Biofinity toric multifocal mit hoher Spontanverträglichkeit
Ohne Gleitsichtbrille auch jenseits der 45 Jahre Nachrichten auf dem Smartphone lesen, das ist durchaus möglich; zum Beispiel mit einer multifokalen oder einer multifokal-torischen Kontaktlinse.
Werbemotiv zur Linse "Biofinity toric multifocal" von CooperVision. Die Monatslinse besteht aus einem modernen Silikonhydrogel.
Weiche torische Linsen anzupassen, ist heute kein Hexenwerk mehr. Allerdings wird der Bedarf auf Verbraucherseite mit den bisher vorhandenen Produkten offenbar nicht gedeckt. Denn weltweit werden Contact Lens Spectrum zufolge weniger als 30 Prozent aller Weichlinsenkunden mit torischen Linsen versorgt. [1] Da gleichzeitig aber rund 50 Prozent aller Fehlsichtigen eine astigmatische Korrektur für ihre weiche Linse benötigen und mehr als die Hälfte der Augenoptik-Kunden älter als 45 Jahre sind, schlummert hier großes Potenzial für den Anpasser und ebenso für die Industrie. [2] Die neue Kontaktlinse von CooperVision „Biofinity toric multifocal“ (BFTM) zumindest ist seit einem guten halben Jahr auf dem Markt und wird von vielen Kunden bei Augenoptik Leonhard in Schwäbisch Gmünd sehr gut angenommen.
Hoher Lieferbereich erleichtert Anpassung
Die Simultanlinse besteht aus einem modernen Silikonhydrogel, das bekannt ist für seine positiven Trageeigenschaften wie die Sauerstoffdurchlässigkeit und gute Benetzung. Die beim Comfilcon A (Biofinity) angewandte Aquaform- Technologie ermöglicht bei dem SiHy-Material eine konstant gute Benetzung, ohne dass eine zusätzliche Oberflächenbehandlung erfolgen oder nachbenetzt werden muss. In der Matrix aus langen Silikonketten bilden sich Wasserbrücken im Material, welche die Wassermoleküle in der Kontaktlinse anziehen und speichern.
Des Weiteren liegt die Linse in einem sehr hohen Lieferbereich vor und ist leicht und effektiv anzupassen. Begünstigt wird dies unter anderem durch die vorgegebenen Parameter der Basiskurve und des Durchmessers, die zwar die individuelle Konfiguration der Linse einschränken, gleichzeitig aber die Anpassung vereinfachen. Infolge deckt die BFTM, analog zur individuellen Kontaktlinse, einen breiten Parameterbereich ab. „Ist das gut oder schlecht“, fragt man sich als Anpasser. „Beides“, lautet die Antwort nach einer Anpasserfahrung von mehr als sechs Monaten. Multifokale Kontaktlinsen sind auch für erfahrene Anpasser noch immer ein Mysterium: warum funktionieren die Hightech-Linsen in einigen Fällen sehr gut und in anderen weniger gut? Den Erfahrungen von Leonhard zufolge entscheidet hier über Wohl und Wehe, ob die visuelle Trennung im visuellen Kortex des Kunden vollzogen werden kann. Dafür benötigt der Experte individuell anpassbare Kontaktlinsenwerte und ein Schema, das die komplexen Auswahlvorgänge handhabbar macht.
Hohe Zufriedenheit bei Trägern
In der bereits bekannten Biofinity Multifocal kommt die Balanced-Progressiv-Technologie zum Einsatz und ermöglicht durch acht Variationsmöglichkeiten (4 Additionen in 2 verschiedenen Designs) eine optimale Korrektionsmöglichkeit für verschiedene Fehlsichtigkeiten. Ein zentrales Problem bei der Anpassung weicher multifokaler Simultanlinsen ist die Verschlechterung des subjektiven Sehens in der Ferne, besonders bei fortgeschrittener Presbyopie. Dies führt bei Kunden häufig zur Ablehnung der Versorgung. Durch die Verteilung in eine N- und D-Linse kann das allerdings in den meisten Fällen verhindert werden. Bei beginnender bis mittlerer Presbyopie (Add bis 1,5) bewirkt eine D-Linse rechts und links eine nur geringe Veränderung des subjektiven Sehens in der Ferne und erreicht damit eine hohe Akzeptanz bei ausreichend gutem Nahsehen.
