Gravitationszentrum mit enormer Anziehungskraft

75 Jahre SWAV

Mehr als 110 Gäste folgten am 9. November der Einladung des Südwestdeutschen Augenoptiker- und Optometristen-Verbands ins Technikmuseum nach Speyer, um dort gemeinsam auf 75 Jahre SWAV anzustoßen. Langjährige Wegbegleiter aus Haupt- und Ehrenamt waren gekommen, um nicht nur in die Zukunft zu schauen, sondern auch einen Blick zurück zu wagen. Für die DOZ tut dies an dieser Stelle SWAV-Pressereferentin Sandra Van Heule.
SWAV Feierstunde

In der Raumfahrthalle des Technikmuseums in Speyer begrüßte der Südwestdeutscher Augenoptiker- und Optometristen-Verband seine Gäste. SWAV-Geschäftsführer Peter Kupczyk, Peter Haas, Hauptgeschäftsführer von Handwerk BW, und SWAV-­Vorsitzender Matthias Müller postierten sich für das Foto vor dem Space-Shuttle Buran.

© SWAV/KD Busch

Erstveröffentlicht in der DOZ 01I25

Es ist Samstag, der 9. November 2024. Matthias Müller aus Singen, seit 2013 Vorsitzender des SWAV, steht in der Raumfahrthalle des Speyrer Technikmuseums. Das Datum ist mit vielen historischen Ereignissen verbunden und wird nicht umsonst „Schicksalstag“ genannt: Der Fall der Berliner Mauer 1989, die Reichspogromnacht 1938, der Hitlerputsch 1923, das Ausrufen der Republik aufgrund der Novemberrevolution 1918. Für Matthias Müller steht das Datum aber an diesem Abend vor allem für den Südwestdeutschen Augenoptiker- und Optometristenverband und seine Geschichte. Denn an diesem Abend kommen Weggefährten des Verbands und der Innungen sowie Freunde und Unterstützer zusammen, um ein großes Jubiläum zu feiern: 75 Jahre SWAV. Und es waren ereignisreiche Jahre, wie Dieter Mollenkopf, Ehren­vorsitzender des SWAV und – von 1991 bis 2008 – 17 Jahre Vorsitzender, in seiner Rede aufzeigt.

Rückblick: Montag, der 21. November 1949, irgendwo in Koblenz. Es ist der Tag, an dem sich die Herren Josef Akermann, Rudolf Nosch, Erich Schmalreck, Ernst Fischer und Willy Sauerborn zusammenfinden und einen Verband gründen. Nicht nur irgendeinen Verband. Sondern einen, der vier augenoptische Innungen aus zwei Bundesländern vereint: Südbaden, Südwürttemberg, Koblenz/Trier und Rheinhessen. Aus unterschiedlichen Städten sind sie ans Deutsche Eck gereist: Mainz, Kaiserslautern und Speyer, Freiburg und Reutlingen. Und hier, in einer der ältesten Städte Deutschlands, gründen sie den „kleinen SWAV“, den Südwestdeutschen Augenoptiker-Verband. Mit dem die Geschichte beginnt. 

Ein Zusammenschluss benötigt Orientierung und Führung, damals wie heute. Und so wird 1949 Willy Sauerborn aus Speyer die Ehre des ersten Vorsitzenden des Verbands zuteil. Die Gründung des SWAV und der Name Sauerborn bleiben auch im Bundesgebiet nicht ohne Beachtung. 1951 gibt er den Vorsitz an Rudolf Nosch aus Freiburg ab, um im kurz zuvor wiederbegründeten Zentralverband der Augenoptiker (ZVA) als dritter Vorsitzender die Belange der Augenoptik auf Bundesebene zu vertreten. In die Amtszeit Rudolf Noschs fällt die Einführung der Handwerksordnung 1953. Die Folge: Alle Landesverbände müssen sich neu aufstellen. Nosch packt die Gelegenheit beim Schopfe und vernetzt sich mit den beiden Innungen Nordbaden und Nordwürttemberg. Vertreter der sechs Innungen treffen sich schließlich am Sonntag, 8. August 1954, zur konstituierenden Sitzung in Karlsruhe und gründen den „großen SWAV“. 

Expansion und Beständigkeit

Mit der Einführung der Handwerksordnung wurden auch die wesentlichen Aufgaben einer Innung festgeschrieben. Von der Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen der Mitglieder über die Bildung von Prüfungsausschüssen bis hin zur Vermittlung bei Streitigkeiten sind viele Themen abgedeckt. Und diesen Aufgaben widmen sich die augenoptischen Innungen und natürlich auch der SWAV. Innungsmitglieder kommen nicht nur in den Genuss zahlreicher Vorteile – auch steht das Wort „Innung“ für Qualität. Viele Handwerker treten daher in ihre Innung ein und treiben auch in der Augenoptik die Zahl der Mitgliedschaften nach oben. Damit ist schnell klar: eine hauptamtliche Geschäftsführung muss her. Ob Fortuna ihre Hände im Spiel hatte, ist nicht bekannt, doch findet sich 1961 in Dr. Paul Kirschner ein Geschäftsführer „für die Ewigkeit“: 35 Jahre Geschäftsführertätigkeit sind heutzutage schon eine mittlere Sensation. Für ihn und Willy Sauerborn, der nach seiner Zeit beim ZVA in den Heimathafen SWAV zurückkehrte, steht der nächste Zuwachs auch schon vor der Tür: Die Innung des Saarlands erweitert den SWAV 1962. Damit ist dem Wort „südwestdeutsch“ auch buchstäblich vorerst Genüge getan. 

