzellen erahnt werden. Die Genexpressionsanalysen, die wir durchgeführt haben, sind aktuell nur im Rahmen von wissenschaftlichen Vorhaben durchführbar. Neueste diagnostische Verfahren, wie z.B. adaptive optics OCT (AO-OCT) demonstrieren allerdings auf eine sehr elegante Art und Weise das Vorhandensein von Immunzellen in der uns bekannten Lokalisation. Die ständige technologische Entwicklung in der Ophthalmologie lässt uns also hoffen, dass wir die Hyalozyten bald in Routineuntersuchungen beim Augenarzt anschauen können.
Was für Möglichkeiten können sich aus Ihren Forschungen zu Hyalozyten für die Augengesundheit und Prävention von Krankheiten ergeben?
Dr. med. Stefaniya Boneva: Wir gehen am ehesten davon aus, dass Hyalozyten einerseits das Immunsystem unterstützen, indem sie Erreger „verdauen“ und die ersten Schritte der Immunantwort einleiten, aber auch proinflammatorisch wirken, indem sie weitere Immunzellen anziehen. Welche Eigenschaft dabei in welcher Situation überwiegt, ist bisher unklar. Aufgrund der Lokalisation der Zellen am Übergang vom Glaskörper zur Netzhaut vermutet man eine Rolle der Hyalozyten nicht nur bei den von uns bisher analysierten altersbedingen Erkrankungen des hinteren Augenabschnittes, sondern auch bei anderen Erkrankungen, wie z.B. der proliferativen diabetischen Netzhauterkrankung. Um dies genauer zu untersuchen, sollte man die Schlüsselfaktoren von „erkrankten“ Hyalozyten analysieren und in experimentellen Modellen hemmen. Die ersten Schritte sind also gemacht, es stehen aber weitere spannende Projekte an, die wir hoffentlich bald mit Ihnen teilen können.