Mithilfe des von Leonhard selbst entwickelten subjektiven Bewertungstools (www.iscale-vision.de) zeigt das Design der Biofinity Multifocal sehr hohe subjektive Zufriedenheitswerte bei Kunden und insgesamt eine sehr hohe Erfolgsquote – auch gegenüber Einstärken-Versorgungen. So geben Träger der Biofinity Multifocal (mehr als 50 Befragungen) die Zufriedenheit insgesamt mit durchschnittlich acht auf der Zehnerskala an, im Vergleich zur Gesamtzufriedenheit bei Einstärkenlinsen von durchschnittlich neun.
Packshot der Montaslinse "Biofinity toric multifocal" von CooperVision.
Kontraproduktiv auswirken könne sich, so Markus Leonhard, jedem Kunden eine Probelinse mitzugeben, um sie zuhause auszuprobieren. „Das verschlechtert das Image der Linse und des Geschäfts erheblich.“ Werden Kontaktlinsen ohne ausführliche Beratung, Untersuchung, Handhabungstraining, Nachkontrollen und Gebühr angeboten, so begibt sich der Fachmann auf das Niveau eines Drogeriemarktes oder Versandhändlers.
Erfolgreich mit Linsen-Abos
Dass Augenoptiker mit Kontaktlinsen Geld verdienen können, belegen die Bilanzen des Fachgeschäfts: Danach erwirtschaftet der Betrieb 30 Prozent seines gesamten Umsatzes in der Augenoptik mit Kontaktlinsen. Zentraler Bestandteil des Erfolgs ist das Linsen-Abo, das dem Geschäft laut Leonhard „in der schlimmsten Zeit des Lockdowns 2020 die einzigen sicheren Einnahmen gebracht“ hat. Kontaktlinsen werden generell nur im Abo angeboten. Durch zusätzliche Leistungen wie Vollkaskoschutz und Rundumservice erhalten Kunden genug Anreize für die monatliche Bezahlweise, die jederzeit kündbar ist. Der Chef der GmbH betont: „Der Linsenumsatz hat kein bisschen gelitten – anders als der Brillen- und der Hörgeräteumsatz. Auch das zeigt das Corona-Jahr: Linsen anpassen ohne Abo ist vermutlich die weniger gute Idee. Linsen anpassen mit Linsen-Abo hingegen ist richtig viel Wert, besonders dann, wenn die anderen Bereiche gerade etwas weniger gut laufen.“
Das Kontaktlinsen-Abo der BFTM kostet bei Augenoptik Leonhard 56 Euro im Monat inklusive aller Dienstleistungen und Produkte. Bei der Erstanpassung dieser Linse wird eine Gebühr von 100 Euro für den ersten Monat erhoben. Zum Vergleich: das Abo bei der Biofinity multifocal kostet 39,- Euro und das der Biofinity toric liegt bei 33,- Euro monatlich – jeweils alles inklusive. Die wichtige Erkenntnis: die Kunden waren in allen Fällen bereit, den monatlichen Preis für das Abo der BFTM zu bezahlen.
Um die Linse richtig anzubieten und den Kunden dauerhaft zu halten, braucht der Kontaktlinsenspezialist viel mehr als Erfahrung mit der Spaltlampe. Dazu gehört die permanente Ansprache des Kunden durch den Augenoptiker. Letzterer wiederum sollte die Begeisterung für die Linse leben und diese so an den Verbraucher weitergeben. Auch ein gutes Nachsorgesystem ist mit Blick auf die Kundenbindung essentiell.
Konkreter Fall
L.P., 51 Jahre, weiblich
Brillenrefraktion:
R -2,50 -1,00 A 7° Add 1,50 V 1,25 (ferndominantes Auge)
L -3,25 -1,25 A 178° Add 1,50 V 1,25
HH-Radien: 7,80/6° und 7,58/96° 7,66/178° und 7,45/88°
Motivation der Kundin
Die Kundin hatte bis vor vier Jahren weiche torische Linsen getragen und aufgrund schlechten Sehens in der Nähe zunehmend zur Brille gewechselt. Sie wurde bei Augenoptik Leonhard mit einer Gleitsichtbrille versorgt und kam gut zurecht. Ebenso wurde ihr zusätzlich zur neuen Gleitsichtbrille auch die BFTM als Alltagslinse sowie für den Sport und fürs Wochenende empfohlen. Die Kundin sieht sich selbst immer eher als Linsenträgerin und ließ sich auf das Probetragen ein.
D-Linse mit Ferne und N-Linse mit Nähe im Zentrum
Der Anpassleitfaden zur BFTM sieht vor, bei Additionen ab 2,0 dpt auf dem sensorisch dominanten Auge die D-Linse (Ferne im Zentrum) und auf dem Gegenauge die N-Linse (Nähe im Zentrum) zu verwenden. Das ist eine Besonderheit der BFTM, die man bereits von der rotationssymmetrischen Variante Biofinity multifocal und Proclear multifocal kennt.
