Wie sich die Aus- und Weiterbildung finanziert – Teil 1

Extrageld: Wer wenig verdient, ist oft darauf angewiesen

Wer später viel Geld verdienen will, kann mit einer Ausbildung oder einem Studium die Grundlagen dafür schaffen. In dieser Zeit steht man allerdings oft mit geringem oder ganz ohne Einkommen da und muss trotzdem Wohnung, Kleidung und Lebenshaltung finanzieren. Der Staat hat verschiedene Möglichkeiten geschaffen, um Ausbildungswillige finanziell zu unterstützen. In einer dreiteiligen Serie schauen wir uns diese für Ausbildung, Meister und Studium einmal genauer an.
Geld guckt aus Hosentasche

Mit ein wenig Extrageld lässt sich die Ausbildung besser finanzieren.

© Shutterstock / slowmotiontv

„Das schöne Gefühl, Geld zu haben, ist nicht so intensiv, wie das Sch...gefühl, kein Geld zu haben“, hat Herbert Achternbusch, deutscher Schriftsteller, Filmregisseur und Maler gesagt. Auszubildende kennen das Gefühl: Da ist so viel Monat am Ende des Geldes übrig. Doch welche Möglichkeiten hat man, um sein Ausbildungsgehalt aufzubessern?

Im ersten Teil der dreiteiligen Serie schauen wir uns die Finanzierung für die Ausbildung an. Am einfachsten ist es, während der Ausbildung zu Hause wohnen zu bleiben. Ist dies aufgrund der Entfernung oder familiären Situation nicht möglich, kann neben der finanziellen Unterstützung durch die Eltern ein Nebenjob bis 450 Euro Gehalt ausgeübt werden. Der Staat bietet weitere Möglichkeiten: Kindergeld, Berufsausbildungsbeihilfe (BAB), Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und Wohngeld.

Grundsätzlich ist gesetzlich geregelt: Wer eine duale Ausbildung (Betrieb und Berufsschule) macht, beantragt die BAB. Wer eine Berufsfachschule, Fachschul-, Fachoberschul- und Berufsfachschulklasse und Berufsaufbauschule besucht oder eine schulische Ausbildung (z.B. Erzieher, Chemisch oder Pharmazeutisch-technischer Assistent) absolviert, kann einen Antrag auf BAföG-Förderung stellen, wenn er bei Beginn der Ausbildung jünger als 30 Jahre ist. Auf die Unterschiede zwischen Schüler- und Studenten-BAföG gehen wir in Teil drei der Serie unter dem Thema „Finanzierung des Studiums“ ein.

Kindergeld

Seit dem 1. Juli 2019 liegen die Kindergeldsätze für das erste und zweite Kind bei einem Monatszuschuss von 204 Euro. Das dritte Kind erhält 210 Euro und ab dem vierten besteht ein Anspruch auf 235 Euro im Monat. Kindergeld wird einkommensunabhängig an alle Familien ausgezahlt. Kindergeldanspruch haben alle Kinder bis sie volljährig sind. Vorab muss ein schriftlicher Kindergeldantrag an die zuständige Familienkasse (i.d.R. die Bundesagentur für Arbeit) gestellt werden. Bis zum vollendeten 25. Lebensjahr kann das Kindergeld allen ausbezahlt werden, die eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren – ebenfalls auf Antrag.

Gut zu wissen: Bei der zuständigen Familienkasse kann ein Abzweigungsantrag gestellt werden, sodass das Kindergeld direkt auf das eigene Konto überwiesen wird – vorausgesetzt man ist volljährig und sorgt für sich selbst. Achtung: Der Anspruch auf Kindergeld erlischt, wenn die erste Ausbildung erfolgreich abgeschlossen wurde und man sich in einer Folgeausbildung befindet und dabei mehr als 20 Stunden pro Woche arbeitet.

Kann man auch Kindergeld ab 18 beantragen, wenn vorher noch keines ausgezahlt wurde? – Ja, da das Geld neu beantragt werden muss – die Zahlung wird mit dem Monat des 18. Geburtstags eingestellt.

