CEO Anders Hedegaard im Exklusiv-Interview

Neuer Finanzinvestor: Apax übernimmt Mehrheit von Rodenstock

Das Traditionsunternehmen Rodenstock gehört künftig dem britischen Finanzinvestor Apax. Die Beteiligungsfirma wird die Mehrheit der Anteile am Brillenglas- und Fassungshersteller übernehmen, die bisher im Besitz des ebenfalls in Großbritannien ansässigen Investors Compass Partners war, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Im exklusiven Interview erklärt Rodenstock-CEO Anders Hedegaard die Hintergründe der Übernahme.
Anders Hedegaard CEO von Rodenstock

Seit Februar 2019 führt CEO Anders Hedegaard das Traditionsunternehmen Rodenstock. Für ihn ist der neue Investor Apax kein Unbekannter.

© Rodenstock

Bereits Mitte Februar wurde über einen Verkauf von Rodenstock spekuliert (die DOZ berichtete). Nur ein paar Wochen später, mitten in der der Corona-Krise, kommt die Meldung des Verkaufs daher zwar sehr zeitnah aber nicht überraschend. Bei Rodenstock haben sich Private-Equity-Unternehmen in der Vergangenheit die Klinke in die Hand gegeben. 2003 stieg Permira ein und unterzog den Konzern einer umfassenden Umstrukturierung. Die Briten verkauften ihre Anteile 2006 an den Investor Bridgepoint und 2016 ging die Mehrheit an die Investmentgesellschaft Compass. Zum neuen Finanzinvestor Apax Partners mit Hauptsitz in London gehört aktuell mit der Adco-Gruppe aus Ratingen der Hersteller von Dixi-Klos und ToiToi-Toiletten, der Textildiscounter Takko sowie das Luxuslabel Karl Lagerfeld. Die Transaktion stehe unter dem Vorbehalt behördlicher Genehmigungen und werde voraussichtlich Mitte 2021 abgeschlossen, so die Münchener.

 

DOZ: Was bedeutet der Verkauf an Apax für Rodenstock und die strategische Ausrichtung?

Anders Hedegaard: Es ist eine Bestätigung für unser aktuelles Handeln und beschleunigt unser weiteres Vorgehen. In den letzten zwei Jahren haben wir uns auf biometrisch intelligente Gleitsichtgläser B.I.G. – Vison for all konzentriert. Mit der neuen Ausrichtung haben wir hohe Wachstumsraten verzeichnet und weitere Marktanteile, die wir seit vielen Jahren nicht mehr hatten, gewonnen. Apax ist ein Medizintechnik-Investor, der solche Innovationen unterstützt. Diese starke Unterstützung für Rodenstock ist eine Investition in die Zukunft. Wir werden unabhängig bleiben – ein starker unabhängiger Lieferant in der Branche.

Wo werden Sie in den nächsten Jahren den Schwerpunkt setzen? Sind es technische Lösungen, Fassungen, Brillengläser oder die Kombination aus allem?

Mithilfe unserer Messtechnologie können wir Brillengläser produzieren, die präziser sind als die anderer Hersteller. Unser Fokus liegt auf der Innovation und Qualität der Biometric Intelligent Glasses (B.I.G.). Die hohe Qualität der Gläser wird in Zukunft ein Gewinn, sowohl für uns als auch für die Augenoptiker sein. Wir verkaufen zwar auch weiterhin Fassungen, diese bilden aber nur einen kleinen Teil unseres Geschäfts.

Warum wurde Rodenstock verkauft?

Der bisherige Eigentümer Compass Partner hat Rodenstock 2016 gekauft. Sie haben eine Neuausrichtung unserer Strategie vorgenommen, um zu den Wurzeln von Rodenstock zurückzukehren. Die Wurzeln von Rodenstock sind Innovation, also das Erbe der deutschen Ingenieurskunst. So konnten wir in den letzten fünf Jahren unsere Wachstumsraten steigern. Bei Finanzinvestoren ist es normal, dass nun ein neuer Eigentümer das Unternehmen übernimmt, um es auf die nächste Stufe zu bringen. Compass hat gewissermaßen vor fünf Jahren die Richtung vorgegeben und Apax wird das Wachstum nun beschleunigen. Ich denke, das ist der richtige Weg. Es ist ein Bekenntnis zu Rodenstock, da wir eine starke deutsche Marke sind, die sich weiter positiv entwickelt.

Wie viele Anteile besitzt Apax nun an Rodenstock?

Apax übernimmt die absoluten Mehrheitsanteile an Rodenstock, ein kleiner Prozentsatz verbleibt weiterhin beim Management.

