Fielmann, Apollo, Mister Spex & Co.: Sat.1 testet Optikerketten
Der Privatsender Sat.1 hat die sechs umsatzstärksten Brillenanbieter einem „Optiker-Check“ unterzogen. Dafür testeten Brillenträgerinnen die Filialen von Fielmann, Pro Optik, Apollo, Eyes and more, Mister Spex und Brillen.de. Der öffentlich bestellte und vereidigte Augenoptik-Gutachter Wolfgang Hirt bewertete und kommentierte die Ergebnisse. Thematisiert wurden das Geschäftskonzept, die Ladeneinrichtung, Preise, Brillen- und Glasmarken, Stilberatung und Kundenservice sowie der fachliche Service wie die Anamnese, Refraktion und Zentrierung. Das 100-minütige Video finden Sie in der Sat.1-Mediathek.
Wir haben die Ergebnisse des Beitrags für Sie zum Nachlesen zusammengefasst. Am Ende dieses Artikels finden Sie zudem das kritische Fazit der DOZ-Redaktion.
Der Sehtest
Für einen Sehtest bei den sechs Filialisten wählte man die 45-jährige Svenja Bubolz aus. Als technische Zeichnerin sitzt sie täglich lange am PC und hat den Eindruck, dass ihre Augen schlechter geworden seien. Sie besitzt bereits eine Lesebrille und der letzte Sehtest liegt rund 1,5 Jahre zurück. Die folgende Galerie zeigt die Ergebnisse der einzelnen Sehtests:
- Apollo: Bei Apollo wurde zunächst eine objektive Refraktion durchgeführt, nach einer Anamnese, die in diesem Fall wohl exemplarisch für alle anderen Filialisten aufgezeigt wurde, dann die subjektive Refraktion.
- Eyes and more: Bei Eyes and more verzichtete der Augenoptikermeister auf die objektive Refraktion. Begründung. „Wir orientieren uns immer an den Werten der vorhandenen Brille.“ In einem kurzen Einspieler erklärte Alper Ayvazlar, Senior Retail Manager bei Eyes and more: „Bei uns ist der Sehtest so einfach wie möglich aufgebaut. […] Diesen führen wir mit geschultem Fachpersonal durch, sowohl mit Augenoptikern als auch mit Augenoptikermeistern.“ Ein Punkt, der sofort den für die Reportage hinzugezogenen Augenoptikermeister und Augenoptik-Sachverständigen Wolfgang Hirt aus Köln auf den Plan ruft – mit einem deutlichen Verweis darauf, dass die Refraktion der Meisterpflicht unterliegt. Bei Svenja wird außerdem, im Gegensatz zu allen anderen Refraktionsergebnissen, keine Hornhautverkrümmung auf dem linken Auge festgestellt.
- Brillen.de: Bei Brillen.de kommt die sogenannte Remote-Refraktion (siehe auch DOZ 01|22) zum Einsatz. „Gehst Du jetzt?“, fragt sie den anwesenden Augenoptikermeister, der nach dem Einstellen der Refraktionseinheit, den Raum verlässt. Für Svenja irritierend. „Es war seltsam, nur die Stimme aus dem Off zu hören. Es war ok, aber trotzdem ungewohnt“, lautet ihr Fazit.
- Fielmann und Pro Optik: Nur kurz abgehandelt werden die Refraktionen bei Fielmann und Pro Optik, zumal sich die Ergebnisse mit denen der anderen gleichen.
Angebote und Preisvergleich
Wenig aufschlussreich für den Zuschauer war der Vergleich der Angebote bei den jeweiligen Filialisten, auch wenn Hirt gleich zu Beginn für einen Schmunzler sorgt: „Ich habe in meinen 22 Jahren als vereidigter Sachverständiger noch nie Schnäppchen gefunden, was wirklich eines war.“ Von Gleitsichtwochen (Apollo) über Zweitbrillen-Rabatt (Pro Optik) und Brillendeals (Brillen.de) bis hin zur 3 für 2 Aktionen (Eyes and more; Hirt: „Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass Sie mit den ersten drei, nicht schon die vierte Fassung mitbezahlt haben, oder?“) werden die wechselnden Aktionen vorgestellt. Aus der Reihe fällt hier nur Fielmann, wo man auf Sonderangebote verzichtet und durch den ständigen Vergleich der Preise mit denen der Konkurrenz die eigene Preisgestaltung anpasst.