Die Ermittlung des sensorisch dominanten Auges wird auch Swinging-Plus-Test genannt und allgemein mit einem Nebelglas +1,50 dpt durchgeführt. Dabei wird dieses Nebelglas unter binokularen Bedingungen abwechselnd monokular über die neue Refraktion gehalten, um zu sehen, wo es mehr oder weniger stört. Das Auge, vor dem das Nebelglas mehr stört, ist das sensorisch dominante Auge und wird mit der D-Linse versorgt, das Gegenauge mit der N-Linse. Für diesen Anpassfall (Add 1,50 dpt) empfiehlt der Anpass-Leitfaden beidseits die D-Linse anzupassen. Erst ab einer Addition von 2,00 wird auf dem sensorisch nicht dominanten Auge eine N-Linse angepasst. Der Vorteil einer D/D-Versorgung: Die Ferne bleibt ähnlich gut wie bei Einstärken-Linsen. Des Weiteren empfiehlt der Hersteller für die Anpassung der BFTM, eine neue, bedarfsgerechte Refraktion als Grundlage zu verwenden, unabhängig davon, welche Kontaktlinsen der Kunde bisher getragen hat.
Nachbetreuung
Der Visus wurde bei der Abgabe der Kontaktlinsen nicht geprüft. Es fand auch keine Überrefraktion statt. Die subjektive Zufriedenheit des Kunden steht bei allen Linsen und besonders bei der Kombination aus torisch multifokalen Linsen im Vordergrund. Auch bei der Nachkontrolle nach einer Woche war die Begeisterung der Kundin ungebrochen. Ihr gefällt die Möglichkeit, zwischen ihrer Gleitsichtbrille und den Gleitsichtkontaktlinsen wählen zu können. Das Sehen ist in allen Bereichen sehr gut, lediglich die Augenrötung liegt im gelben Bereich des erwähnten Tools iScale, die im Laufe des weiteren Probetragens nachließ. Hier halfen Nachbenetzungstropfen und Lidschlagübungen für die Tätigkeit am Bildschirm.
Ebenso bestätigte der Blick durch die Spaltlampe die sehr gute Bewegung, Zentrierung, Benetzung und Stabilisation der Kontaktlinse. Die Inspektion des vorderen Augenabschnittes nach dem Absetzen der Kontaktlinsen war ebenfalls tadellos. Daraufhin wurde mit der Kundin ein BFTM-Abo abgeschlossen. Auch zahlt die Kundin ihre Gleitsichtbrille in monatlichen Raten à 46,20 Euro auf zwei Jahre gerechnet ab. Insgesamt kommen bei ihr monatlich 100,70 Euro für die Sehversorgung zusammen, was die Kundin laut Leonhard „als angemessen empfindet, da ihr gutes Sehen sehr wichtig ist“.
"Meilenstein in der Versorgung"
Nicht jede gefeierte Neuerung bereichert den Markt: Die BFTM ist jedoch eine Linse, die der Markt gebraucht hat. Auch wenn die besprochene Innovation lediglich darin besteht, vorhandene Designs und Materialien zu verbinden, ist damit ein Meilenstein in der Versorgung zahlreicher Fehlsichtiger in einem zunehmend wichtiger werdenden Markt gesetzt. Wieder einmal hat ein Hersteller bewiesen, was technisch möglich ist: Jetzt liegt es an den Kontaktlinsen-Anpassern das Produkt an den Kunden zu bringen. Der Bedarf ist da.
Autor
Markus Leonhard hat nach der Lehre ein Studium der Augenoptik mit Abschluss Dipl.Ing.(FH) in Aalen absolviert, dann 8 Jahre bei einem großen Filialunternehmen in Hessen Erfahrung als Kontaktlinsenanpasser und Geschäftsfeldleiter gesammelt, um dann im eigenen Geschäft Optometrie auf hohem Niveau anzubieten. Neue Motivation und die Überzeugung, den besten Beruf der Welt ausüben zu können, brachte auch das spätere Masterstudium (Vision Science and Business/ Optometry in Aalen). Als Autor, Referent und Dozent (ifb Karlsruhe) ist Leonhard vielbeschäftigt und auch mal froh, Linsen als Mahlzeit mit Spätzle und Saitenwürstel genießen zu können, das Leibgericht der Wahlheimat im Schwabenländle.