Wie hoch war der Verkaufspreis? Laut Medienberichten plante Compass Partners, das Unternehmen für bis zu 1,7 Milliarden Euro zu verkaufen.

Über den finanziellen Teil der Transaktion kann ich leider nicht sprechen. Dieser wird zwischen den Eigentümern ausgehandelt und daher können wir dazu nicht weiter Stellung nehmen.

Gibt es einen Zeitplan, um die Schulden des Unternehmens zu reduzieren?

Mit Apax erhält Rodenstock frisches Geld, um zu wachsen. Aber auch Schulden gehören gewissermaßen dazu, das gilt für fast jedes Unternehmen. Wenn ich privat ein Haus kaufe, habe ich auch Schulden bei der Bank, aber es ist mein Haus.

Der Verkauf ging sehr schnell, nachdem die ersten Gerüchte bekannt wurden. Wann wurde die Entscheidung getroffen und gab es viele Interessenten?

Wir sind sehr stark aus dem Jahr 2020 herausgekommen, haben Marktanteile erobert und hatten mit B.I.G. einen großartigen Erfolg. B.I.G. kommt bei den Augenoptikern in Deutschland und auch in anderen Ländern gut an. Diese starke Position hat unseren Aktionär darin bekräftigt, dass es an der Zeit ist, einen Eigentümerwechsel einzuleiten. Ein neuer Eigentümer kann weiter investieren, um die richtige Richtung einzuschlagen. Ich weiß nicht, wann Compass die Entscheidung getroffen hat, aber das Interesse an Rodenstock war groß. Ich bin sehr froh darüber, dass letztendlich Apax den Zuschlag bekommen hat. Ich kenne sie. Sie sind dafür bekannt, dass sie in Wachstum und Innovation investieren. Ich denke, dass wir auf diese Weise Mehrwehrt für die Augenoptiker schaffen und das Unternehmen ausbauen können.

Woher kennen Sie Apax? Haben Sie in der Vergangenheit schon mal für den Investor gearbeitet?

Ich war meine ganze Karriere lang in der medizintechnischen Life-Science-Branche tätig und deshalb kenne ich Apax. Ich habe sie bei verschiedenen Meetings kennengelernt. Ich kenne die Leute, die jetzt eng mit Rodenstock zusammenarbeiten werden. Sie teilen die Philosophie von Innovation und Qualität und das ist auch die DNA von Rodenstock. Aber ich habe nicht als CEO in einem Unternehmen gearbeitet, das ihnen gehört.

Welche Auswirkungen hatte die Corona-Krise bisher auf Ihr Unternehmen?

Die Corona-Krise hat Rodenstock genauso getroffen wie alle anderen auch. Aber wir sind wieder schnell zurückgekommen und in der zweiten Jahreshälfte 2020 so stark gewachsen wie seit Jahren nicht mehr. Dem Unternehmen geht es im Moment trotz des aktuellen Lockdowns sehr gut. Ich denke, dass die Verbraucher den Themen Gesundheit, Sicherheit und Wohlbefinden heute mehr Aufmerksamkeit schenken.

Hat es im Vorfeld des Apax-Deals Unsicherheit im Unternehmen gegeben und bietet der Deal mehr Sicherheit für Rodenstock?

Wir haben 2020 erfolgreich abgeschlossen. Das Team hat gezeigt, was wir schaffen können und wir sind weiter gewachsen. Natürlich gibt es bei einem Eigentümerwechsel immer Unsicherheiten. Was wird passieren? Aber es ging alles sehr schnell und wir kommen aus einer sehr starken Position. Ich habe immer gesagt, wenn wir stärker werden, dann wird der Eigentümer uns mehr Aufmerksamkeit schenken. Ein Eigentümer wie Apax wird in das Unternehmen und das Wachstum investieren sowie unsere Strategie fortsetzen, die wir vorgegeben haben. Ich denke, dass dies eine sehr gute Nachricht für die meisten unserer Mitarbeiter ist.

In den letzten Jahren gab es mehrere Wechsel im Management. Sind weitere Veränderungen geplant?

Wir haben in den letzten Jahren ein starkes, erfahrenes Management-Team aufgebaut, das weiß, wie man in der Medizintechnikbranche vorgeht. Viele haben auch Erfahrungen in der augenoptischen Industrie. Das ist das Team, in das Apax nun investiert. Dieses Team soll auch in Zukunft das Wachstum vorantreiben.

Waren Sie in den Verkaufsprozess involviert?

Wenn solch ein Verkaufsprozess startet, spricht der neue Eigentümer über die kommende Managementausrichtung. Ich war Teil des Dialogs und habe ihn unterstützt.  

Das Gespräch führten David Friederichs und Daniela Zumpf