Beim Preisvergleich schickt das Sat.1-Team eine weitere Testkundin mit einer Fremdfassung in die Filialen, um sich diese verglasen zu lassen. Die Anforderungen der 21-Jährigen an die Gläser: Sie sollen leicht und dünn sein, härtebeschichtet, superentspiegelt und über den Lotuseffekt verfügen. Bei Apollo werden die verschiedenen Möglichkeiten am Glasposter aufgezeigt. Letztlich kommen so 180 Euro für die Gläser zusammen, inklusive 30 Euro Einarbeitungsgebühr aufgrund der Fremdfassung. Bei brillen.de sind es 89 Euro, Mister Spex kommt aufgrund eines aktuellen Angebots und 40 Prozent Preisnachlass für Gläser und Beschichtungen auf 97,89 Euro (inklusive 49,95 Euro Einarbeitungsgebühr), bei Pro Optik werden 110 Euro aufgerufen und bei Fielmann 97 Euro. Einzig bei Eyes and more wird eine Fremdverglasung nicht angeboten, dafür aber das Angebot von 119 Euro für eine neue Fassung inklusive der gewünschten Gläser gemacht.
Die Glasempfehlung
Wer empfiehlt welches Glas? Bei dieser Frage gab es bei den Filialisten zum Teil starke Abweichungen. Insgesamt sind es fünf verschiedene Empfehlungen. Fielmann bietet eine reine Lesebrille an, da für die Ferne noch kein Korrekturbedarf bestünde. Pro Optik hingegen empfiehlt eine Gleitsichtbrille in Kombination mit einer Nahkomfortbrille, da Svenja viel am Computer arbeitet. Apollo und Brillen.de hingegen raten zu einer Gleitsichtbrille, Mister Spex zu einer reinen Fernbrille. Bei Eyes and more bekommt die Kundin eine Gleitsicht-, eine Fern- und eine Sonnenbrille, wobei die Sonnenbrille ausschließlich Fernstärken hat.
Fazit des Gutachters
Um eine Bewertung der insgesamt neun ausgegebenen Brillen zu bekommen, ließ der Sat.1 Optiker-Check alle Brillen von zwei Gutachtern unabhängig prüfen. Neben Wolfgang Hirt agierte Torsten Dautzenberg aus Herzogenrath als zweiter Gutachter. Am Ende fielen insgesamt sechs der neun Brillen bei den Gutachtern durch.
- Apollo: Bei der verkauften Gleitsichtbrille wurden die Zentrierdaten falsch ausgemessen. Der Mitarbeiter in der Filiale prüfte die Zentrierdaten und im Anschluss wurden der Kundin neue Gläser bestellt und eingesetzt.
- Eyes and more: Die Zentrierdaten waren auch bei diesen drei Brillen falsch, bei der Sonnenbrille sogar so weit, dass diese Brille laut Gutachter schon "gefährlich“ sei. Die Zentrierdaten lagen horizontal13,5 mm und vertikal 10,0 mm neben der Pupillenmitte. Zusätzlich wurde die Refraktion beanstandet, da der Astigmatismus am linken Auge nicht gefunden wurde (siehe Abschnitt Sehtest).
- Brillen.de: Bei der Gleitsichtbrille von Brillen.de wurden Kratzer auf den Gläsern festgestellt, auch die Zentrierdaten passten nicht. Im Geschäft wurde im Anschluss über die Nasenpads der Sitz der Brillen in der Höhe angepasst. Bei der bemängelt falschen Pupillendistanz (PD) widersprach der Brillen.de-Mitarbeiter gar dem Gutachter, auch wenn er die PD etwas korrigierte. Auch hier bestellte der Mitarbeiter der Kundin neue Gläser.
- Fielmann und Pro Optik: Die Brillen bei Fielmann (Lesebrille) und Pro Optik (Gleitsicht- und Bildschirmarbeitsplatzbrille) waren alle abgabefähig und ohne Beanstandung durch die Gutachter.