Dieter Mollenkopf SWAV

Ehrenpräsident Dieter Mollenkopf  blickte mit den Anwesenden auf die bewegte Geschichte des SWAV zurück. 

© SWAV/KD Busch

Die Themen, die den südwestdeutschen Augenoptikern unter den Nägeln brennen, sind vor allem die Verträge mit den Krankenkassen und die Ausbildung der Lehrlinge. Diesen Projekten widmet sich ab den 1970er Jahren Helmut Graf aus Singen – und zwar 16 Jahre lang. Den Vorsitz des SWAV nutzt er für langwierige Krankenkassenverhandlungen über Preise und Leistungen. Aber auch Graf wird schnell bewusst: ohne Nachwuchs keine Nachfolge! Und somit legt er bereits damals, unbewusst oder bewusst, den Grundstein für die heutige Ausbildungssituation im Gebiet des SWAV. Sein Nachfolger, Dieter Mollenkopf aus Stuttgart, fokussiert sich in der Zeit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit ebenfalls auf die Berufsausbildung. Und so entsteht die erste überbetriebliche Lehrwerkstatt im Gebiet des SWAV, in Leonberg. Eben jene hat Bestand bis 2015 – dem Jahr der Eröffnung des großen Aus- und Weiterbildungszentrums in Karlsruhe.

Das Aus- und Weiterbildungszentrum: ein Ort der Lehre

Dieses Aus- und Weiterbildungszentrum (AWZ) ist ein Gemeinschaftsprojekt von Haupt- und Ehrenamt. Unter dem Vorsitzenden Dieter Mattern aus Wiesloch und Geschäftsführer Peter Kupczyk, der Dr. Paul Kirschner und Frank Petersilie im Jahr 2005 nachfolgt, entsteht ab 2008 eine Idee: Alle Auszubildenden der Augenoptik aus Baden-Württemberg vereint an einem Ort der Lehre. Eröffnet wird das AWZ feierlich am 15. September 2015 – unter dem Vorsitz von Matthias Müller, damals noch in seiner Funktion als Landesinnungsmeister der Augenoptiker-Innung Baden-Württemberg. Denn Träger des AWZ ist seinerzeit die Innung, besuchen doch nur Auszubildende aus Baden-Württemberg die Ausbildungsbereiche in Karlsruhe. Begeisterte Stimmen aus dem ganzen Bundesgebiet begleiten die Entstehung von Deutschlands größtem und modernstem Aus- und Weiterbildungszentrum in der Augenoptik. Bereits wenige Monate später starten die ersten Azubis aus Rheinland-Pfalz ihre ÜLU, die überbetriebliche Lehrlings­unterweisung, wochenweise im AWZ. 

Willy Sauerborn

Ein Foto vermutlich aus den Anfangsjahren des SWAV: Als zweiter von links zu sehen ist Willy Sauerborn, der erste Vorsitzende des Verbands. 

© SWAV/Archiv

Und heute, knapp zehn Jahre später? Reisen auch die hessischen Azubis ins benachbarte Baden-Württemberg. Die „Eintrittskarte“ dafür ist der Beitritt der Landesinnung Hessen zum SWAV im Jahr 2019. Auf mehreren Ebenen haben diese Entwicklungen Auswirkungen auf das Arbeitsvolumen des Verbands: Nicht mehr nur rund 1.000 Azubis aus Baden-Württemberg werden überbetrieblich unterwiesen, sondern mehr als 1.700 Azubis aus drei Bundesländern; auch die Mitgliederzahl des SWAV erhöhte sich um rund 350 hessische Augenoptiker.

Die Erweiterung des Verbandsnamens um „Optometristen“ und die Übertragung der Trägerschaft des AWZ auf den SWAV finden in Zeiten der Corona-­Pandemie statt. 

Dr. Paul Kirschner

Dr. Paul Kirschner wird 1961 der erste Geschäftsführer des SWAV und bleibt für 35 Jahre in dieser Position. 

© SWAV/Archiv

Das Erfolgsrezept? Vertrauen und Verständnis

75 Jahre gemeinsam für die Mitglieder da sein: Das funktioniert nur, wenn Haupt- und Ehrenamt zusammen für ihre Ziele einstehen, vertrauens- und verständnisvoll miteinander umgehen und die Belange der Innungsmitglieder nicht aus den Augen verlieren. Änderungen und neue Vorgaben kommen Jahr für Jahr auf die Augenoptik zu, so dass mittlerweile nicht mehr sechs, sondern 25 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim SWAV in Speyer und Karlsruhe als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Der Verband wächst mit seinen Aufgaben – damals wie heute. „So wünsche ich dem SWAV für die nächsten 75 Jahre: Er möge blühen, wachsen und gedeihen. Den Blick auch weiterhin fest auf die Interessen des Berufs­stands und seiner Mitglieder gerichtet.“ Mit diesen Worten endet die Rede von Dieter Mollenkopf am 9. November 2024. Und dieser Rückblick auf 75 Jahre SWAV.

Sandra van Heule
© SWAV

Autorin: Sandra Van Heule

Seit 2012 ist die Diplom-Sozialwirtin für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Südwestdeutschen Augenoptiker- und Optometristen-Verbands verantwortlich. Alle beim SWAV veröffentlichten Texte, sowohl intern als auch extern, gehen über ihren Schreibtisch. Ebenfalls ist sie hauptverantwortlich für Veranstaltungen, Kommunikations- und Marketingkonzepte.