Berufsausbildungsbeihilfe

Wer für die Ausbildung in eine eigene Wohnung zieht, kann bei der Bundesagentur für Arbeit Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) beantragen (auch online möglich). Hier sind die Voraussetzungen enger gefasst und die Berechnung komplizierter - dafür muss sie nicht zurückgezahlt werden. Letztlich hängt es immer von den eigenen Lebensumständen und dem Einkommen der Eltern ab, ob die Beihilfe bewilligt wird. Voraussetzung: Es muss die erste Ausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf sein.

Nehmen wir an, Marko ist 21 Jahre alt und macht eine Ausbildung zum Augenoptiker. Er kann nicht bei seinen Eltern wohnen, da sich die Ausbildungsstätte im zentralen Stuttgart befindet und die Verbindung in seinen 35 Kilometer entfernten Heimatort Mönsheim mit öffentlichen Verkehrsmitteln rund zwei Stunden dauern würde. Sein WG-Zimmer kostet ihn 500 Euro im Monat. Die Ausbildungsvergütung beträgt 600 Euro im ersten Lehrjahr (laut Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen für Baden-Württemberg). Das Azubi-Ticket des Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) kostet für eine Zone monatlich 49 Euro.

Entsprechend erhält Marko neben seiner zu versteuernden Ausbildungsvergütung zusätzlich 251 Euro von der Agentur für Arbeit. Die Zahlen sind nur beispielhaft anzusehen, da die individuellen Lebensumstände variabel sind. Der Anspruch für die BAB entsteht ab dem Monat, in dem das Antragsformular eingegangen ist. Tipp: am besten vor Ausbildungsbeginn einreichen. Sollten Unterlagen fehlen, können diese nachgereicht werden. Wenn die Ausbildungsvergütung steigt, kann der Anspruch auf BAB geringer ausfallen oder ganz verloren gehen.

Screenshot BAB eigene Beispielrechnung

Eigenes Rechenbeispiel einer Berufsausbildungsbeihilfe.

© DOZ-Verlag /Ann-Katrin Zellner

Wohngeld

Selbst wenn man beim BAB abgelehnt wurde, besteht nicht automatisch ein Anspruch auf Wohngeld. Als Auszubildender darf man Wohngeld nur dann beantragen, wenn man die zweite Ausbildung absolviert oder einen nicht staatlich anerkannten Beruf (neue Berufe wie Yogalehrer/in oder veraltete wie Schriftsetzer/in) erlernt. Der Anspruch hängt von der Anzahl der Haushaltsmitglieder, dem Gesamteinkommen des Haushalts sowie den Mietkosten ab. Weiter muss der Antragsteller über 18 Jahre alt sein und darf nicht mehr zu Hause wohnen. Das Wohngeld wird bei der entsprechenenden Wohngeldstelle der jeweiligen Gemeinde beantragt.

Nebenjob

Keine Lust auf Bürokratie? Dann kommt ein Nebenjob in Frage – auch wenn die klassischen Jobs wie Kellner, Messehostess oder Aufbauhelfer beim Konzert aufgrund von Corona gerade rar gesät sind. Ein Nebenjob ist nicht genehmigungspflichtig, trotzdem sollte man dies besser mit Ausbilder und Ausbildungsbetrieb abstimmen. Denn in manchen Ausbildungsverträgen ist ein Nebenjob verboten. Die Ausbildung hat immer Priorität, daher sollte diese nicht vernachlässigt werden, sonst kann der Arbeitgeber den Nebenjob verweigern. Weiter müssen die gesetzlichen Arbeitszeiten eingehalten werden. Der Nebenjob und die Ausbildung dürfen die maximale Arbeitszeit von bis zu 48 Wochenstunden in sechs Tagen (bei Erwachsenen) nicht überschreiten. Ebenso dürfen Azubis während ihres Urlaubes nicht in einem anderen Job tätig sein.

Nimmt man einen Nebenjob an, sollte dieser nicht in Konkurrenz zur Ausbildungsstätte stehen. Daher bietet es sich zum Beispiel an, am Wochenende zu Kellnern oder in einem Supermarkt die Regale einzuräumen. Durch das Internet wachsen die (spannenden) Möglichkeiten, sich nebenberuflich etwas dazu zuverdienen – in welcher Weise auch immer.

In Teil zwei der Serie zeigen wir, welche finanziellen Möglichkeiten es für den Meister gibt. Im dritten Teil geht es um die Unterschiede beim BAföG für Studierende und dem der schulischen Ausbildungen.