- Mister Spex: Bei Mister Spex wurde die verkaufte Fernbrille reklamiert. Die Zentrierdaten wurden überprüft und angepasst und neue Gläser für die Kundin bestellt.
Alle Filialisten nahmen die Brillen ohne Probleme zur Reklamation entgegen. Bei einer zweiten Prüfung hielten zumindest acht der neun Brillen den geschulten Augen der Gutachter stand. Eine Brille wurde auch im zweiten Anlauf bemängelt, ob es sich dabei aber um den gleichen Fehler wie beim ersten Mal handelte (und von wem die Brille stammte) wurde indes nicht deutlich.
Das Fazit der DOZ-Redaktion
Der Sat.1 Optiker-Check ließ am Ende doch einige Fragen offen. Auch wenn die Refraktionsergebnisse sich ähnelten, wäre am Ende eine Refraktion des Gutachters wünschenswert gewesen, ebenso eine Einschätzung, welche der insgesamt fünf verschiedenen Empfehlungen aus seiner Sicht die sinnvollste gewesen wäre. So blieb der Zuschauer am Ende hier etwas ratlos zurück, weil auch eine genaue Bedarfsanalyse nicht im vollen Umfang wiedergegeben wurde. Die Zahl von insgesamt sechs fehlerhaft ausgegebenen Brillen wirft zudem kein gutes Licht auf einen Teil der Filialisten. Lediglich bei Fielmann und Pro Optik wurden die Brillen (im ersten Versuch) korrekt an die Kundin ausgegeben. Und das, obwohl es sich hier um offensichtliche Testkäufe handelte, die von einer Kamera begleitet wurden. Die anschließende Bearbeitung der Reklamationen spiegelt zwar den kulanten Umgang mit diesen wider, welchen Einfluss aber auch an dieser Stelle die Kamera und der Verweis auf einen Brillen-Check durch einen Gutachter hatte, kann nicht abschließend geklärt werden. Der Verbraucher jedenfalls kann im Normalfall nicht auf einen Gutachter zurückgreifen, sondern muss darauf vertrauen können, dass die Brillen, gerade bei grundlegenden Aspekten wie den Zentrierdaten, richtig gefertigt werden.
Auch der Tenor in zahlreichen augenoptischen Facebook-Gruppen ist eindeutig. Viele befürchten nach diesem Beitrag, dass Augenoptikerinnen und Augenoptiker über einen Kamm geschoren werden und sich dadurch die Meinung einstellt, viele würden schlechte Arbeit leisten. Dass dem nicht so ist, das beweist das Gros Tag für Tag, denn Kompetenz und Können sind zwei Attribute, für die die Augenoptik steht und auf die die Kundschaft vertrauen können muss.
Umfrageergebnisse der Optikerkunden
Für die Dokumentation wurde im August 2022 zudem eine repräsentative Online-Befragung unter 1.000 deutschsprachigen Personen zwischen 16-75 Jahren in Auftrag gegeben, durchgeführt vom Marktforschungsinstitut Ipsos. Hier die Ergebnisse auf einen Blick:
- 77% der Optikerkunden kaufen ihre Brillen bei einer Kette
- 75% der Kunden fühlen sich in der Filiale sicherer als bei Online-Anbietern
- 79% bevorzugen eine helle, freundliche und moderne Filiale
- Für 56% ist eine große Auswahl an Fassungen und Gläsern besonders wichtig
- Für 38% sind renommierte Marken sehr wichtig
- 69% bevorzugen Eigenmarken (vgl. zu anderen Marken) aufgrund des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses
- Für 62% ist ein guter Sehtest besonders wichtig
- 69% trauen Online-Sehtests nicht
- Für 57% sind Rabatt- und Sonderaktionen sehr wichtig
- Für 71% ist das Preis-Leistungsverhältnisses besonders wichtig
- Für 36% ist gutes Aussehen mit Brille genauso wichtig wie gutes Sehen
- Für 53% ist ein persönliches Beratungsgespräch besonders wichtig
- 50% entscheiden sich immer für Markengläser
- Für 52% ist ein freundlicher und schneller Kundenservice im Reklamationsfall besonders wichtig