Augenoptik in Finnland

Ein Semester in Oulu

Eine Reise voller Erlebnisse und unerwarteter Ereignisse fanden die vier Studentinnen der Hochschule Aalen des Bachelorstudiengangs Augenoptik/Optometrie auf ihrem Abenteuer Auslandssemester in Oulu, Finnland.
vier Studentinnen des Augenoptik/Optometrie Studiengangs in Oulu Finnland

Die vier Studentinnen Annemarie Settele, Regina Preis, Tatjana Gueldenmeister und Carola Doner im tiefen finnischen Schnee.

© Annemarie Settele

Eine der häufigsten Fragen, die zu ihrem Auslandssemester gestellt wurde: „Warum gerade Finnland?“. Angeregt wurde dieser Wunsch durch Informationsveranstaltungen über verschiedene Möglichkeiten eines Auslandssemesters und durch Berichte anderer Studierenden, die bereits ein Semester in Finnland verbracht hatten. Ralf Michels, Betreuer des Austauschs nach Oulu, lud zudem die finnischen Dozenten Stefan Diekhoff und Tuomas Juustila der Oulu University of Applied Sciences an die Hochschule Aalen ein. Sie hielten einen Vortrag über ein Studium im Land der tausend Seen und begeisterte die vier Studentinnen für ein Auslandssemester in Finnland.

Es gab viele Gründe, warum sich Annemarie Settele, Regina Preis, Tatjana Gueldenmeister und Carola Doner endgültig für Finnland entschieden hatten. Einer der größten war die beeindruckende Natur und die einzigartige Landschaft, mit dem einhergehenden Wunsch, einmal die Nordlichter zu sehen. Außerdem haben Optometristen in Finnland, im Vergleich zu Deutschland, mehr Freiheiten und Rechte bei den Untersuchungen der Patienten, was an der Universität in Oulu gelehrt wird. Für die Studentinnen war es interessant, die Sprache und Kultur der Finnen kennenlernen zu dürfen.

Zwei Studentinnen in Finnland Auslandssemester haben zykloplegierte Augen

Die beiden Studentinnen haben zykloplegierte Augen, die eine Pupillenerweiterung und eine Vermeidung der Akkomodation auslösen.

© Annemarie Settele

Optometrie in Finnland

Die Optometrie in Finnland unterscheidet sich von der in Deutschland in einigen Punkten. Zum Beispiel gibt es in Finnland keine „klassische Augenoptiker-Ausbildung“. In Deutschland gibt es bekanntlich die Möglichkeit der betrieblichen Ausbildung und optional anschließend den Meistertitel zu bekommen oder im Studiengang Augenoptik/Optometrie den Bachelortitel zu erlangen. Das Studium ist mittlerweile auch ohne vorherige Ausbildung möglich.

 

In Finnland dagegen läuft die Ausbildung zum Augenoptiker ausschließlich über ein Studium. Hier haben die Studierenden zwischen den Präsenzphasen an der Universität, mit Vorlesung und Praktikum, regelmäßige betriebliche Praxisphasen, um das Gelernte direkt beim Augenoptiker, im reellen Arbeitsalltag anwenden und vertiefen zu können. Der Studiengang ist mehr medizinisch als technisch. So wird auf eine ausführliche Anamnese der Patienten sehr viel Wert gelegt. Zu finden sind hier die Standardfragen zur Augengesundheit, wie in Deutschland. Darüber hinaus wird aber die allgemeine Gesundheitsgeschichte des Patienten und der Familie intensiv erfragt. In dem Fragebogen werden unter anderem die Blutdruckmessung, Tonometrie und Gonioskopie vermerkt. Standardmäßig werden auch die Refraktionswerte ermittelt und notiert. Der Unterschied: in Finnland ist es üblich, dass Optometristen auch eine Refraktion unter zykloplegierten Augen durchführen, also unter Pupillenerweiterung und Akkommodationsvermeidung. Bevor man jedoch die Augentropfen dem Patienten verabreicht, sollte eine Gonioskopie (Kammerwinkelmessung) durchgeführt werden. Die verschiedenen Methoden werden an der Universität gelehrt. Unter anderem mit einer Gonio-Linse (z.B. Goldman 3-Spiegel-Linse), die erst verwendet wird, wenn die Hornhaut betäubt ist.

