Mido: „Wir wollen und können unseren Termin nicht verschieben“
Giovanni Vitaloni ist Präsident der Mido und unterstreicht gerne den Anspruch der Messe, die international bedeutsamsten Veranstaltung der Branche zu sein.
Erstveröffentlicht in der DOZ 01I24
Giovanni Vitaloni ist nicht nur seit 30 Jahren in der Eyewear-Branche aktiv und Chef des italienischen Labels Vanni (siehe DOZ 11|23), seit 2017 ist er auch Präsident der weltweit größten augenoptischen Fachmesse Mido. Im Gegensatz zur Opti wird die Mido vom italienischen Industrieverband ANFAO (Associazione Nazionale Fabbricanti Articoli Ottici) organisiert. Die Messe sei „ein Export-Motor“, der von der Industrie betrieben werde, und das stärkste Tool des Verbands, sagt Vitaloni im DOZ-Interview. Entsprechend wichtig sei es, die Mido als „place to be“ zu vermarkten und alle internationalen Player in Mailand begrüßen zu können Das damit verbundene Selbstverständnis wird im Gespräch immer wieder deutlich, gerade dann, wenn es um die anhaltende Terminproblematik zwischen Mido und Opti geht.
Herr Vitaloni, die Opti hatte in den vergangenen Jahren aufgrund schwindenden Zuspruchs von Ausstellern und Besuchern einige Probleme. Wie hat die Mido die Pandemie-Jahre überstanden?
Giovanni Vitaloni: 2019 war die bislang größte Mido – zumindest, wenn man sich die Jahre anschaut, in denen die Mido stattfinden konnte. Denn auf dem Papier hätte die Mido 2020 alle Rekorde gebrochen. Nach dem pandemiebedingten Rückgang ist die Mido jetzt aber wieder auf dem Weg zurück zu alter Stärke.
Nach sechs Pavillons im vergangenen Jahr werden es 2024 sogar sieben sein. Und auch weitere Zahlen sprechen für das Wachstum: Die Ausstellerfläche wird mit 42.000 Quadratmetern um 18 Prozent wachsen, bei den Ausstellern haben wir mit 1.150 ein Plus von 15 Prozent. Wir haben den guten Vibe der vorigen Messe nutzen können und schon kurz nach der Mido 2023 einen zusätzlichen Pavillon angemietet. Somit hinken wir den Zahlen von 2019 nicht mehr weit hinterher.
Wie wichtig ist dieses Wachstum?
Im Gegensatz zur Opti, die von einem privaten Unternehmen veranstaltet wird, ist die Mido das Aushängeschild der italienischen Industrie mit dem Industrieverband ANFAO als Organisator. Für die Augenoptik in Italien, die zu 90 Prozent vom Export lebt, ist die kommende Mido besonders wichtig, da nach einem guten ersten Halbjahr 2023 die Zahlen zum zweiten Halbjahr deutlich rückläufig waren. Dennoch jagen wir den Zahlen von 2019 nicht hinterher, da die Qualität der Messe wichtiger ist als die reine Quantität. Dennoch sind wir stolz darauf, mit der Mido die weltweit größte Messe in der Augenoptik auf die Beine stellen zu können.
Besucherinnen und Besucher aus 150 Ländern kamen im vergangenen Jahr zur Mido. Auch in diesem Jahr will die italienische Messe der „place to be“ sein.
Die Opti hat mit einem Round Table und Präsenz auf zahlreichen Veranstaltungen versucht, die Bedürfnisse des Marktes aufzusaugen und die Erkenntnisse daraus in die kommende Opti zu transportieren. Wie gut kennt die Mido die Bedürfnisse der Aussteller und Besucher?