Alltag an der Oulu University of Applied Sciences

Während ihrer Zeit an der Oulu University of Applied Sciences bemerkten Settele, Preis, Gueldenmeister und Doner auch einige fachliche Unterschiede in der Kontaktlinsenanpassung. An der Hochschule Aalen wird der Fokus auf die Anpassung formstabiler Kontaktlinsen gelegt. In Finnland werden hingegen hauptsächlich weiche Kontaktlinsen angepasst. Dies zeigte sich auch, als die Studentinnen in Oulu auf der Suche nach Pflegemittel für formstabile Kontaktlinsen, erst einige Optiker besuchen mussten, bis sie erfolgreich waren.

Zusätzlich konnten die Studentinnen an einem Seminar der Firma Multilens teilnehmen. Die Referenten Jörgen Gustafsson (Norwegen), Gustav Brinkby (Schweden) und Auli Köresaars (Finnland) stellten in ihrem Seminar zunächst das Unternehmen und seine Produkte vor. Der inhaltliche Schwerpunkt der Veranstaltung lag auf der Anpassung von weichen Speziallinsen und die verschiedenen Geometrien und Besonderheiten der Rose K2 Kontaktlinse. Während des zweitägigen Seminars bekamen sie einen interessanten Einblick in die Welt der Sklerallinsen.

Bei den anschließenden Übungen standen die erfahrenen Teilnehmer des Seminars den Neulingen hilfreich zur Seite. So lernten die Studentinnen die herzliche und hilfsbereite Art der Finnen kennen. Allgemein war der Umgang an der Oulu University of Applied Sciences „OAMK“ sehr entspannt und freundlich. Die Dozenten wurden alle geduzt. Das war für sie anfangs ungewohnt, aber sehr förderlich für ein kollegiales Miteinander.

Finnland Oulu vereistes Meer

Das Meer an Oulus Küste war gefroren, sodass die Studentinnen darüber laufen konnten.

© Annemarie Settele

Trotz Corona eine lehrreiche Zeit erlebt

Als am 18.03.2020 mittgeteilt wurde, dass die Universität aufgrund der Covid-19-Pandemie geschlossen werde, änderte sich der Studienalltag. Die Kurse wurden auf Onlineunterricht umgestellt und vieles wurde im Selbststudium gelernt. Die Unterlagen waren überwiegend auf Englisch, doch manches auf Finnisch. Übersetzungs-Apps wurden essenziell. Auch beim Einkauf halfen diese weiter, da Beschriftung der Waren in Finnland fast immer auf Finnisch, Schwedisch und Dänisch ist. Die Finnen können jedoch Englisch und sind den Studentinnen bei Fragen immer hilfsbereit.

Trotz der Pandemie konnten die vier viel von Oulu und dessen Umgebung erkunden. Oulu ist Finnlands fünftgrößte und nördlichste Stadt und liegt am bottnischen Meerbusen, umgeben von naturbelassenen Kiefer- und Birkenwälder und zahllosen Flüssen und Seen, welche mit dem Fahrrad erreichbar sind. Das Meer ist dort bis April gefroren. So konnten sie einmal auf dem Meer spazieren gehen. Ein weiteres Highlight war der Blick auf die Nordlichter und zu erleben wie die Tage immer länger wurden. Im Januar schien die Sonne am Tag nur ein paar Stunden, im Mai wurde es nachts kaum dunkel. „Einen Sonnenaufgang sowohl um 11 Uhr vormittags als auch um 3 Uhr morgens gesehen zu haben, kann auch nicht jeder von sich behaupten“, lautete das Fazit der vier Studentinnen.

„Auch wenn das Semester schlussendlich nicht verlaufen ist wie geplant, ist die Zeit in Finnland lehrreich und aufregend gewesen. Wir sind dankbar dafür, dass wir, sowohl fachlich als auch persönlich viel dazu gelernt haben. Abschließend lässt sich wohl sagen, dass wir einmal mehr gelernt haben, dass das Leben zwar nicht immer läuft wie geplant, es sich aber doch immer lohnt stets das Beste daraus zu machen.“

Autoren: Annemarie Settele, Regina Preis, Tatjana Gueldenmeister, Carola Doner