Dadurch, dass die Messe von der Industrie selbst veranstaltet wird, haben wir unser Ohr ganz nah am Markt. Wir kennen die Bedürfnisse mehr als der Hälfte der Aussteller ganz genau aus unserer täglichen Arbeit, wir haben ein feines Gespür dafür, was die Leute bewegt. Mit den international wichtigen Kunden veranstalten wir zudem regelmäßige Panels. Wir wollen nicht nur Produkte auf der Messe präsentieren, sondern auch die Kultur der Augenoptik mitprägen. Zum Beispiel im Bereich Nachhaltigkeit: Was früher eine nette Worthülse war, versuchen wir mittlerweile mit Leben zu füllen.
Aussteller für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisieren
Kann eine augenoptische Messe wie die Mido, zu der Aussteller aus der ganzen Welt anreisen, denn überhaupt nachhaltig sein?
Wenn ich 15 Jahre zurückblicke, dann war eine Messe sicherlich nicht nachhaltig. Heute aber beginnt Nachhaltigkeit schon mit dem Standbau. Wir haben versucht, unsere Aussteller für das Thema zu sensibilisieren und vor fünf Jahren bereits den „Stand up for green“-Award ins Leben gerufen, mit dem wir die umweltfreundlichen Messestände prämieren. Mittlerweile gibt es hier rund 150 Bewerbungen pro Jahr. Weiterhin haben wir als ANFAO ein Zertifikat für nachhaltige Brillenfassungen geschaffen. Dieses Zertifikat soll nicht nur ein neuer Maßstab in Italien, sondern auch in Europa und sogar weltweit werden.
Das heißt auch in Asien, wo eine Vielzahl von Fassungen produziert werden? Schließlich gibt es auf der Mido einen Pavillon ausschließlich mit asiatischen Herstellern.
Der entscheidende Punkt ist doch der CO2-Fußabdruck. Es macht überhaupt keinen Sinn, Rohmaterial aus Europa nach Asien zu schaffen, nur um dort günstiger produzieren zu lassen. Natürlich ergibt sich dadurch eine Kostenersparnis von 40 Prozent, auf der anderen Seite erhöht sich der CO2-Fußabdruck um das 3,5-fache. Das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass die Fabriken in Asien mit lokal hergestellten Rohmaterialien versorgt werden und die Lieferkette innerhalb Asiens verbleibt.
Wir sind alle nicht glücklich mit dieser Situation, aber es gibt derzeit keinen Ausweg
2024 liegen zwischen Opti und Mido immerhin drei Wochen, für 2025 kündigt sich ein noch engeres Zeitfenster von lediglich einer Woche an. Eine Situation, die unter Umständen beiden Messen Nachteile verschafft.
Das Thema ist ja nicht neu. Wir haben bereits 2019 einen langfristigen Vertrag mit der Messe Mailand, der Fiera Milano Portello, unterschrieben und unsere Termine für sieben Jahre fixiert. Das hatte den Hintergrund, dass wir 2026 die Olympischen Spiele in Mailand und Cortina d’Ampezzo haben. Das Pressecenter wird ebenfalls auf der Messe installiert und wir wollten unseren Februartermin sicherstellen. Der Februar ist aufgrund der zeitlichen Nähe zu den Fashion Weeks extrem wichtig, da wir als Augenoptik ja auch im Fashionbereich angesiedelt sind. Die Opti muss alle zwei Jahre aufgrund einer großen anderen Messe (die „Bau“, Anm. d. Red.) auf den späteren Termin im Januar ausweichen. Mit dem angestrebten Wechsel nach Stuttgart wollte man diesem Problem aus dem Weg gehen, mit der Rückkehr nach München aber steht man erneut vor der Terminproblematik. Wir als Mido aber wollen und können unseren Termin nicht verschieben. Ich hoffe, die Opti findet für die Zukunft eine Lösung. Schließlich gibt es einige Firmen, die sowohl auf der Opti als auch auf der Mido ausstellen wollen. Ich weiß nicht, welche Optionen die Opti noch hat, aber natürlich sollten die Messen mindestens drei Wochen auseinander liegen.